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Landeshauptstadt: Rückkehr der Exilanten?

Potsdam möchte seine Skulpturen von der Humboldt-Uni zurückhaben. Nun nimmt auch das Abgeordnetenhaus das Thema ernst

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Innenstadt - In den seit Jahren schwelenden Streit um die Attika-Figuren auf dem Dach der Berliner Humboldt-Universität kommt Bewegung: Weil Berliner CDU-Abgeordnete eine Rückkehr befürworten, wandern die acht Skulpturen, die den östlichen und westlichen Kopfbau der Berliner Humboldt-Universität zieren, vielleicht doch wieder nach Potsdam – aufs neu erbaute, vor drei Wochen eröffnete Landtagschloss, als Restbestand jener 76 neoklassischen Attika-Figuren, die 250 Jahre auf dem Dach und im Hof des Gebäudes standen – bis der Barockbau 1945 nach einem Bombentreffer ausbrannte und die Ruine 15 Jahre später auf Beschluss des DDR-Regimes abgerissen wurde.

Die wenigen Sandstein-Figuren aus der Zeit Friedrichs des Großen, die das Inferno überstanden, wanderten 1966 zur Humboldt-Uni in Berlin. Doch nachdem der Wiederaufbau des Potsdamer Schlosses beschlossen wurde, forderte Potsdam die Skulpturen zurück, unterstützt vor allem vom Stadtschloss-Förderverein, der im Falle eines Verbleibs der Figuren in Berlin Spenden für Repliken sammeln müsste. Bisher war alles Flehen vergeblich. Wohl auch, weil sich Brandenburgs rot-rote Landesregierung kaum um eine Herausgabe der Figuren bemüht. Finanzminister Helmuth Markov (Linke) verweist stattdessen auf die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), die Eigentümerin der Figuren ist und die eine Rückkehr nach Potsdam ablehnt.

Aber die Sache ist noch nicht ausgestanden. Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU im Berliner Abgeordnetenhaus beantragten vor Weihnachten still und heimlich eine Besprechung im Kulturausschuss: „Rücktausch statt Streit zwischen Berlin und Potsdam.“ Das klingt versöhnlich. Vielleicht wird noch im Januar darüber beraten.

Die Initiative ging von den christdemokratischen Abgeordneten Uwe Lehmann-Brauns, Michael Braun und Stefan Schlede aus. Die drei Herren sitzen im Kulturausschuss und wohnen im schönen Zehlendorf. Aus dieser Perspektive ist Potsdam gleich nebenan. „Ja, wir sehen es so, dass die Figuren zurückgegeben werden sollten“, bestätigte Braun dieser Zeitung. Und er fühlt sich von seiner Partei voll unterstützt.

Berlins Sozialdemokraten sind zwar gesprächsbereit, aber noch reserviert. „Unsere Kollegen von der CDU wollen originale Skulpturen auf ein Gebäude setzen, das eine Kopie ist“, sagte der Vorsitzende des Kulturausschusses, Frank Jahnke (SPD). „Und sie tun so, als habe der Krieg mit allen seinen Folgen nicht stattgefunden.“ Auch der SPD-Kulturexpertin Brigitte Lange ist es „zu restaurativ, was die CDU vorhat.“ Sie sagte aber, dass sich die SPD-Fraktion mit dem seit Jahren strittigen Thema bisher nicht befasste – und deshalb auch keine abschließende Meinung dazu hat.

Potsdams Stadtparlament hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) schon im November 2013 beauftragt, mit der SPSG und dem Berliner Senat über eine Rückgabe zu verhandeln. Auch mit Verweis auf eine interne Expertise der Stiftung, in der 2007 empfohlen wurde, die Figuren auf der Humboldt-Uni dem Stadtschloss als Leihgabe zu überlassen und wie andere Originalfragmente „wieder am Bau sichtbar“ zu machen. (mit pee)

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