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In der Stadtpolitik ist bisher eine Mehrheit gegen den Mietendeckel.

© Ottmar Winter PNN

Rund 2800 Unterschriften für Mietendeckel in Potsdam: Mieterbund hat andere Ideen

Seit vier Wochen werden in Potsdam Unterschriften für einen Mietendeckel bei der Pro Potsdam gesammelt. Der Mieterbund ist allerdings skeptisch und hat andere Vorschläge.

Potsdam - Beim Brandenburger Mieterbund ist man angesichts des Bürgerbegehrens für einen Mietendeckel bei kommunalen Wohnungen in Potsdam skeptisch. „Potsdam braucht ein wirtschaftlich stabiles kommunales Wohnungsunternehmen“, sagte der Landesvorsitzende Rainer Radloff den PNN. Er befürchtet wirtschaftliche Nachteile gegenüber privaten Wettbewerbern. 

Bevor man zu diesem Mittel greife, solle die Stadt zunächst andere Maßnahmen ergreifen: die Zweckentfremdung von Wohnungen bekämpfen, soziale Auflagen für Bauland verschärfen und Mieter durch Milieuschutzsatzungen vor Verdrängung bewahren. 

Bisher allerdings ist Potsdam bei diesen drei Punkten nicht weit gekommen. Wie berichtet ist in vier Jahren durch das Baulandmodell keine einzige Sozialwohnung entstanden, die Milieuschutzsatzung für die Teltower Vorstadt verzögert sich und die Satzung gegen Zweckentfremdung ist erst im März beschlossen worden.

Mieterbund fordert bundesweiten Mietenstopp

Radloff bringt noch eine andere Forderung ins Spiel. Die kommunale Pro Potsdam solle nicht nur ihren Anteil von 20 Prozent am Wohnungsmarkt halten, wie es Ziel des Unternehmens ist, sondern diesen Anteil sogar ausbauen. Das könnte durch Neubau und durch Zukäufe geschehen. „Die Stadtpolitik müsste entscheiden, ob die Stadt auch eigenes Geld dafür einsetzt“, so Radloff. Ein größerer Bestand würde die Mietentwicklung insgesamt dämpfen, so die Idee.

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Der Mieterbund sucht abgesehen davon im Jahr der Bundestagswahl auch die große Lösung. Er hat eine Kampagne für einen sogenannten Mietenstopp gestartet. In Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt – wie in Potsdam – sollen die Mieten sechs Jahre eingefroren werden. Das würde dann nicht nur für kommunale Wohnungen gelten, sondern für alle.

Schon ein Fünftel der nötigen Unterschriften gesammelt

Etwa vier Wochen nach dem Start haben derweil rund 2800 Potsdamer das Bürgerbegehren für einen Mietendeckel bei der kommunalen Pro Potsdam unterschrieben. Damit das Bürgerbegehren als erfolgreich gilt, müssen mindestens zehn Prozent der für die Kommunalwahl wahlberechtigten Potsdamer unterschreiben, also rund 14.000 Personen. Eine Frist gibt es nicht. 

Bei den Organisatoren ist man optimistisch, das Ziel zu erreichen. „Die Reaktionen sind überwiegend positiv“, sagte Anja Heigl den PNN. Die Stadtverordnete aus der Fraktion Die Andere ist zusammen mit Verena Reininger Vertrauensperson der Initiative für den Mietendeckel. „Es unterschreiben nicht nur Menschen, die selbst betroffen sind, sondern auch Nachbarn und Freunde.“ 

Sammlung soll Debatte anregen

Und auch mit Kritikern komme man bei den Sammlungen ins Gespräch, so Heigl. Das sei neben der konkreten Forderung der Initiative das zweite Ziel: eine Debatte über die Wohnungsfrage zu führen. Jede Unterschrift setze auch ein Signal, dass politisch gehandelt werden müsse.

Künftig will man noch mehr Schwung in die Unterschriftensammlung bringen, die bisher aufgrund der Corona-Bestimmungen nur zaghaft angelaufen ist. So habe es bisher keine öffentlichen Veranstaltungen gegeben, um auf die Forderungen aufmerksam zu machen und Unterschriften zu sammeln. 

Über das Bürgerbegehren informiert inzwischen die Webseite mietendeckel-potsdam.de. Dort können auch Infomaterial und Unterschriftenlisten heruntergeladen werden. Die Listen können im Hauptgebäude des Freilands, im Buchladen Sputnik in der Charlottenstraße und in der Stadtteilkneipe Nowawes in der Großbeerenstraße abgegeben werden. Am Mittwoch werden von 10 bis 13 Uhr am Kaufland in der Zeppelinstraße und am Donnerstag von 17 bis 20 Uhr vor Alnatura in der Hebbelstraße Unterschriften gesammelt.

Mieter könnten bis zum Jahr 2030 30 Millionen Euro sparen

Das Bürgerbegehren fordert, dass Mieten für die kommunalen Wohnungen nur noch um ein Prozent in fünf Jahren steigen dürfen. Bis zum Jahr 2030 würde das die Mieter laut Kostenschätzung der Stadtverwaltung um 30 Millionen Euro entlasten. Durch den Mietendeckel sollen auch die ortsüblichen Vergleichsmieten und damit die Mieterhöhungen im privaten Wohnungsbestand gedämpft werden. Der Begriff Mietendeckel erinnert an die Regelung in Berlin, die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede. In Berlin galt der Mietendeckel per Gesetz für alle Wohnungen. 

Doch der Potsdamer Mietendeckel hätte auch Konsequenzen: Von rund einer Milliarde Euro erwarteten Mieteinnahmen bis zum Jahr 2030 würden der Pro Potsdam wie berichtet etwa drei Prozent fehlen. Das Geld würde dann nicht für Modernisierung, Instandhaltung und Neubau zur Verfügung stehen.

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