zum Hauptinhalt
Die Schauspielerin Marianna Linden wechselte vom Hans Otto Theater zur Zimmerbühne Potsdam.

© Andreas Klaer

Schauspielerin Marianna Linden: Einfach Ja sagen

Die Potsdamer Schauspielerin Marianna Linden steht nach dem Weggang vom Hans Otto Theater auf freiberuflichen Füßen -  jetzt beim freien Theater Poetenpack auf der Bühne.

Potsdam - Den Newsletter vom Potsdamer Poetenpack hatte die Schauspielerin Marianna Linden schon seit ihrer Dresdner Zeit regelmäßig im E-Mail-Postfach. Sie interessierte sich immer dafür, was ihr älterer Studienkollege Andreas Hueck seit 1998 erfolgreich in Magdeburg und Potsdam aus der Taufe hob. Das „Poetenpack war immer präsent“, sagt sie im PNN-Gespräch.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran - in den Herbstferien einmal wöchentlich am Freitag. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Als Marianna Lindens Engagement am Hans Otto Theater beim Intendantenwechsel 2018 nicht verlängert wurde, musste sie sich neu sortieren. Zeitweise war sie mit beziehungsweise für die Landesbühnen Sachsen unterwegs, spielte 2019 im Berlinale-Film „Nackte Tiere“ mit, und als Andreas Hueck sie mitten in der Pandemie anrief – sein Gretchen war in Quarantäne – hatte sie genau zwei Stunden Zeit, um sich zu überlegen, ob sie einspringen wolle. „Eigentlich“, dachte sie, „bin ich für diese Rolle zu alt“.

Endlich wieder spielen - nun beim Poetenpack

Doch Marianna Linden, die im Gespräch locker und unkompliziert wirkt, wollte endlich wieder spielen – denn in der Pandemie waren die meisten Theater im Standby-Modus – und sagte zu. Sie musste noch am selben Tag in zwei Vorstellungen die Rolle einlesen, was für alle sehr turbulent und aber auch amüsant war. Und entgegen aller eigenen Befürchtungen klappte es wunderbar. Das war für Linden der Einstand beim Poetenpack.

Schauspielerin Marianna Linden wechselte vom Hans Otto Theater zur Zimmerbühne Potsdam.
Schauspielerin Marianna Linden wechselte vom Hans Otto Theater zur Zimmerbühne Potsdam.

© Andreas Klaer

Quasi als „Weihnachtsgeschenk“ bekam sie danach die Rolle der Schauspielerin in „Niemand wartet auf dich“ für 2021 angeboten, das am gestrigen Freitag in der neu eröffneten Zimmerbühne zur Premiere kam. Denn auch das Poetenpack wollte nach der Förderzusage vom Land am Jahresende 2020 schnell Nägel mit Köpfen machen.

In dem Einpersonenstück geht es um Eigenverantwortung

Parallel dazu probte sie das Kinderstück „An der Arche um Acht“ unter der Regie von Gislen Engelmann, die sie vorher im „Faust“ kennenlernte. „Ich hatte plötzlich wirklich (wieder) Stress“, sagt Marianna Linden und freut sich immer noch sichtlich darüber. Auch wenn während des zweiten Lockdowns noch einiges hin- und hergeschoben wurde, und nicht alles wie am Schnürchen lief.

Das Einpersonenstück der bekannten niederländischen Autorin Lot Vekemans wurde 2020 geschrieben, seitdem in Graz und München erfolgreich aufgeführt, und beschäftigt sich mit Eigenverantwortung. Als Monolog-Triptychon angelegt, verkörpert eine Schauspielerin nacheinander drei Frauen: eine über 80-Jährige, eine Politikerin, die nach 30 Jahren aus dem Politgeschäft aussteigt, und sich selbst – als ca. 60-jährige Schauspielerin. Für alle drei Frauenfiguren ist es eine sehr persönliche Suche nach dem Politischen. „Der Luxus, sich abschotten zu können, ist verschwunden“, heißt es im Stück, und alle drei fragen sich, ob und wo sie (noch) Einfluss nehmen können.

Die Schauspielerin setzte sich gründlich mit den Forderungen der Klimaaktivisten auseinander

Marianna Linden wurde durch das Stück und die Inszenierung von Andrea Pinkowski, die auch zum ersten Mal für das Potsdamer freie Theater arbeitet, angeregt, sich gründlich etwa mit der Pariser Klimakonferenz, den Klimaaktivisten von Fridays for Future und Greta Thunberg zu beschäftigen. Die Schauspielerin hofft auf die Kraft und die Wirkung positiver Beispiele und Nachrichten, die es, wie sie sagt, „mehr als man denkt, in vielen Bereichen gibt“.

„Über die Verfinsterung der Geschichte oder Wohin hoffen wir?“ steht als neues Spielzeitmotto in großen Lettern auf lila Grund am Zaun der Zimmerbühne angeschrieben. Von Oktober bis Dezember kommen sechs neue Produktionen zur Premiere, die danach fragen, „ob wir noch Utopien haben“ und „wie wir als Menschen in einer Zeit leben, in der wir die meisten Gewissheiten verloren haben“? Alle, die sich mit historischen und aktuellen Texten zu diesem Thema auseinandersetzen wollen, sind auch zu Diskussionsrunden eingeladen.

Nach fast zwei Jahrzehnten zum ersten Mal als Freiberuflerin unterwegs

Marianna Linden arbeitet nach zwei Jahrzehnten festen Engagements in Dresden und Potsdam jetzt zum ersten Mal freiberuflich. Das war, wie sie sagt, mental eine große Umstellung. Anfangs hatte sie Furcht vor einem nicht mehr so festgefügten Terminkalender, doch letztendlich habe sie selbst und auch ihre Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern davon profitiert. Manchmal hapere es zwar noch mit der Selbst-Vermarktung, doch eine eigene Webseite wolle sie nun mit Hilfe eines Mikrostipendiums vom Kulturministerium in Angriff nehmen.

Jetzt sieht sie vor allem die Chance, mit dem Poetenpack an vielen verschiedenen Orten zu sein. Das Stadttheater ist, was sie erst rückblickend so sieht, eine Luxussituation. Man kann sich auf seine Arbeit konzentrieren, weil die ganzen Gewerke ihre Aufgaben in diesem ausgeklügelten Zusammenspiel übernehmen. „Hut ab vor dieser, jeder freien Gruppe, die sind unglaublich ambitioniert und engagiert“, sagt Marianna Linden. Sie legt beim Unterwegssein auch selbst Hand mit an, damit alles wie geplant stattfindet. Dieses „Zurück zur den Ursprüngen“ ist zwar noch ungewohnt, macht ihr aber auch sehr viel Spaß.

Weitere Termine am Samstag (16. Oktober), 19.30 Uhr, und am Sonntag (17. Oktober), 17 Uhr, Zimmerbühne, Zimmerstraße 12b 

Astrid Priebs-Tröger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false