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"Wenn es zur Quarantäne mit Ausgangssperre kommt, dann sind wir am Arsch“, sagt René Dost, Betreiber mehrerer Potsdamer Restaurants.

© Andreas Klaer

Sars-CoV-2 Virus: Corona verschreckt Gäste in Hotels und Restaurants

Erhebliche Umsatzeinbußen, 500 Stornierungen in nur 48 Stunden allein im Potsdamer Inselhotel: Das Corona-Virus schadet dem städtischen Gastgewerbe.

Von Carsten Holm

Potsdam - Die Auswirkungen der weltweiten Corona-Epidemie auf die Potsdamer Hotels und Restaurants nehmen dramatische Züge an. Chefs von kleinen und größeren gastronomischen Betrieben und Hotels berichteten am Montag auf Anfrage der PNN von erheblichen Umsatzeinbrüchen. Wer in wirtschaftliche Schieflage gerät, will auch die in der Nacht zum Montag vom Koalitionsausschuss der Bundesregierung angekündigten Finanzhilfen in Anspruch nehmen.

Das in schönster Lage am Templiner See residierende Inselhotel spürt die Folgen der Vorsichtsmaßnahmen vor neuen Infektionen mit Corona drastisch. Das 1996, zwei Jahre nach dem Abzug der russischen Truppen auf der Insel Hermannswerder gegründete Haus hat sich als Vier-Sterne-Tagungshotel mit 88 Doppelzimmern und Suiten einen Namen gemacht, zwei Drittel des Geschäfts hängen davon ab. „Was dann am vergangenen Donnerstag und Freitag passierte, traf uns völlig unvorbereitet. Wir hätten ohne Corona den erfolgreichsten März erlebt“, sagt Inhaber und Geschäftsführer Burkhard Scholz. 

200.000 Euro Umsatzeinbußen

Mit seinem Team beobachtete er an den Bildschirmen die beinahe stündlich eintreffenden Stornierungen. „Wir waren ziemlich ausgebucht, aber bis Freitagabend wurden allein für die nächsten zehn Tage mehr als 500 Übernachtungen gecancelt. Alle Veranstalter haben abgesagt“, so Scholz. Die Umsatzeinbuße schätzt er auf „in Richtung 200.000 Euro“, er sei „in großer Sorge gewesen“.

Das Hotel habe einen erheblichen Vorbereitungsaufwand betrieben, vor allem, weil sich internationale Gäste angemeldet hatten: „Wir hatten schon viel erledigt. Zugekaufte Leistungen wie Dolmetscher und Dolmetscherkabinen, große Blumengestecke und natürlich den Wareneinkauf“, sagt Scholz.

"Wir werden es auch jetzt schaffen"

Der Chef von 71 Mitarbeitern will seinen Optimismus beibehalten. „Wir haben in der Finanzkrise Geld verloren und das im Herbst wiedergutgemacht. Wir haben Sars und die Vogelgrippe überstanden, und wir werden es auch jetzt schaffen. Die Buchungslage für April und Mai ist noch gut“, macht Scholz sich Mut. Als erste Maßnahme will er auf die Einbußen beim Tagungsgeschäft mit Angeboten für Privatkunden werben: „Die Nacht im Doppelzimmer bieten wir statt 140 bis 160 Euro inklusive Frühstück jetzt 30 bis 40 Euro günstiger an.“ Sollte es zu Kurzarbeit kommen, „werde ich das Kurzarbeitergeld der Mitarbeiter etwa um den fehlenden Teil ihrer Miete aufstocken.“ Viele seien 10 bis 15 Jahre im Hotel, „ich habe für schlechte Zeiten ein Notpolster geschaffen, werde aber auch Unterstützung aus Bundesmitteln annehmen“.

In Potsdams oft ausgebuchter Tapas-Bar „Mea Culpa“ an der Dortustraße beobachtete Inhaberin Maria Quero bisher „nur leichte Dellen bei den Reservierungen, aber wir haben den Peak bei Corona ja offenbar noch nicht erreicht“. 

Gruppen haben Reservierungen für den Sommer storniert

„Ja, man merkt, dass Corona vor die Tür gekommen ist“, sagt Mario Bedzeti, Inhaber des gehobenen italienischen Babelsberger Restaurants „Al dente“. Einmal hätten drei seiner Stammgäste storniert und einmal sieben, „wir müssen nun damit umgehen“.

Mario Kade, Chef des „Kades“ am Pfingstberg, spürt „im Moment noch nichts von Corona“. Er habe mehr Angst vor Influenza und hoffe, „dass das alles bei aller Vorsicht nicht in Hysterie umschlägt“. 

Das „Kochzimmer“ am Neuen Markt ist nach Angaben von Claudia Frankenhäuser, die das Ein-Stern-Restaurant mit ihrem Mann Jörg führt, „noch gut gebucht“. Es habe zwar „die eine oder andere Stornierung gegeben, die Gäste mit Corona begründeten, aber noch sind wir entspannt“. Gruppen hätten jedoch Reservierungen für den Sommer wegen des Virus storniert, was die große Sorge in der Bevölkerung zeige. An Kurzarbeit, so Jörg Frankenhäuser werde nicht gedacht, „wir nutzen, wenn wir weniger zu tun haben, die freie Arbeitszeit für die Entwicklung neuer Gerichte“.

Worst-Case-Szenarien werden mit Banken durchgespielt

René Dost, der von seinem Büro im Dachgeschoss des Restaurants „Heider“ am Nauener Tor ein kleines gastronomisches Imperium unter anderem von Läden wie „Redo XXL“, „800 Grad“, „Wiener“ und „Sombrédo“ in Potsdam führt, beobachtet seine Umsätze an neun Computern an jedem Tag. Die Bilanz ist jetzt besorgniserregend. „In der vorigen Woche hätten wir nach unserem Budget-Plan 16.476 Gäste haben müssen, so viel waren es 2019. Es kamen nur 15.167, also 1309 weniger.“ Es habe viele Absagen beim Geschäftszweig Catering gegeben, man habe zehn Prozent Einnahmeverluste, etwa 430.000 Euro. „Wir spielen mit unseren Banken Worst-case-Szenarien durch. So schnell werden wir nicht absaufen. Aber wenn es zur Quarantäne mit Ausgangssperre kommt, dann sind wir am Arsch“, sagt Dost.

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