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Restaurierung der Neptungrotte: Das Wunder vom östlichen Lustgarten

Jahrzehntelang verfiel die Neptungrotte im Park Sanssouci. Nach fünfjähriger Restaurierung ist ihre Pracht nun zurückgekehrt. Bezahlt haben private Mäzene wie etwa Günther Jauch.

Von Peer Straube

Potsdam - Den Startschuss gab der Hauptmäzen selbst. „Wasser marsch!“ rief TV-Moderator Günther Jauch, bewaffnet mit einem Plastik-Dreizack, und zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahrzehnten sprudelte das Wasser wieder aus den Füllhörnern der Flussgöttinnen, tröpfelte, märchenhaft vom Sonnenlicht gebrochen, sanft über die wieder blendend weißen, aus Marmor gehauenen Muschelkaskaden – unter den wachsamen Augen des Meeresgottes Neptun, der dem prächtigen Bauwerk seinen Namen gab.

Nach fünf Jahren währender Planung und Restaurierung wurde die Neptungrotte im östlichen Lustgarten des Parks Sanssouci am gestrigen Mittwoch feierlich eingeweiht. 3,5 Millionen Euro hat die Wiederherstellung des völlig heruntergekommenen Bauwerks gekostet. Dass die Sanierung überhaupt in Angriff genommen werden konnte, ist Jauch zu verdanken, der eine Million Euro beisteuerte und gestern auch erzählte, wie es dazu kam. 

Die sanierte Neptungrotte im Park Sanssouci
Die sanierte Neptungrotte im Park Sanssouci

© Andreas Klaer/PNN

Bei Jauch zu Hause erzählte Dorgerloh von der Grotte

Seine Frau und er hatten 2012 den damaligen Chef der Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, nach Hause eingeladen und gefragt, ob er etwas habe, wofür sie spenden könnten. Dorgerloh nannte die Neptungrotte und „als ich die sah, fiel mir als Altbauspezialist auf, dass es hier mit einer fünf- oder sechsstelligen Summe nicht getan ist“. Jauch hat bekanntlich in der Potsdamer Innenstadt mehrere Wohnhäuser saniert. Die Neptungrotte sei ein „wunderbares Bauwerk“, sagte Jauch und dankte ausdrücklich allen Restauratoren und Handwerkern, die „diese großartige Leistung“ vollbracht hätten.

Selbst der sonst nicht zu großen Gefühlsausbrüchen neigende Heinz Berg, Interimschef der Schlösserstiftung, fand überschwängliche Worte. „Was für ein irres Bauwerk, was für eine Pracht offenbart sich hier“, sagte Berg. „Der Gegensatz zu der geschundenen Ruine, die sich hier noch vor wenigen Jahren präsentierte, könnte nicht größer sein.“

Reparaturen in den 60er-Jahren machten alles noch schlimmer

In der Tat. Wohl nur noch sehr alte Potsdamer können sich an eine Zeit erinnern, als die Neptungrotte in einem akzeptablen Zustand war. Die einstige Pracht von Knobelsdorffs letztem Bauwerk, dessen Fertigstellung 1757 er nicht mehr miterlebte, war schon seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach und nach verloren gegangen. Erste Schäden gab es bereits in den 1950er-Jahren, eine Reparatur in den 60er-Jahren machte alles noch schlimmer. Das löcherige Kupferdach wurde damals durch eines aus Bitumenpappe ersetzt, als Folge drang jahrzehntelang Feuchtigkeit ins Mauerwerk. In den 70er-Jahren schlugen Vandalen den Flussgöttinnen Arme und Beine ab, 1998 nahm man schließlich alle Figuren ab und lagerte sie im Depot ein.

Dann kam Jauch. Und dessen Spende lockte Nachahmer an. Der inzwischen verstorbene Druckereibesitzer Gerhard Elsner gab etwas dazu, die Kasseler Mäzenin Gisela Soost vermachte einen Teil ihres Erbes der Stiftung für das Projekt, hinzu kamen weitere Einzelspenden. Nach dem Belvedere auf dem Pfingstberg, dessen Restaurierung 13 Millionen Euro gekostet hat, sei die Neptungrotte das zweitgrößte Vorhaben der Stiftung, das komplett über Spenden finanziert worden sei, erklärte Berg.

Der Carrara-Marmor war zeitweise gar nicht mehr erkennbar

Dirk Dorsemagen, der Projektleiter der Stiftung für die Neptungrotte, gab einen Einblick in die Probleme, die sich bei der Sanierung ergaben. Die Decke des Gewölbes sei einsturzgefährdet, der zweifarbige Marmor – der weiße aus Carrara, der rote aus dem niederschlesischen Kauffung (Wojcieszów) –, kaum noch als solcher erkennbar gewesen. Das Gestein war so bröselig, dass der größte Teil abgebaut werden musste und in Bamberg in einem aufwendigen Verfahren mit Acrylharz getränkt wurde, um es zu stabilisieren. 

Allein im Innern mussten 15 000 Muscheln ersetzt werden. 
Allein im Innern mussten 15 000 Muscheln ersetzt werden. 

© Andreas Klaer/PNN

Zeitweise hätten mehr als zwei Drittel des Bauwerks in verschiedenen Werkstätten Deutschlands zur Restaurierung gelagert, so Dorsemagen. Die Marmorsäulen hatten sich von der Fassade gelöst, weil der Baugrund nachgegeben hatte. Für jede wurde eine neue Gründung gebaut – auf Bohrpfählen, die 13 Meter tief in die Erde reichen. 15 000 der insgesamt 100 000 Muscheln mussten ersetzt werden.

Dass trotzdem alles im Zeit- und Kostenrahmen blieb und die Neptungrotte wieder in solcher Pracht erstrahle, sei ein Wunder, sagte Berg. Dennoch sei die Stiftung mit der Wiederherstellung des östlichen Lustgartens noch nicht fertig. Den ersten Meilenstein habe man 2017 feiern können, als die Gartenanlagen im östlichen Teil wiederhergestellt wurden. Das Geld dafür stammte wie berichtet aus der jährlichen Eine-Million-Euro-Zahlung, mit der sich die Stadt an der Parkpflege beteiligt. Der zweite Meilenstein sei nun die Neptungrotte. Der dritte, noch fehlende sei der westliche Teil des Lustgartens. Der Bereich zwischen Baldachinfontäne und dem Obeliskportal müsse noch wiederhergestellt werden, sagte Berg. Auch das koste Millionen. 

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