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Viele Händler locken in der Krise ihre Kunden mit Rabatten.

© Oliver Berg/dpa

Schnäppchen in Potsdam: Welche Händler die Mehrwertsteuersenkung weitergeben

Seit dem 1 Juli gilt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, um die Corona-Folgen abzufedern. Wir haben uns umgehört, wo Potsdamer jetzt sparen können - und wo nicht.

Potsdam - Seit dem 1. Juli gilt die Reduzierung der Mehrwertsteuer, die von der Bundesregierung als Konjunkturprogramm für die coronageplagte Wirtschaft beschlossen wurde. Für sechs Monate sinkt der Steuersatz von 19 auf 16 Prozent, beziehungsweise von sieben auf fünf Prozent für den ermäßigten Satz. Doch wo und wie können Potsdamer nun für den Rest des Jahres sparen?

Bei den großen Supermarktketten wird die Mehrwertsteuersenkung in der Regel komplett an die Kunden weitergegeben: Kaufland will 30. 000 Produkte billiger machen, Edeka will bei einem Großteil des Sortiments die Preise zu Gunsten der Kunden abrunden. 

Rewe kündigt an, die Steuersenkung in Form starker Rabatte auf einzelne Produkte umzulegen: „Wir haben verschiedene Warengruppen zusammengefasst und werden 5000 Artikel aus den unterschiedlichsten Sortimenten billiger machen, teilweise um bis zu 14 Prozent“, sagt Siegfried Grube, Senior-Chef der Rewe Markt Siegfried Grube oHG. „Wir wollen so merkbar etwas an den Kunden weitergeben. Wenn ein Produkt nur ein-zwei Cent weniger kosten würde, gäbe es keinen Anreiz, dann würde das verpuffen.“

Freiwilligen-Modell im Unverpackt-Laden

Für viele kleinere Einzelhändler, die die Corona-Krise hart getroffen hat, sieht die Situation etwas anders aus: „Wir hatten starke Einbußen und außerdem wäre es sehr aufwändig, für sechs Monate alle Preisschilder zu ändern“, sagt Carolin Schönborn, Inhaberin des Unverpackt-Ladens „Maßvoll“. Sie setzt auf ein freiwilliges Modell: Wer möchte, bekommt am Ende seines Einkaufs pauschal zwei Prozent Rabatt. Ein Schild neben der Kasse bittet jedoch darum, den Rabatt zu spenden. Für dasselbe Modell hat sich der Babelsberger Unverpackt-Laden „Kathi & Käthe“ entschieden.

Es gibt keine gesetzliche Pflicht, die Steuersenkung an die Kunden weiterzugeben, und gerade gastronomische Betriebe, die durch die Corona-Krise in schwieriges Fahrwasser geraten sind, machen von dieser Möglichkeit Gebrauch: „Wir werden die Steuersenkung nicht weitergeben, denn wir haben in den letzten zwei Monaten 80.000 Euro Verlust gemacht und müssen zusehen, dass wir überleben“, sagt Kerstin Wendland, Geschäftsführerin des Fischrestaurants „Der Butt“. Für sie ist die Mehrwertsteuersenkung ein überlebenswichtiges Konjunkturprogramm für die Branche.

750.000 Euro Verlust bei Redo 

Auch René Dost, Inhaber der Redo Unternehmensgruppe mit 22 Restaurants und Cafés, hat bereits angekündigt, die Steuersenkung aufgrund von Verlusten in Höhe von rund 750.000 Euro nicht weiterzugeben. Es gibt aber auch Ausnahmen: „Wir haben unsere Preise umgestellt, obwohl uns auch zwei Monate an Einnahmen fehlen“, sagt Katharina Rosenberg-Ehrl, Inhaberin des veganen Cafés „Rosenberg“. Ob es dabei bleibt, weiß sie aber noch nicht: „Ich schaue mir das Ganze erst mal an.“

Auch bei Buchhändlern werden die Preise gleichbleiben: Aufgrund der Buchpreisbindung haben sie keine Möglichkeit, die Preise neuer Bücher zu verändern. „Allerdings könnte der Verlag selbst die Preise ändern“, sagt Buchhändler Carsten Wist. Das würde jedoch bedeuten, dass die Preise jedes Buches im Laden händisch geändert werden müssten. „Das ist ein viel zu großer Aufwand“, sagt Wist. Auch größeren Unternehmen ist die Umstellung der Preise zu aufwändig: Das Möbelhaus Porta zum Beispiel belässt die Preise so, gibt die Steuersenkung aber weiter, indem einfach bei jedem Einkauf pauschal 2,5 Prozent Rabatt abgezogen wird.

Der Nahverkehr wird nicht billiger 

Für Kunden der Potsdamer Stadtwerke ändert sich zunächst nichts: Die Kosten für Strom, Gas, Fernwärme und Müllentsorgung bleiben zwar gleich, die reduzierte Mehrwertsteuer wird jedoch bei der Jahresverbrauchsrechnung abgezogen. Auch bei den Bäderbetrieben und den Freibädern wird die Mehrwertsteuersenkung direkt an die Kunden weitergegeben. Eine Ausnahme ist jedoch der Öffentliche Nahverkehr: Hier wird es keine Senkung der Fahrpreise geben, darauf haben sich der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und die Verkehrsbetriebe in Potsdam (ViP) geeinigt.

Bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam ist man sich noch unsicher, ob die Mehrwertsteuersenkung das prophezeite Konjunktur-Geschenk wird: „Der buchhalterische und steuerliche Aufwand innerhalb eines Geschäftsjahres ist jedenfalls erheblich und verursacht hinter den Kulissen zusätzliche Bürokratie“, sagt IHK-Sprecher Detlef Gottschling. Allein die Umstellungskosten für den Lebensmittelhandel könnten sich auf rund 50 Millionen Euro belaufen, so eine Schätzung des Euro-Handelsinstituts EHI.

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