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Aus Friedrichs Zeiten. 80 Apfelbäume lässt Stiftungs-Gartenchef Michael Rohde jetzt unterhalb der Bildergalerie pflanzen. Die Sorte stammt aus dem 18. Jahrhundert.

© Andreas Klaer

Rathaus-Million und die Äpfel Friedrichs II.: Stadt zahlt für Parks um Pflichteintritt zu verhindern

Der Holländische Garten im Park Sanssouci wird wieder aufgebaut – mit Geld der Stadt. Potsdams Millionen sollen auch künftig fließen. Die Zahlung steht allerdings unter Vorbehalt.

Von Peer Straube

Die Stadt Potsdam wird sich wohl weitere fünf Jahre lang an der Pflege des Welterbeparks Sanssouci beteiligen. Der Finanzausschuss stimmte am Mittwochabend mit breiter Mehrheit dem Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zu, auch nach 2018 jährlich eine Million Euro an die Schlösserstiftung zu überweisen. Die Zahlung steht allerdings unter Vorbehalt. Wie berichtet will Jakobs zuvor bei den drei Trägern der Stiftung – dem Bund, Brandenburg und Berlin – darauf drängen, dass diese das Budget der Stiftung so auskömmlich erhöhen, dass davon die bestehenden Pflegedefizite ausgeglichen werden können. Ob der Rathauschef die Stiftungsgeber überzeugen kann ist aber fraglich, zumal sich die Stadt mit ihrer Bereitschaft zur Zahlung selbst eines Druckmittels in den Verhandlungen beraubt hat. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, die Einführung eines Pflichteintritts für den Park Sanssouci zu verhindern.

Sollte Potsdam die Überweisungen an die Stiftung fortsetzen, wird für diesen Zeitraum auch der von der stadteigenen Pro Potsdam bewirtschaftete Volkspark kostenlos sein. Ein entsprechender Antrag der Fraktionen von SPD und CDU/ANW wurde im Finanzausschuss sogar einstimmig beschlossen. Die Fraktionen hatten ihren Vorstoß mit einer Ungleichbehandlung begründet. Der Volkspark, für den pro Besuch 1,50 Euro bezahlt werden muss, sei der einzige eintrittspflichtige Park in Potsdam, hatten die Antragsteller argumentiert. Es sei nicht einzusehen, warum die Potsdamer für einen Erholungspark zahlen sollen, während Millionen von Touristen kostenlos durch Sanssouci spazieren können, hieß es. Ein eintrittsfreier Volkspark würde die Stadt jährlich rund 200 000 Euro kosten.

Das Obst Friedrichs II. im Park Sanssouci

An der Parkpflege von Sanssouci beteiligt sich Potsdam bereits seit 2014 – und noch bis 2018 – mit jährlich einer Million Euro. Der Stiftungsrat der Schlösserstiftung hatte diese Zahlungen seinerzeit zur Bedingung gemacht, andernfalls wäre ein Pflichteintritt in Höhe von zwei Euro für den Park Sanssouci bereits 2014 erhoben worden. Für einen neuen Anlauf zum Parkeintritt müsste der Stiftungsrat indes einen neuen Beschluss fassen. Noch im Herbst will sich das Gremium erneut mit dem Thema beschäftigen.

Was die Stiftung mit den bereits gezahlten städtischen Millionen gemacht hat, ist nun im östlichen Lustgarten des Parks Sanssouci zu besichtigen, vor allem im Holländischen Garten, der unterhalb der Bildergalerie liegt. Dort wurden die aus der Erbauungszeit des Parks unter Friedrich II. angelegten Laubengänge, Wegeführungen und Konturen wiederhergestellt. Zum ersten Mal seit mehr als 150 Jahren ist damit das friderizianische Konzept der Anlage zumindest in seinen Grundzügen wieder erlebbar. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts sei die ursprüngliche, mit Obstbäumen bepflanzte Anlage immer mehr „verlandschaftlicht“ worden, erklärte Stiftungs-Gartendirektor Michael Rohde am gestrigen Donnerstag bei einem Vor-Ort-Termin. Erste Wiederherstellungsversuche gab es zwar bereits in den 20er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts, doch erst jetzt befindet sich die Stiftung auf der Zielgeraden.

Alle Obstsorten stammen aus dem 18. Jahrhundert

Der letzte Baustein dabei ist ein besonderes Schmankerl. Auf den insgesamt 16 Kompartimenten – so nennt man abgegrenzte Pflanzflächen in Barockgärten – des östlichen Lustgartens sollen wie zu Friedrichs Zeiten wieder Obstbäume stehen. Mit dem Einpflanzen der ersten 80 Apfelbäume wurde gestern begonnen. Perspektivisch sollen es knapp 400 werden. Neben Äpfeln und Birnen will die Stiftung auch Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche und Aprikosen pflanzen.

Es ist ein selbst europaweit einmaliges Projekt, denn alle Sorten stammen aus dem 18. Jahrhundert, 280 verschiedene aus der Zeit zwischen 1747 und 1801 wurden bereits ermittelt. Ziel sei es dabei auch, eine Gendatenbank für diese äußerst seltenen Arten aufzubauen, die man auch anderen Landschaftsgärten zur Verfügung stellen wolle, sagte Rohde. Mit den Herrenhäuser Gärten in Hannover sei bereits eine Kooperation vereinbart, auch die Verwaltung von Hampton Court im Südwesten Londons, der als einer der bedeutendsten Barockgärten Englands gilt, habe bereits großes Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet, so Rohde.

Parkeintritt die „klügste Entscheidung"?

Bis alle Bäume gepflanzt sind, können allerdings noch fünf bis zehn Jahre ins Land gehen. Das hänge nicht nur von der Finanzierung der Pflanzen, sondern auch von den Kapazitäten für die Pflege ab. Für eine vollständige Bepflanzung müssen auch zusätzliche Gärtner eingestellt werden. 31 braucht die Stiftung nach eigenen Angaben insgesamt, um das Pflegedefizit komplett zu beheben, dank der städtischen Millionen konnten immerhin zwölf eingestellt werden. Davon hätten auch der Neue Garten und der Park Babelsberg profitiert, sagte Rohde.

Stiftungs-Vizegeneraldirektor Heinz Berg machte gestern noch einmal deutlich, dass eine Fortführung der städtischen Zahlungen für die Parkpflege nicht die von der Stiftung favorisierte Lösung ist. Das sei nur eine „halbherzige Investition“, erklärte Berg mit Blick auf das Gesamtpflegedefizit in Sanssouci, das sich auf jährlich 4,5 Millionen Euro beläuft. „Kulturpolitisch am sinnvollsten“ wäre es, wenn die Stiftungsgeber dafür aufkämen, so Berg. Den Parkeintritt bezeichnete er als „klügste Entscheidung“. Doch egal, woher das Geld letztlich komme: „Wir wünschen uns, dass es weitergeht.“

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