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In Nauen hat die Arbeit am "Schulhausroman" mit der Potsdamer Schriftstellerin Paula von Fürstenberg (M.) im März begonnen. Jetzt folgt auch die Potsdamer Fontane-Oberschule.

© Riebe/OS Nauen

Schreibprojekt für Jugendliche: Start für Potsdams ersten "Schulhausroman"

Am heutigen Dienstag beginnt an der Fontane-Oberschule die Arbeit an Potsdams erstem „Schulhausroman“. Für das Projekt nach Schweizer Vorbild werden noch Spender gesucht.

Potsdam - Gemeinsam in der Klasse unter Anleitung eines Literaturprofis eine Geschichte entwickeln, ein Buch schreiben und das Ergebnis dann vor Publikum vorstellen – das ist das Ziel des Projekts „Schulhausroman“. Sabine Meier Zur und Grit Weirauch haben die ursprünglich in der Schweiz entstandene Idee jetzt nach Brandenburg gebracht. Anfang März startete der erste „Schulhausroman“ an der Graf von Arco Oberschule in Nauen, am heutigen Dienstag geht es in einer achten Klasse an der Theodor-Fontane-Oberschule in Potsdam-Waldstadt los.

Grit Weirauch, Organisatorin des Projekts Schulhausroman in Brandenburg.
Grit Weirauch, Organisatorin des Projekts Schulhausroman in Brandenburg.

© Jana Haase

Durch die Arbeit an dem Buch sollen die Schüler Selbstvertrauen entwickeln

Erreicht werden sollen mit dem Projekt speziell Schüler aus bildungsferneren Schichten, erklärt Grit Weirauch – wie ihre Mitstreiterin ist sie freie Autorin und Übersetzerin, beide sind 45 Jahre alt und wohnen in Caputh und Potsdam. Die Schüler sollen beim gemeinsamen Arbeiten an einem Text Selbstvertrauen und Handlungsfähigkeit gewinnen – zum Beispiel, indem sie aus ihrem eigenen Leben erzählen, erklärt Sabine Meier Zur die Idee hinter der Initiative: „Sie sollen merken: Wir haben auch Kompetenzen.“ Als Paten konnte die in Potsdam aufgewachsene Schriftstellerin Paula Fürstenberg für Nauen gewonnen werden. In Potsdam wird der in der Schweiz geborene und in Berlin lebende Autor Andreas Sauter den Schülern zur Seite stehen.

Sabina Meier Zur, Organisatorin des Projekts Schulhausroman in Brandenburg.
Sabina Meier Zur, Organisatorin des Projekts Schulhausroman in Brandenburg.

© Jana Haase

Die Aufgabe der Literaturprofis ist dabei anspruchsvoll, erklärt Grit Weirauch: Sie sollen in mindestens acht Doppelstunden Ideen der Schüler aufgreifen und zum Beispiel mit Fragen gemeinsam weiterentwickeln – „aber ohne zu stark einzugreifen“. Aus den handschriftlich verfassten Texten der Schüler sollen sie das Abschlussbuch, den eigentlichen Schulhausroman, komponieren – „wie ein DJ“, erklärt Weirauch: „Von jedem Schüler soll mindestens ein Satz, eine Formulierung, drin stehen – jeder soll sich im Buch wiedererkennen können.“

Von jedem Schüler soll mindestens ein Satz im fertigen Buch vorkommen

Andreas Sauter freut sich auf die Herausforderung: Für ihn gehe es auch darum, die eigene Faszination für das Schreiben weiterzugeben, sagte er den PNN. Die Schüler sollen während des Projektes „spielerisch und intuitiv mit dem Geschichtenerzählen“ umgehen und lernen, sich zu vertrauen. „In jedem von uns – egal welches Alter, egal welcher Hintergrund – stecken Geschichten“, sagt Sauter: „Die hervorzuholen und aufs Papier zu bringen, das ist das Schönste an der Arbeit.“ Für viele Schüler sei Schreiben mit Angst verbunden, etwa weil Rechtschreibung eine Rolle spielt – bei der Arbeit am „Schulhausroman“ sei das aber unwichtig: „Wir sind nicht an die Gesetze der Schule gebunden, sondern an die Gesetze der Literatur.“

In Nauen läuft das Projekt schon seit März, jetzt kommt Potsdam dazu

Für die Nauener Schüler war das Projekt bereits Anstoß für eine Exkursion, wie die Autorin Paula Fürstenberg den PNN sagte. Ziemlich schnell habe festgestanden, dass ihr Buch in der Adler- und Löwen-Kaserne in Elstal spielen sollte, einem seit den 1990er Jahren leer stehenden NS-Gebäudekomplex unweit des olympischen Dorfes von 1936. „Das ist ein Ort, den die Schüler alle kennen und gruselig, aber auch aufregend finden.“

Als Schriftstellerin habe sie die Arbeit mit Jugendlichen über einen längeren Zeitraum gereizt, sagt Paula Fürstenberg – gerade auch mit solchen, „die sonst mit Gegenwartsliteratur nicht ständig in Berührung kommen, schon gar nicht mit dem Selberschreiben“. Spannend sei aber auch zu erfahren, welche Themen die Jugendlichen überhaupt interessieren, sagt die Autorin, Jahrgang 1987: „Das ist auch eine kleine Zeitreise zurück in meine Schulzeit.“

Lesung in der Villa Quandt zum Abschluss geplant

Zum Abschluss nach den Sommerferien werden die Schüler beider Klassen am 21. August in der Potsdamer Villa Quandt aus ihren Büchern lesen. Bei einer solchen Lesung in Hamburg waren auch Meier Zur und Weirauch auf die Idee gekommen, das Projekt in die Region zu holen. In der Schweiz gibt es den „Schulhausroman“ seit rund 15 Jahren, sagt Meier Zur, die gebürtige Schweizerin ist. In Deutschland seien bislang nur Hamburg und Bremen beteiligt – und nun erstmals auch zwei ostdeutsche Städte.

Mit Michael Wegener vom in Potsdam beheimateten Verein Kunsthaus Strodehne haben die Initiatorinnen einen Träger für die jetzige Pilotphase gefunden. Wenn es gut laufe, soll das Projekt künftig ausgeweitet werden. Gymnasien schließen die beiden ausdrücklich aus. Dagegen wollen sie an Berufsschulen, also Oberstufenzentren, gehen: „Dort gibt es so etwas bislang noch gar nicht“, sagt Meier Zur.

Noch werden Spender zur Finanzierung gesucht

Zur Finanzierung suchen sie noch Hilfe. 8000 Euro habe die Stadt Potsdam bewilligt, weitere 4500 Euro das Land Brandenburg, sagt Grit Weirauch. Die verbleibende Finanzierungslücke von 2500 Euro wollen Weirauch und Meier Zur über die Spendenplattform der Stadtwerke, www.potsdam-crowd.de, einwerben. Am morgigen Mittwoch startet die Spendenkampagne, innerhalb von 60 Tagen muss die Summe dann zusammenkommen – ansonsten geht das Geld zurück an die Spender. Finden sich mehr Spender als gebraucht, soll das Geld in die geplante Fortsetzung fließen, sagt Weirauch. Bezahlt werden von dem Geld unter anderem die Honorare für die Autoren, der Druck und die Organisation. Für die Schulen ist die Teilnahme am Projekt kostenlos.

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