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Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist die S-Bahn-Strecke zwischen Potsdam und Wannsee eingleisig - und das wird wahrscheinlich auch so bleiben.

© A. Klaer

S-Bahn zwischen Potsdam und Berlin: Auf einem Gleis nach Wannsee

Potsdam feiert einen „Tag der nachhaltigen Mobilität“. Doch hinter den Kulissen sieht es nicht so rosig aus: Die S-Bahn-Strecke zwischen Potsdam und Berlin soll auch langfristig nicht ausgebaut werden – zum Ärger der Bahnkunden und der Stadt.

Von Peer Straube

Potsdam - Nach außen ist alles eitel Sonnenschein. Am Sonntag will Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Hauptbahnhof einen rot-gelben Viertelzug der Berliner S-Bahn auf den Namen Potsdam taufen – weil die Landeshauptstadt den „Tag der nachhaltigen Mobilität“ feiert und damit ein Zeichen für den Ausbau der umweltfreundlichen Verkehrsmittel setzen will. 

Wannsee und Potsdam: Keine Chance für den Gleisausbau 

Doch hinter den Kulissen sieht es weniger rosig aus. Pendler von Potsdam nach Berlin müssen den Traum von einer zweiten schnellen Nahverkehrsverbindung neben der Regionalbahn wohl endgültig begraben: Die Bahn sieht keine Chancen für einen komplett zweigleisigen Ausbau der S-Bahn-Strecke zwischen Wannsee und dem Potsdamer Hauptbahnhof, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nur noch eingleisig ist. Die Trasse mit dem neuesten Stand der Technik wieder auf diesen Standard zu bringen, wäre mit Investitionen verbunden, die in „keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zum Nutzen“ stehen, sagte Bahnsprecher Burkhard Ahlert auf PNN-Anfrage.

Nach Grobschätzungen würde ein solches Projekt mindestens 100 Millionen Euro kosten, weil damit Eingriffe in die Fernbahntrasse verbunden wären, so Ahlert. In Babelsberg müsste die Bahn zudem Flächen erwerben, um zusätzliche Stützmauern errichten zu können – dies wiederum würde Veränderungen an der Straßenbahntrasse nötig machen. 

Die Stadt will das nicht einfach so hinnehmen

Aus Sicht der Bahn ist eine komplette Zweigleisigkeit auch gar nicht nötig: Fahrplantechnische Untersuchungen hätten ergeben, dass es ausreiche, wenn nur auf einem Teil der Strecke zwischen den Bahnhöfen Babelsberg und Hauptbahnhof ein zweites Gleis gelegt werde und die Züge auf diesem Abschnitt und weiter bis Wannsee, wo immer möglich, schneller fahren. Das rund 800 Meter lange zweite Gleis zwischen der Eisenbahnüberführung über die Nuthe und Hauptbahnhof will die Bahn wie berichtet bis 2019 verlegen lassen. 6,5 Millionen Euro sind dafür eingeplant, die Fahrzeit nach Wannsee soll sich damit um ein paar Minuten verringern. Der Hauptnutzen liege weniger in der Fahrzeit, sondern in einem stabileren Fahrplan und einer verbesserten Betriebsqualität, sagte Ahlert. Weitere zweigleisige Abschnitte sind nicht geplant. 

Dass sich die Bahn endgültig von einer Wiederherstellung des Vorkriegszustandes verabschiedet, will man im Potsdamer Rathaus allerdings nicht klaglos hinnehmen. Er werde sich beim Land dafür einsetzen, dass die Trasse zwischen Wannsee und dem Potsdamer Hauptbahnhof in voller Länge zweigleisig ausgebaut werde, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf PNN-Anfrage. Dies gehöre zu einem „langfristig tragfähigen Verkehrskonzept“ und sei ein „sehr wichtiger Schritt für die wachsenden Verkehrsströme zwischen Potsdam und den Nachbargemeinden mit Berlin“, so Jakobs.

Auch der Abschnitt zwischen Griebnitzsee und Wannsee sollte verbessert werden

Kritik übte auch der Deutsche Bahnkundenverband (DBV). Viel wichtiger als etwa ein zweites Gleis zwischen Babelsberg und Hauptbahnhof seien Verbesserungen auf dem Abschnitt zwischen Griebnitzsee und Wannsee, sagte Karsten Müller vom für Potsdam und Mittelmark zuständigen Regionalverband. Dort komme es immer wieder zu massiven Verspätungen, weil die Züge am Bahnhof Griebnitzsee warten müssten, wenn eine aus Berlin entgegenkommende S-Bahn Probleme habe und die Strecke blockiere. Eine Zweigleisigkeit sei auf dieser Strecke dringend geboten, sagte Müller.

Ganz aussichtslos scheinen zumindest weitere Verbesserungen auf der Strecke tatsächlich nicht. Derzeit arbeite man an einer Analyse der Fahrgast- und Pendlerströme im Brandenburger Regionalverkehr, sagte Steffen Streu, Sprecher der Landesverkehrsministeriums. Man wolle wissen, wie sich die Bedarfe verändert haben, an welchen Bahnhöfen mehr und an welchen weniger Passagiere aussteigen. Die Ergebnisse dieser Erhebung sollen im kommenden Jahr vorliegen und in einen neuen Landesnahverkehrsplan münden, der für die Jahre 2018 bis 2022 gelten soll.

Verlängerung nach Stahnsdorf und Kleinmachnow

In Anhängigkeit von der Nachfrage werde das Land dann auch darüber entscheiden, an welchen S-Bahn-Strecken investiert und welche womöglich verlängert oder neu gebaut werden. Das gelte für die Eingleisigkeit zwischen Potsdam und Wannsee ebenso wie für von Anwohnern geforderten S-Bahn-Verlängerungen nach Stahnsdorf und Kleinmachnow, nach Falkensee, nach Velten und nach Rangsdorf. Auch die Wiederbelebung der Stammbahn zwischen Potsdam und Berlin, die einst von Zehlendorf nördlich an Kleinmachnow vorbei bis nach Griebnitzsee führte, werde in diesem Zusammenhang noch einmal diskutiert, so Streu. 

Abseits solcher Zukunftspläne ärgert man sich beim Bahnkundenverband unterdessen vor allem über vermeintlich unkoordinierte Bahnbaustellen. Es sei absolut unverständlich, warum die Bahn mit der für das kommende Frühjahr geplanten Sanierung der Bahngleise zwischen Babelsberg und Hauptbahnhof nicht warte, bis der zweite Regionalbahnsteig am Bahnhof Griebnitzsee fertig ist, kritisierte Müller. Wie berichtet will die Bahn zwischen April und Juni 2016 die Gleise und den Bahnhof Babelsberg sanieren, die Strecke wird dafür voll gesperrt und ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet.

Bei einer Verschiebung der S-Bahn-Sanierung bis nach der Fertigstellung des Griebnitzsee-Bahnsteigs hätte sich ein Schienenersatzverkehr vermeiden lassen, sagte Müller. Dann hätten die Regionalbahnen den Pendlerverkehr auffangen können. Wie berichtet will die Bahn den seit Jahren geplanten zweiten Bahnsteig am Bahnhof Griebnitzsee ebenfalls 2016 bauen, aber erst zum Fahrplanwechsel im Dezember in Betrieb nehmen. Ein zweiter Bahnsteig soll vor allem für die Linien RE 21 und RE 22 Verbesserungen bringen. 

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