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Die Schülerinnen Johanna, Chiara, Noella, Kira, Henriette und Lilly (v.l.n.r.) haben die Initiative am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Babelsberg ins Leben gerufen. 

© Andreas Klaer

„Schule ohne Rassismus“ in Potsdam: Kein Platz für Ausgrenzung am Bertha-von-Suttner-Gymnasium

Das Bertha-von-Suttner- Gymnasium in Babelsberg ist Potsdams nächste „Schule ohne Rassismus“. In die Wege geleitet wurde das von den Schülern selbst.

Potsdam - Durch die Flure des Bertha-von-Suttner- Gymnasiums in Babelsberg dringt der Duft von Waffeln, überall ist lautes Stimmengewirr zu hören am Samstagvormittag. Im Spanischraum geht es an diesem „Tag der offenen Tür“ allerdings nicht um Sprachunterricht, sondern um das Thema Diskriminierung: Die beiden Schülerinnen Johanna und Lilly sitzen vor einer Pinnwand mit vielen bunten Notizzetteln. Darauf zu lesen sind die Antworten, die die beiden Schülerinnen bei einer Umfrage zur Diskriminierung im Sport von ihren Mitschülern bekommen haben, erklärt die 14-jährige Johanna. Das Ergebnis: Viele geben an, Diskriminierung schon einmal mitbekommen, in der Regel aber nicht selbst erfahren zu haben. Mehrere Schüler thematisieren das Geschlecht als relevant. Die Zettel haben die Schülerinnen so angebracht, dass sie die Buchstaben „SOR“ bilden – kurz für „Schule ohne Rassismus“. Denn die beiden jungen Frauen nehmen an einer Arbeitsgemeinschaft teil, die sich aktiv gegen Diskriminierung in- und außerhalb der Schule einsetzt.

Schüler bewerben sich um den Titel

Weil der Schule dieser Einsatz ein wichtiges Anliegen ist, wurde ihr am Samstag auch offiziell der Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ von der Regionalen Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Brandenburg verliehen. Neben Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) war auch Thoralf Höntze vom Babelsberger Fußballclub SVB 03 anwesend, der Verein unterstützt das Schulprojekt als Pate. „Die Projektinitiative geht immer zuerst von den Schülern aus, die sich dann im Namen ihrer Schule für den Titel bewerben“, betonte Birgit Schröder vom RAA.

Auf ihrem Weg von der Idee zur Umsetzung wurden die Schüler am Bertha-von-Suttner-Gymnasium dann vor allem von Schulsozialarbeiter Christian Raschke begleitet. Der 37-Jährige arbeitet seit anderthalb Jahren an der Schule, im Herbst 2017 fand sich unter seiner Koordination die Initiativgruppe zusammen. Mittlerweile ist aus der losen Gruppe eine Arbeitsgemeinschaft mit zehn festen Mitgliedern von der siebten bis zur zehnten Klasse geworden.

Eines der ersten Projekte der Gruppe war der Besuch der 

Schüler helfen Flüchtlingskindern bei Hausaufgaben

Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete auf dem Brauhausberg. Das Treffen mit den Kindern der Unterkunft lief so gut, dass die Schüler fortan immer wieder kamen, um den Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen oder mit ihnen zu spielen, wie sie berichten. Nach der Schließung der Unterkunft im vergangenen Jahr wurden die Treffen deshalb alle zwei Wochen in der Unterkunft am Konsumhof fortgeführt. Schülerin Johanna war von Anfang an dabei. „Im Dezember haben wir zum Beispiel Plätzchen gebacken und einen Weihnachtsbaum gebastelt“, erzählt sie.

Ihre Projekte besprechen die Schüler über eine Smartphone-Gruppe oder nach dem Unterricht und in den Pausen im Büro von Raschke. In dem großen, hellen Raum im Erdgeschoss der Schule können sich Schüler und Lehrer an den Sozialarbeiter wenden, vor der Tür hängt ein Schild mit Raschkes Sprechzeiten. Als Ansprechpartner sei er schnell und gut angenommen worden, berichtet er. Neben der Einzelfallarbeit, dem offenen Gesprächsangebot und der Projektarbeit wie im Fall von „Schule ohne Rassismus“ führt Raschke auch Aufklärungsarbeit zum Thema Suchtprävention in den Schulklassen durch. „Es macht total viel Spaß, die Schüler auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten und ihre Ideen zu koordinieren“, sagt er.

Jede staatliche Schule in Potsdam soll einen Sozialarbeiter bekommen

Nach einem Beschluss aus dem Jahr 2016 sollen alle staatlichen Schulen in Potsdam bis 2023 über Schulsozialarbeiterstellen verfügen – ein Gewinn für jede Schule, ist Astrid Thorak, Schulleiterin am Bertha-von-Suttner-Gymnasium, überzeugt: „Wenn Eltern hören, dass an unserer Schule ein Sozialarbeiter tätig ist, fragen sie mich oft, ob wir Probleme haben“, erzählt sie. Das liege daran, dass viele dabei gleich an Brennpunktarbeit denken würden. „Aber Schulsozialarbeit ist viel mehr als das, wie man an unserem Beispiel sehen kann“, sagt die Schulleiterin.

Dass das Suttner Gymnasium den Titel „Schule ohne das Rassismus“ erhalten wird, stand bereits im Sommer 2018 fest, am Samstag bekam die Schule nun offiziell die Urkunde und ein Schild. Im November konnten Johanna und die 13-jährige Lilly bereits für ihre Schule am Landestreffen der Courage-Schulen teilnehmen. Einen Tag lang konnten sich die Schüler dort austauschen und an Workshops teilnehmen. „Das war total interessant“, sagt Lilly. In Zukunft würde die AG gern auch Workshops zum Thema Rassismus an ihrer Schule organisieren. „Unsere Arbeit richtet sich aber gegen jede Diskriminierung von Minderheiten, zum Beispiel auch gegen Homophobie“, macht Johanna deutlich.

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Das Projekt: 

„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist ein Projekt des Aktion Courage e.V. Schulen können sich für den Titel bewerben, wenn mindestens siebzig Prozent ihrer Schüler und Mitarbeiter dafür unterschreiben, dass sie sich aktiv Diskriminierung entgegenstellen. Der verliehene Titel ist deshalb nicht als Preis, sondern als Selbstverpflichtung zu verstehen. Außerdem kooperiert jede Schule mit einem Paten in Form von öffentlichen Organisationen oder Persönlichkeiten, welche die Schule in ihrem Vorhaben unterstützen. Nach eigenen Angaben gehören mehr als 2900 Schulen in Deutschland der Initiative an, in Brandenburg sind es 82. Das Bertha-von-Suttner-Gymnasium ist den Angaben zufolge die achte Courage-Schule in der Landeshauptstadt: Mit dabei sind auch die Voltaire-Gesamtschule, die Waldorf-Schule, die Weidenhof-Grundschule, die Steuben-Gesamtschule, das Leibniz-Gymnasium, die Katholische Marienschule und die Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule. Auch das Oberstufenzentrum II strebt die Auszeichnung an.

Clara Zink

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