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Baurechtlich, so argumentieren Architects for Future, gibt es kein Problem für ein Nebeneinander von Rechenzentrum und Garnisonkirche

© Andreas Klaer

Rechenzentrum in Potsdam: Erhalt laut Gutachter baurechtlich möglich

Architects for Future legen Beschwerde gegen die Darstellung der Stadt Potsdam ein. Oberbürgermeister Schubert weist den Vorwurf zurück, will sich die Argumente aber anschauen. 

Innenstadt - Ein Abriss des Rechenzentrums ist nicht notwendig, weder aus Gründen des Brandschutzes, der Abstandsregeln, noch des Eigentumsrechtes: Zu diesem Ergebnis kommen drei Gutachter, die von Architects for Future Potsdam beauftragt wurden. Die Initiative wirft der Stadt und der Garnisonkirchen-Stiftung vor, den Abriss des Rechenzentrums mit angeblichen Sachzwängen zu begründen, die in Wahrheit nicht zuträfen. „Diese Punkte sind sachlich falsch und wurden bis heute nicht korrigiert“, sagte Frauke Röth von Architects for Future Potsdam und selbst im Rechenzentrum aktiv am Dienstag bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Die Stadt hatte unter anderem mit dem zu geringem Abstand zwischen den Gebäuden argumentiert: Dieser muss laut brandenburgischer Bauordnung mindestens drei Meter betragen, im Falle von Rechenzentrum und Garnisonkirchenturm beträgt er nur 1,70 Meter. Doch es könne Ausnahmen geben, solange der Brandschutz gewährleistet sei: „Von der Regelung kann abgewichen werden, wenn eine atypische Grundstückssituation vorliegt, wie in diesem Fall“, sagte Christoph Conrad, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht von der Berliner Kanzlei Leinemann & Partner. Atypisch heißt, dass zwei Gebäudezuschnitte sich überlagern.

Anpassung an den Bestand

Normalerweise müsse sich in so einem Fall das neue Gebäude – als die Garnisonkirche – dem bereits bestehenden Gebäude anpassen, und nicht umgekehrt. „Hier haben wir den seltenen Fall, dass das neue Gebäude vom alten verlangt, sich anzupassen“, so Conrad. Eine Abweichung von der Abstandsregelung könne die Stadt selbst veranlassen. „Aus planungsrechtlicher und bauordnungsrechtlicher Sicht gibt es keinen zwingenden Grund, Teile des Rechenzentrums abzureißen“, sagt Conrad.

Auch brandschutzrechtlich sei eine Koexistenz unproblematisch: „Beide Gebäude sind brandschutztechnisch ausreichend getrennt“, sagte der Berliner Prüfingenieur für Brandschutz, Helmuth Bachmann. Dies bestätige ein Brandschutznachweis, der 2019 im Auftrag des Sanierungsträgers Potsdam vom Prüfingenieur Wolfang Menzel erbracht wurde. Auf Seiten der Garnisonkirche wurde zuvor eine Brandschutzwand eingebaut. „Aus brandschutzrechtlicher Sicht ist eine dauerhafte Parallelnutzung des Rechenzentrums einerseits und des Garnisonkirchenturms andererseits nach heutiger Rechtslage möglich“, so Bachmann.

Keine Aussicht auf Finanzierung des Kirchenschiffs

Entscheidend ist für Architects for Future zudem, dass die Wiedererrichtung des Kirchenschiffs derzeit nicht geplant sei – der ursprüngliche Grund für den Abriss des Rechenzentrums. „Es gibt weder Aussicht auf eine staatliche noch eine private Finanzierung“, heißt es in der Pressemitteilung. „Daher ist hierfür auch keine Baufreiheit nötig, und die Stiftung Garnisonkirche hat ohne konkretes Bauvorhaben hierfür gemäß Schenkungsvertrag auch keinen Anspruch auf (Teil)-Abriss.“

Eike Roswag-Klinge, Architekturprofessor der Technischen Universität Berlin, wies auf den Kostenfaktor hin: „Ein Teilabriss wäre mit wesentlich höheren Kosten verbunden als ein Kompletterhalt des Gebäudes.“ Durch einen Teilabriss würde der Bestandsschutz entfallen, weshalb für das Rechenzentrum die Anforderungen an einen Neubau gelten würden, mit den entsprechenden Kosten.

Architects for Future haben gegen die Argumente der Stadt Beschwerde bei Potsdams Baubeigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) eingelegt und fordern die Stadt dazu auf, ihre Darstellung zu korrigieren. Erfolge dies nicht innerhalb von drei Monaten, „werden wir eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung einlegen“, sagte Frauke Röth.

Lob von der Linken

Die Linkspartei begrüßte die Stellungnahmen der Gutachter: „Für uns liegt es auf der Hand, dass Erhalt und Sanierung des Rechenzentrums inhaltlich und wirtschaftlich die beste Lösung für Potsdam wäre“, sagte Linken-Fraktionsvorsitzende Stefan Wollenberg. .

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„Wir werden uns die vorgebrachten Argumente anschauen und zu den strittigen Sachverhalten mit der Absenderin in Kontakt treten“, sagte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) auf Nachfrage der PNN. Den Vorwurf einer „einseitig gezielten Beeinflussung der politischen Entscheidungsprozesse“, der von Architecs for Future erhoben wurde, wies er jedoch zurück. Ähnliche Stellungnahmen wie die der Gutachter habe die Stadt selbst im Rahmen ihres 4-Phasen-Prozesses zum Rechenzentrum mit in die Diskussion eingebracht, so Schubert.

Hinweis: In einer früheren Fassung des Textes hatten wir berichtet, Ministerin Schüle habe sich für den Erhalt des Rechenzentrums ausgesprochen. Dies haben wir nach einem Hinweis aus dem Ministerium korrigiert.

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