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Landeshauptstadt: Rathaus-Campus für 77 Millionen Euro

Die Stadtverwaltung hat kostspielige Pläne für den Umbau ihres Geländes an der Hegelallee

Jägervorstadt - Ein neuer Plenarsaal, ein Parkhaus oder eine Tiefgarage, umfangreiche Sanierungsarbeiten, aber auch Abrisse: Im Rathaus wird für die nächsten Jahre ein kostspieliger Umbau des Verwaltungscampus hinter der Hegelallee geplant. Dieser könnte rund 77 Millionen Euro kosten, wie aus einem im Auftrag der Bauverwaltung erarbeiteten Konzept hervorgeht, das den PNN vorliegt. Die 81 Seiten umfassenden Pläne, die bis 2029 verwirklicht sein sollen, werden den Stadtverordneten im Dezember vorgelegt.

Anlass für den üppigen Umfang der Planungen seien die „städtebaulichen Missstände“ auf dem Campus. Sollten diese nicht beseitigt werden, dann bestehe die Gefahr, dass „eine der Landeshauptstadt angemessene Verwaltungsfunktion nicht mehr entsprechend ausgeführt werden kann“, heißt es in dem Papier warnend. Im Klartext könnte das Rathaus also Handlungsprobleme bekommen. Bei den zu DDR-Zeiten entstandenen Verwaltungsbauten wie den Häusern 1 und 2 – dort sitzen große Teile der Bau- und Sozialverwaltung – bestehe beispielsweise ein erheblicher Sanierungsbedarf, eine Dämmung ist kaum vorhanden. Für Bürger sei die die Orientierung auf dem Campus schwer, die barrierefreie Nutzung kaum möglich. Weiteres Beispiel: Ein schadstoffbelasteter Bürocontainer, den das Jugendamt jahrelang nutzen musste, steht schon seit Jahren leer auf dem Gelände. Zudem müsse man davon ausgehen, dass die Verwaltung in den kommenden Jahren wie die Stadt deutlich wachse: Derzeit sind auf dem Campus 1500 Mitarbeiter beschäftigt, deren Zahl soll sich um 300 erhöhen. Auch dafür seien weitere Büroflächen und Parkplätze nötig, heißt es in dem Papier, das die für die Stadt schon mehrfach tätige Complan Kommunalberatung mit Sitz am Voltaireweg verfasst hat.

Zur Lösung all der Probleme werden zwei Varianten vorgeschlagen, die teurere kostet 77,25, die billigere 73,73 Millionen Euro. Beide sehen den Abriss von einzelnen kleineren Gebäuden wie dem Haus 20 (siehe Grafik) vor. Geplant ist auch ein Büroneubau, der zwischen den Häusern 1 und 2 für 15 bis 18 Millionen Euro entstehen soll – sowie langfristig ein weiteres Parkhaus oder eine Tiefgarage für sieben oder acht Millionen Euro. Das bestehende Parkhaus für das nahe Karstadt-Warenhaus soll stehen bleiben. Mehr als 800 000 Euro soll zudem die Gestaltung der Freiflächen auf dem Campus kosten.

Auch ein repräsentativer Veranstaltungs- und Plenarsaal im großen Innenhof des Stadthauses für bis zu 190 Besucher soll bis 2024 entstehen – für 7,5 Millionen Euro. Der bisherige Sitzungssaal der Stadtverordneten im Rathaus gilt als zu klein und ist unzureichend ausgestattet, kann wegen Denkmalschutzauflagen aber auch nicht erweitert werden. Als die Planspiele für einen neuen Plenarsaal Anfang 2016 bekannt wurden, war noch von fünf Millionen Euro die Rede gewesen. Allein ein Architekturwettbewerb für den Bau soll 40 000 Euro kosten.

Den Löwenanteil der Kosten verursacht mit rund 42 Millionen Euro die nötige Modernisierung der restlichen Verwaltungsgebäude. Dabei schlägt das denkmalgeschützte Rathaus selbst mit 17 Millionen Euro zu Buche, bis 2020 soll das Geld ausgegeben werden. Für das Haus 1 werden Kosten von 9,5 Millionen Euro angenommen – etwa für die „energetische und brandschutztechnische Sanierung“. Auch die Heizung und Lüftung müsse umgebaut werden. Erwogen wird auch, die oberen vier Etagen des Gebäudes abzureißen und den Achtgeschosser damit in der Höhe zu halbieren. Solche „ langgestreckten Montagebauten“ würden die ansonsten vorhandene Homogenität der städtebaulichen Struktur vor Ort zerstören, heißt es in dem Konzept zur Begründung. Sie „wirken aufgrund ihrer Länge und Gleichmäßigkeit, der großen Traufhöhe und der dunklen Farbtöne als stadtgestalterische Missstände“. Auch für das ähnlich gestaltete Haus 2 an der Jägerallee wird bis 2024 ein teilweiser Rückbau erwogen. Für den Eingangsbereich des Campus an der Hegelallee  – das Haus 7 – empfiehlt die kommunale Denkmalschutzbehörde im Rathaus gar den vollständigen Abriss, wie es in einer Stellungnahme zu dem Konzept heißt: Dieses Gebäude sei ein „großer städtebaulicher Fehler“ gewesen, gerade mit Blick auf das damit verbaute Amtsgericht in der Hegelallee. Jetzt bestehe die Chance, die Gebäudestruktur neu zu ordnen, so die Denkmalschützer. Ein Abriss werde geprüft, heißt es dazu im Konzept. Eine Sanierung des Hauses 7 würde drei Millionen Euro kosten.

Für weitere Abrisse werden 1,2 Millionen Euro benötigt. Dabei geht es um besagten leeren Bürocontainer, ein Heizhaus, eine Trafostation und mehrere Garagen. Auch die erst 2015 neu errichtete Suppenküche der Volkssolidarität neben dem Rathaus muss um ihren Platz bangen. Denn solche provisorisch anmutenden Bauten beeinträchtigen das „Erscheinungsbild“ des Geländes und führten zu einer „fehlenden städtebaulichen Ordnung und Orientierung“ innerhalb des Gebietes, heißt es im Papier. Allerdings hat sich unter anderem der Kommunale Immobilienservice (Kis) verwaltungsintern für die Suppenküche stark gemacht. Das sei öffentlich nur „schwer vermittelbar“, hieß es in einer Kis-Stellungnahme.

Ohnehin sind die Pläne nicht in Stein gemeißelt – zumal die Finanzierung relativ offen ist. Nutzen wolle man neben eigenen Mitteln vor allem Gelder des Bundes und des Landes Brandenburg im Rahmen der Städtebauförderung. Dafür solle für das Gebiet „Jägervorstadt-Ost“ eine sogenannte Erhaltungssatzung erlassen werden. Zudem sind alle Maßnahmen vom Votum der Stadtverordneten abhängig.

Pläne hat die Stadt sogar über das Verwaltungsgelände hinaus – für Gebäude, die ihr gar nicht gehören, wie die Villa Heydert neben dem Stadthaus. Dieses sanierungsbedürftige Gebäude im Eigentum der Schlösserstiftung stehe teilweise leer. Vom Eigentümer sei aktuell keine Sanierung vorgesehen – daher wolle die Verwaltung das Haus samt dem Gartengrundstück erwerben und selbst modernisieren. Es sei eine „Nutzung für soziale Infrastruktur“ vorgesehen, das kann zum Beispiel eine Kita oder ein Bürgertreff sein. Dafür werden schon im kommenden Jahr 850 000 Euro eingeplant.

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