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Formnebel. Hans Vent studierte ein Leben lang den Menschen und formte ihn mit Farben nach. Im Museum Barberini war bis Mai sein Werk aus dem Palast der Republik zu sehen.

© A. Klaer

Schenkung im Potsdam Museum: Im Abstraktionsrausch

Die Witwe des Malers Hans Vent schenkte dem Potsdam Museum drei Werke aus Vents Nachlass. Sie zeigen Körper voller Ausdruckskraft.

Von Helena Davenport

Es waren die Gesichter, die den Pankower Künstler Hans Vent faszinierten: kolossale Gesichter, gehäufte, wütende Gesichter, auch Fratzen, ruhende Gesichter, mal in trauter Zweisamkeit, oder leere Gesichter. Sein ganzes Leben lang wurde er seinem Sujet nicht überdrüssig. Er beobachtete und studierte den Menschen. Und stellte ihn dann in Farben dar, Formen hingegen stehen in seinen Werken an zweiter Stelle. Am 31. Januar verstarb Vent nur wenige Tage vor seinem 84. Geburtstag und hinterließ ein zweistöckiges Atelier, gefüllt mit unzähligen Arbeiten. Seit dem gestrigen Dienstag befinden sich nun drei seiner Bilder in der Sammlung des Potsdam Museums.

Christina Renker, die Witwe des verstorbenen Malers, überreichte feierlich ein Gemälde von 1990 sowie zwei Arbeiten auf Karton von 1997 und 2002. Man freue sich ganz besonders über diese Schenkung, sagte Jutta Götzmann, die Direktorin des Potsdam Museums. Anwesend waren auch die Kunsthistorikerin Liane Burkhardt und die Künstlerin Ulla Walter.

Er wuchs mit den Farben auf

Das Gemälde „Die Nacht“ zeigt einen gebeugten, entblößten Frauenkörper, der aus der Dunkelheit des Bildes herauszudrängen scheint. Ein Blick zurück, über die Schulter, hängt an der Vergangenheit. Die Arme sind vor der Brust verschränkt, als wolle die abgebildete Person den eigenen Körper zusammenhalten. Oder beschützen? „Das Bild spiegelt die ganze Ausdruckskraft von Vent wieder, es vereinigt in sich seine ganze Vielfalt“, sagte Götzmann.

Vent wurde in Weimar als Sohn eines Landschaftsmalers geboren, er wuchs mit den Farben auf. Zunächst machte er eine Ausbildung zum Bau- und Dekorationsmaler, später studierte er Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee. 1974 wurden er und 15 weitere Maler damit beauftragt, großformatige Gemälde für den Palast der Republik anzufertigen. Der Bildhauer Fritz Cremer war für die Planung zuständig, er wählte eine Frage Lenins zum Thema: Dürfen Kommunisten träumen? Bis Ende Mai war Vents Arbeit „Menschen am Strand“ anlässlich einer dokumentarischen Präsentation von Gemälden aus der Palast-Galerie im Museum Barberini zu sehen. Auch dieses Werk zeigt die enorme Farbenvielfalt, mit der der Künstler arbeitete. Außerdem legt es wie jede andere Arbeit von Vent den Arbeitsprozess des Künstlers offen. Er zeichnete keine Konturen vor, sondern arbeitete sich mit Pinselstrichen aus dem Hintergrund zu seinen Protagonisten vor. Seine Bewegungen blieben sichtbar, seine Rhythmik formt die Körper, verleiht ihnen ihr Wesen. Manchmal wirken seine Bilder wie schnelle Momentaufnahmen, mal gar wie aus Skizzen zusammengesetzt.

Die drei Arbeiten repräsentieren Hans Vents Studien

Christina Renker war am Dienstag den Tränen nah: Sie sei sehr dankbar dafür, dass ihre Schenkung angenommen werde. Darüber hinaus sei sie gerührt, in welchem Maße die Kunst ihres verstorbenen Mannes wertgeschätzt werde. Seine Ausdrucksweise sei nicht immer verstanden worden, sagte die Keramikerin. Die Kunsthistorikerin Liane Burkhardt, die sich mit privaten Künstlernachlässen im Land Brandenburg beschäftigt, hatte Renker nach dem Tod Vents beraten. „Hans Vent gehört zu meiner eigenen Biografie“, sagte sie im Potsdam Museum, sie habe sich schon Anfang der 1980er mit seiner Kunst befasst. Nachdem sein Werk aus dem Palast der Republik nun in diesem Jahr in Potsdam ausgestellt wurde, hätten sie es beide nur für logisch gehalten, Arbeiten aus seinem Atelier nach Potsdam zu geben, betonten Renker und Burkhardt. Die Kunsthistorikerin stellte den Kontakt zu Götzmann her. Diese war begeistert von der Fülle an Darstellungen und wählte gezielt drei Arbeiten aus, die nicht direkt hintereinander entstanden sind. Außerdem repräsentieren die drei Werke Vents verschiedene Studien: „Eins plus drei“ zeigt mehrere Köpfe, „Paar Fünf“ die Verbindung von zwei Menschen, das Gemälde den Körper eines Menschen.

Keine Inhaltsakrobatik

Eine neue Bedeutung erhielten die jüngeren Arbeiten von Vent durch die Fotografin Gundula Schulze. Sie wurde auf den Maler aufmerksam und war nicht davon abzubringen, eine große Zahl seiner Bilder abzulichten. Mehrere Minuten lang zeigte das Potsdam Museum gestern ihre Fotos – auch um Vent zu gedenken. „Nach den Fotos waren viele Vorurteile abgebaut“, sagte Renker. Sie hätten noch einmal mehr verdeutlicht, wie viel Empfinden in Vents Arbeiten steckt. Renker gründete 2013 zusammen mit ihrem Mann die Hans-Vent-Stiftung, um dessen Werk zu bewahren. Mittlerweile besitzt die Stiftung auch Räumlichkeiten für den Nachlass – das Atelier soll aufgelöst werden. Zum Abschluss sprach gestern die befreundete Künstlerin Ulla Walter: Hans Vent habe plakative Formen und Inhaltsakrobatik nicht nötig gehabt – er habe sich im Abstraktionsrausch befunden, und das zu DDR-Zeiten.

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