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Diese drei ukrainischen Hunde leben derzeit im Potsdamer Tierheim. 

© Ottmar Winter PNN

Retter für ukrainische Haustiere: Hilfe für treue Begleiter

Bei der Potsdamer Tierrettung kümmert man sich um die Haustiere geflüchteter Ukrainer.

Von Carsten Holm

Das Leid der vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten ist furchtbar – doch in Potsdam wird auf unbürokratische Weise viel dafür getan, dass sie zumindest nicht von den Haustieren, die sie auf die Flucht mitgenommen haben, getrennt werden: „Es war Behörden wie dem Veterinäramt klar, dass den Frauen und Kindern aus den Kriegsgebieten, die ihre Familienväter und ihr Hab und Gut verlassen mussten, nicht auch noch ihre Hunde und Katzen aus der Hand gerissen werden durften“, sagt Gordon Ebeling, Tierarzt in der Praxis Am Pfingstberg und Vorstandsmitglied der Potsdamer Tierrettung.

Tiere laut Tierarzt meist in wirklich gutem Zustand

Rund 1000 Ukrainerinnen und Ukrainer haben seit Kriegsbeginn am 24. Februar privat eine Bleibe in Potsdam gefunden, weitere 650 wurden in Hotels und Pensionen untergebracht. Ebeling weiß von etwa 30 Hunden und etlichen Katzen, die ihren Frauchen und Herrchen auf die Flucht gefolgt sind. Alle, die er gesehen hat, waren „in einem wirklich guten Zustand“.

Hunde aus der Ukraine müssen zunächst in Quarantäne.
Hunde aus der Ukraine müssen zunächst in Quarantäne.

© Ottmar Winter PNN

Das Problem: „Weil die Ukraine nicht der EU angehört und ein sogenanntes Drittland ist, hätten alle Tiere nach ihrer Ankunft eingesammelt und für 21 Tage unter Quarantäne gestellt werden müssen“, sagte Ebeling den PNN. Die meisten seien zwar gegen Tollwut geimpft gewesen und hätten sogar einen Impfausweis gehabt – und viele Halter hätten trotz der knappen Zeit bei der Vorbereitung der Flucht sogar die entsprechenden Bescheinigungen im Gepäck gehabt. Doch in der EU gelten strenge seuchenrechtliche Bestimmungen – und ohne einen Mikrochip, der sie eindeutig identifiziert, habe „die Impfung hierzulande keine Gültigkeit“.

Auf unbürokratische Regelung geeinigt

Es gibt ein bemerkenswertes Zusammenspiel der Behörden. Die Bundesländer einigten sich auf eine schnelle und ebenfalls unbürokratische Regelung: „Angesichts der schweren Krisensituation“, heißt es in einer Erklärung, sollten die Ämter nicht auf die sonst vorgeschriebenen Chips bestehen, Geflüchtete, die eine Unterkunft haben, sollten ihre Tiere bei den kommunalen Veterinärämtern melden. In Sammelunterkünften sei eine Unterbringung allerdings nicht erlaubt.

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Als die ersten Flüchtlinge mit Haustieren kamen, reagierte das Potsdamer Veterinäramt schnell und schrieb die 20 örtlichen Tierärzte per Mail mit der Bitte an, bei der Überprüfung der Tiere mitzuwirken. „Es wäre zynisch, in einer solchen Krisensituation bei der Einreise so etwas wie einen Chip von Geflüchteten zu verlangen“, sagte Amtstierarzt Guido Schielke den PNN.

Noch kein Tier untersucht, das Tollwut hatte

Der Chefveterinär ließ ein Register für ukrainische Haustiere anlegen, in dem bisher 18 Hunde und eine Katze gelistet sind. Das Wichtigste: „Wir haben kein Tier untersucht, das Tollwut hatte, die in der Ukraine noch beobachtet wird.“ Die mitgebrachten Hunde und Katzen seien offenkundig in Wohnungen gehalten worden, „solche Tiere werden Tierärzten vorgestellt und haben meist einen höheren Gesundheitsstatus als Tiere vom Dorf“.

Hilfe mit dem Tierrettungsmobil - einer mobilen Praxis

Tierarzt Ebeling machte sich, kaum dass Geflüchtete dort untergebracht worden waren, auf den Weg ins Dorint Hotel, ins B&B, ins NH Voltaire und ins Kongress Hotel. Die Frauen aus der Ukraine standen überall mit ihren Hunden und Katzen bereit, in seinem Tierrettungsmobil, einer voll ausgestatteten mobilen Praxis, wurden sie, wenn nötig, geimpft, mit einem reiskorngroßen Chip versehen und erhielten den Heimtierausweis der EU. Kistenweise hatte der Arzt auch Futter in Dosen dabei, einige Tiere sind jetzt Patienten in seiner Praxis. In den Hotels und Pensionen sind die Haustiere erlaubt „wie bei unseren übrigen Gästen auch“, heißt es im B&B-Hotel.

Dramatische Tierrettung aus Tierheim bei Kiew

Eine zeitweise dramatische Rettung aus dem Kriegsgebiet um Kiew ins sichere Potsdamer Tierheim an der Michendorfer Chaussee gelang einem Tierfreund der Stadt mit Helfern. Bei einem Netzwerk zur Tierhilfe in der Ukraine war ein Notruf eingegangen: Aus einem Tierheim müssten Hunde und Katzen in Sicherheit gebracht werden. „Tausende Tiere irren dort umher“, sagte Antje Schwarze, die Potsdamer Tierheimleiterin, den PNN.

Ein Potsdamer brach an einem Donnerstag Ende März auf eigenes Risiko auf, mit einem Kurier war verabredet, dass er Hunde und Katzen um 22 Uhr an einen polnisch-ukrainischen Grenzübergang bringen sollte. Das Team aus Potsdam wartete stundenlang – aber dem Kurier war die Passage nicht erlaubt worden. Die Retter aus dem Potsdamer Tierheim entschieden sich für einen anderen Grenzübergang, erst in der Nacht zum Sonnabend gelang der Coup.

Die drei schwarzen Welpen Anton, Anur und Akta wurden aus der Ukraine gerettet.
Die drei schwarzen Welpen Anton, Anur und Akta wurden aus der Ukraine gerettet.

© Ottmar Winter PNN

Im Tierheim fühlen sich jetzt die drei schwarzen, putzigen Welpen Anton, Anur und Akta sowie die recht erwachsenen Emil und Gerda wohl. Wie alle neuen Tiere, mussten sie für zehn Tage in Quarantäne, der Pilzbefall, den ein Tier erlitten hat, wird bald auskuriert sein. „Wir planen schon die nächste Rettungsfahrt“, sagt Vereinsvorsitzender Günter Hein. Da diese Fahrten privat finanziert werden müssen, bittet er um Spenden.

Konto: TSV Potsdam und Umgebung e.V.; IBAN: DE22160500003501003020; BIC: WELADED1PMB; Mittelbrandenburgische Sparkasse

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