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Das Potsdamer Stadthaus, Sitz der Stadtverwaltung, in der Friedrich-Ebert-Straße.

© Sebastian Gabsch

Rathaus veröffentlicht Anfragen erst nach Antwort: Stadtpolitik in Potsdam künftig weniger transparent

Zukünftig werden Fragen der Stadtverordneten an die Rathausspitze in Potsdam erst veröffentlicht, wenn es dazu die entsprechende Antwort gibt. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht das kritisch.

Potsdam - Die Potsdamer können das Agieren ihrer gewählten Stadtverordneten ab sofort weniger transparent nachvollziehen als bisher. Anders als im Landtag oder vielen anderen Kommunalparlamenten üblich sollen sogenannte Kleine Anfragen künftig erst im Ratsinformationssystem veröffentlicht werden, wenn Wochen später eine Antwort aus dem Rathaus vorliegt. Das bestätigte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN: Es stehe aber allen Stadtverordneten frei, ihre Anfragen selbst öffentlich zu machen. 

Er sagte auch: „Die Verfahrensweise entspricht der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung, steht in keinster Weise gegen Regelungen der Kommunalverfassung, ist gesetzeskonform und ist zwischen Fraktionen und Verwaltung abgestimmt.“ Mit Kleinen Anfragen greifen Kommunalpolitiker zum Beispiel aktuelle Bürgerbeschwerden auf, die werden nun erst später sichtbar.

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Daher gibt es auch Kritik an dem Vorgehen – unter anderem von dem Stadtverordneten Andreas Menzel (Freie Wähler), der von einer „unangemessenen Informationsunterdrückung“ spricht und den Vorgang öffentlich gemacht hat. Demnach ist das Vorgehen auf ein Treffen der Fraktionsgeschäftsführer und dem Büro der Stadtverordnetenversammlung zurückzuführen. 

So schrieb Büroleiterin Heike Ziegenbein zuletzt in einer internen Mail an die Fraktionen: „Hintergrund ist, dass Themen Kleiner Anfragen vor Ablauf des Bearbeitungszeitraums in den Medien präsent sind und den Stadtverordneten die Möglichkeit nimmt, selbst zu agieren.“ Eine abschließende Entscheidung werde am 2. November getroffen, so Ziegenbein – dennoch wird vorläufig schon so verfahren.

Kritik vom Journalistenverband 

Die Kommunalexpertin von der Transparenzorganisation Transparency International Deutschland, Ulrike Löhr, sagte auf PNN-Anfrage : „Anfrage und Antwort gemeinsam zu veröffentlichen, kann mit Blick auf die Debattenkultur grundsätzlich legitim sein.“ Allerdings dürfe journalistische Arbeit laut Löhr nicht behindert werden. Die Stadt Potsdam ist seit mehreren Jahren Mitglied von Transparency International. 

Hendrik Zörner, Sprecher des Deutsche Journalisten-Verbands.
Hendrik Zörner, Sprecher des Deutsche Journalisten-Verbands.

© promo/ Michael H. Ebner

Die Gefahr, journalistische Arbeit einzuengen, sieht auch der Deutsche Journalisten-Verband. DJV-Sprecher Hendrik Zörner sagte auf Anfrage: „Abgesehen von der rechtlichen Situation riecht das Ganze nach dem Versuch, Medien Informationen vorzuenthalten. Und das ist aus unserer Sicht nicht in Ordnung.“

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