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Turmbau zu Potsdam. Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Schlösserstiftung, und Günther Jauch

© Andreas Klaer

Sanierung der Friedenskirche: Turmbau ohne Steuermittel

Baustart in Sanssouci: Der in seiner Stabilität gefährdete Campanile der Friedenskirche wird mit vier Millionen Euro Spenden saniert, eine Million steuerte Günther Jauch bei.

Potsdam - Schon seit September ist eines der sichtbarsten Wahrzeichen des Parks Sanssouci hinter Baugerüsten verschwunden, und dies wird auch noch zwei Jahre so bleiben: Der Glockenturm der Friedenskirche muss von Grund auf saniert werden, da die Bausubstanz durch Witterungseinflüsse der vergangenen 100 Jahre in seiner Stabilität gefährdet ist. Die Maßnahme ist Teil der seit 2018 laufenden Sanierung verschiedener Schäden an der zum Unesco-Welterbe gehörenden Friedenskirche. Die Kosten für das gesamte Projekt liegen bei 4,07 Millionen Euro, wobei das meiste Geld für den maroden Glockenturm gebraucht wird.

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Rund 30 Personen waren beim offiziellen Start der Bauarbeiten am Montag anwesend, darunter auch bekannte Gesichter aus Potsdam, die seit vielen Jahren als Botschafter:innen für die Rettung der Friedenskirche aktiv sind: Fernsehmoderator Günther Jauch, „Tatort“-Kommissar Jörg Hartmann, Gemeindemitglied Ursula Weyrauch und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Letztere schwärmte von „einem Stück Italien in Potsdam“, das nun restauriert werde: „Das ist ein wahrer Schatz, den wir hier wiederbekommen. Ich danke allen, die dafür gespendet haben!“

Betreten lebensgefährlich. Die Betonlagen sind aufgeplatzt,  einige Stützen der Wendeltreppe sind gerissen.
Betreten lebensgefährlich. Die Betonlagen sind aufgeplatzt,  einige Stützen der Wendeltreppe sind gerissen.

© Andreas Klaer

Ein Seitenhieb auf die Garnisonkirche

Zu den größten Förderern gehört Günther Jauch: Er hat eine Million Euro für das Projekt gespendet, eine weitere Million kam von der Hermann Reemtsma Stiftung. Zudem überreichte Steffen Skudelny vom Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), die die Spendenkampagne für die Friedenskirche 2015 initiiert hatte, einen Förderscheck in Höhe von 300 000 Euro.

Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), dankte vor allem Jauch und der Reemtsma-Stiftung für ihre großzügigen Spenden, die weitere Fördergelder für den Turm ermöglicht hätten: „Ohne diese Grundfinanzierung wäre die Förderung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz nicht möglich gewesen“, sagte Vogtherr und fügte hinzu: „Es fließen keine Steuermittel in das Projekt, es ist komplett durch Spenden finanziert.“ Ein Seitenhieb auf den Garnisonkirchturm, an dem gerade gebaut wird. Ganz ausfinanziert ist die Sanierung der Friedenskirche aber nicht, so Vogtherr: Es bestehe weiterhin eine Spendenlücke von etwa 200 000 bis 300 000 Euro.

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Das 100 Jahre alte Trägersystem des Campanile ist marode

Der 42 Meter hohe Glockenturm, der im Jahr 1850 errichtet wurde, hat die Sanierung dringend nötig: Ursprünglich sollte eine gusseiserne Konstruktion und eine verzierte Wendeltreppe aus dem gleichen Material für den inneren Halt des Campanile genannten Glockenturms sorgen, den Hofarchitekt Ludwig Persius nach dem Vorbild der Kirche Santa Maria in Cosmedin in Rom entworfen hatte. Unzureichende Entwässerung und mangelnde Wartung hatten aber schon nach wenigen Jahrzehnten zu irreparablen Korrosionsschäden geführt: Bereits 1905 mussten die mit den Außenwänden verbundenen Eisengussplatten durch massive Geschossebenen verstärkt werden.

Frank Karalus, Bereichsbaueiter der Schlösserstiftung
Frank Karalus, Bereichsbaueiter der Schlösserstiftung

© Andreas Klaer

Dieses Trägersystem ist nun ebenfalls marode: Die Betonlagen sind aufgeplatzt, die Eisenbewehrungen rosten, einige Stützen der Wendeltreppe sind gerissen, das Mauerwerk ist geschädigt. Zudem sind die Sandsteinsäulen in den Rundbogenarkaden teils nicht mehr tragfähig und nur provisorisch gesichert. Seit Ende der 90er Jahre ist der Zugang zum Turminneren gesperrt. „Die Windlast kann nicht mehr sicher in die Stützpfeiler des Turms abgeleitet werden“, sagte Frank Karalus, Bereichsbauleiter der SPSG. Die Sanierung ist heikel: Die geschwächte Konstruktion, auf der der Turm ruht, muss ausgetauscht werden, ohne dass die Standfestigkeit des Campanile gefährdet wird. Deshalb wird auf jedem Stockwerk im Innern eine Art Edelstahl-Korsett eingebaut, das die Stabilität des Bauwerks absichert. „Das ist eine Operation am offenen Herzen“, sagt Karalus.

Auch Geläut und Turmuhr werden repariert

Die Handwerker:innen werden sich von oben nach unten arbeiten: Die Betondeckenverstärkungen werden komplett rückgebaut, alle originalen Deckenverspannungen im Mauerwerk werden ertüchtigt, die Mauerwerksschäden an der Turminnenseite beseitigt und Verfugungen ergänzt. Besonders aufwändig wird die Ertüchtigung der gusseisernen Wendeltreppe mit ihren zahlreichen Zinkgussornamenten, sagt Ute Joksch, Projektrestauratorin der SPSG: „Das wird eine der Hauptaufgaben bei der Restauration.“

Dabei bleibt es nicht: Auch das flache Turmdach wird instandgesetzt sowie dessen ornamentale Deckenverzierung im Inneren restauriert. Das aus vier Bronzeglocken bestehende Geläut wird ebenso wie die Turmuhr mit den vier Zifferblättern repariert, das Turmkreuz neu vergoldet. 2023 folgt in einem weiteren Bauabschnitt die Überarbeitung der Ziegeloberflächen und der Austausch von schadhaften Vollziegeln und Terrakotta-Elementen. Außerdem wird das Wandbild „Christus am Ölberg“ restauriert, das sich an der Ostseite des Turmes befindet. Eine neue Entwässerungsanlage soll dafür sorgen, dass künftig weniger Wasser ins Turminnere eindringt. Anfang 2024 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein.

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