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Blick nach vorn. Sophie Frohnauer (15) macht sich viele Gedanken über die Zukunft der Welt. Ihr Roman spielt im Jahr 2031 – eine Dystopie mit Hoffnungsschimmer.

© Andreas Klaer

Schülerin aus Potsdam schreibt Romane: Happy End auf Gras

Die Potsdamer Schülerin Sophie Frohnauer schreibt Romane. Ihr erster wird jetzt auf veganem Papier veröffentlicht.

Potsdam - Diese Witze kennt sie schon. Zum Beispiel: Kann man das Buch auch essen? Gibt’s dazu Salatsoße? Sophie Frohnauer kann darüber lachen. Selbst ihre Eltern fanden die Idee, ein veganes Buch zu produzieren, anfangs komisch. Aber jetzt finden sie es gut. Sophie, 15 Jahre alt und Schülerin der 10. Klasse an der Potsdamer Voltaire-Gesamtschule, erklärt: Vegane Bücher bestehen aus Papier, für das keine Bäume gefällt, sondern die aus Gras hergestellt werden. Sie kommen ohne Knochenleim aus. Und für die Druckfarbe werden keinerlei tierische Pigmente, zum Beispiel aus Extrakten von Läusen, verwendet. Das Buch wird auch keinen Ledereinband bekommen. „Ein Buch, das Tiere schützt und die Umwelt – das finde ich gut“, sagt Sophie. Vegetarierin ist sie aber nicht, sie achtet allerdings darauf, was sie isst. „Lieber weniger Fleisch essen, das aber bewusst einkaufen.“

Die Schülerin macht sich viele Gedanken über ihre Umwelt und die große Welt als Ganzes, über die Menschheit und wie es mit ihr weitergeht. „Ich bin eine Grüblerin“, sagt sie. Seit einigen Jahren schreibt sie auch darüber, erst Geschichten, dann Romane. Drei neue hat sie schon fertig, erzählt sie. Sie liegen in der Schublade. Jetzt freut sie sich auf die erste echte Publikation. „Das Flüstern der Rebellion“, eine Dystopie mit zartem Happy End, wird demnächst als Crowdfunding-Projekt bei Matabooks in Dresden verlegt. Inhaber und Gründer Kay Hedrich ist entfernt mit Sophie Frohnauer verwandt und weiß von ihrer Schreiblust. Jetzt soll der Roman aus Potsdam sein erstes komplett auf veganem Papier gedrucktes Buch werden.

Ein Buch auf veganem Papier

Mit alternativen, umweltverträglichen Methoden zur Herstellung von Büchern befasst sich Hedrich schon länger. Der 34-Jährige studierte Buch- und Medienproduktion sowie Management. Dass Deutschland den vierthöchsten Pro-Kopf-Papierverbrauch weltweit hat, findet er bedenklich. 245 Kilogramm Papier sind das im Jahr, und das meiste davon werde auch in Deutschland hergestellt. Die Menge an Holz, die dafür gebraucht wird, könne Deutschland allerdings nicht bereitstellen. Nur 17 Prozent komme von hier, der Rest werde aus Europa oder Südamerika importiert. Eine Ressourcenverschwendung und eine schlechte CO2-Bilanz, findet Hedrich.

Ganz ohne Holz lässt sich leider kein Papier herstellen, aber einen großen Teil kann man durch schnell nachwachsende Grasfasern ersetzen. Es gebe schon drei oder vier Fabriken, die das Verfahren anwenden. Das Gras wächst dort auf den Feldern in der Umgebung und wird sonnengetrocknet, anschließend mit Kunststoffleim oder pflanzlichem Kleber auf Wasserbasis verbunden. Für Sophies Buch soll ein sogenannter Dispersionsklebstoff genommen werden, sagt Hedrich. Das Buch sei anschließend genauso haltbar wie ein herkömmliches Produkt. Man müsse keine Angst haben, dass es sich im feuchten Klima auflöst.

Den Begriff „veganes Buch“ hält Hedrich nicht für ganz treffend, wenn es um seine Idee geht. Ihm geht es grundsätzlich darum, die Papierproduktion unter ganzheitlichen Umweltaspekten neu zu durchdenken. Auch wenn man weiterhin auf herkömmlichem Papier druckt, könne man allein durch den Verzicht auf Veredlungsverfahren wie Kaschierungen und Beschichtungen verzichten: „Veredeltes Papier, bei dem man erst mühevoll Kunststoff vom Zellstoff trennen muss, ist unheimlich schwer zu recyceln.“

„Die Menschen mögen ein schönes Ende“

Auch das Buch von Sophie, das im März auf der Buchmesse in Leipzig vorgestellt werden soll, wird ohne Chemie auskommen. Der Prototyp ist ein stabiles Taschenbuch, das schwer in der Hand liegt. Der Buchdeckel ist in samtigen Beige gehalten, das Cover hat eine junge Künstlerin gestaltet. Sophie ist zufrieden.

Sie findet es gut, dass ausgerechnet ihre Geschichte für das neue Projekt ausgewählt wurde. Inhaltlich passt es gut, den Sophie beschäftigt sich in dem Buch mit der Zukunft der Erde. „Das Flüstern der Rebellion“ spielt im Jahr 2031, eine unbekannte Krankheit bricht in Afrika, Asien und Australien aus und töten dort alle befallenen Menschen. Die Kontinente werden unbewohnbar, Überlebende fliehen nach Europa. Hier wird es eng, Fortpflanzung wird verboten, man lebt in öden Hochhäusern, Nahrung wird rationiert. Autos gibt es keine, man muss ja nirgendwo mehr hin, weil es überall gleich aussieht. Nur die Regierung lebt abgeschottet in luxuriösen Verhältnissen. Und darf Kinder zeugen für die Nachfolge. Dieses düstere Szenario fiel der Schülerin bei einem Schul-Schreibprojekt ein, schließlich wurde ein Buch draus. Sie hat für den Roman manches verändert, damit es schlüssig wird und ein zaghaft optimistisches Ende drangestrickt. „Die Menschen mögen ein schönes Ende“, so ist ihre Erfahrung.

Sorge ist nicht, wie die Welt in der Zukunft aussieht - sondern wohin die Stimmungsmache der Rechten führt

Also formiert sich in der Bevölkerung eine Gruppe junger Rebellen, die sich in einem großen Wald an der Grenze verschanzen. Sie wollen alles anders machen. 30 Jahre nach der Katastrophe sind auch Australien, Asien und Afrika wieder bewohnbar. Die Rebellen im Wald breiten sich aus, manche ziehen in die Stadt. Man darf sogar wieder heiraten und Kinder bekommen.

Sie habe keine Angst vor der Zukunft, sagt Sophie, auch wenn man die großen Probleme der Welt nicht einfach so auflösen kann. Sorgen macht ihr aber nicht, wie die Welt in ferner Zukunft aussehen könnte, sondern was gerade hier in Deutschland passiert. Die Stimmungsmache der Rechten. „Wenn die Flüchtlingsheime anzünden, das finde ich schlimm.“ Nachrichten liest sie im Internet, Zeitung nur manchmal. Als der Bundestag gewählt wurde, hat sie an der Juniorwahl teilgenommen. Potsdams neuen Oberbürgermeister wird sie im September schon aktiv wählen können.

Vor allem aber wird die junge Autorin weiter schreiben. Zwei neue Bücher sind bereits fertig, sagt sie. Thematisch bewegt sie sich weg von den Dystopien, hin in eine phantastische Welt, „Urban Phantasie“, nennt sie das Genre. Das neue Buch aus Graspapier aber, das soll jetzt bereits Wirklichkeit werden.

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