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In der Silvesternacht gingen Fensterscheiben zu Bruch.

© Manfred Thomas

Randale in der Stadt: Linksautonome drohen indirekt mit neuen Aktionen

Die Potsdamer Antifa hat sich zur Randale an Silvester bekannt. Die Polizei geht von politischem Hintergrund aus, jetzt ermittelt der Staatsschutz.

Potsdam könnten nach der Randale am Silvestertag in der Innenstadt weitere Aktionen von Linksautonomen bevorstehen. Das geht aus einer Stellungnahme der Potsdamer Antifa vom gestrigen Donnerstag hervor. Wörtlich heißt es darin: „Solange der Wohnungsmarkt in Potsdam und die Lage rund um die linken Projekte angespannt bleibt, wird auch die Situation auf der Straße angespannt bleiben.“ Die Solidarität gelte denen, die der desolaten Mietpolitik der Stadt sowie „direkten Angriffen auf linke Kultur- und Wohnprojekte“ offensiv entgegentreten, schreiben die Linksautonomen weiter.

Wie berichtet hatte sich am Silvestertag gegen 18.30 Uhr in der Zeppelinstraße eine Demonstration formiert und war Richtung Innenstadt gezogen. Nach Angaben der Antifa beteiligten sich 70 autonome Jugendliche. Auf dem Weg Richtung Brandenburger Straße wurden Fassaden mit dem Schriftzug „Archiv bleibt“ beschmiert. In der Brandenburger Straße warfen Personen aus der Gruppe mit Pflastersteinen die Schaufenster des Geschäfts der „Königlichen Porzellanmanufaktur“ sowie des „Wittstock“-Schuhgeschäftes ein. Auch ein abgestellter Funkstreifenwagen der Polizei wurde beschädigt. Insgesamt waren 35 Polizisten im Einsatz. Zehn Personen im Alter von 17 bis 30 Jahren aus Potsdam und Nuthetal wurden <NO1>von den Beamten <NO>vorübergehend in Gewahrsam genommen. Alle wurden noch am selben Tag freigelassen. In der Antifa-Stellungnahme heißt es zur Randale: „Es wurde Pyrotechnik gezündet, Geschäfte sowie ein Polizeiauto entglast und Parolen auf Wände gesprüht und Sprechchöre (u.a. „Miete verweigern, Kündigung ins Klo – Häuser besetzen sowieso“) gerufen.“

Der Gewaltausbruch rief Kritik der Stadtverwaltung hervor: „Wir hoffen sehr und gehen auch davon aus, dass die Ausschreitung am Silvestertag ein einmaliger Vorfall war“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz. Gewalttätige Aktionen seien niemals in irgendeiner Weise gerechtfertigt. Weil bei der Demonstration auch Transparente mit dem Antifa-Schriftzug getragen wurden, geht die Polizei von einem politischen Hintergrund aus. Bereits am Mittwoch hat deshalb der Staatsschutz die Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs übernommen. Nach Angaben der Polizei konnten am Tatort umfangreiche Spuren gesichert werden.

Nach dem aktuellen Verfassungsschutzbericht gibt es im Land Brandenburg etwa 250 Linksautonome. Nach PNN-Informationen sollen gut 150 davon in Potsdam aktiv sein. Das linksextreme Potenzial insgesamt schätzte der Verfassungsschutz vor Jahresfrist noch höher ein: Er rechnete mit 2500 Menschen in Potsdam, die mit linksextremen Bestrebungen sympathisieren, sie unterstützen oder zur autonomen Szene gehören. Der Bericht der Behörde für das abgelaufene Jahr liegt allerdings noch nicht vor. Er soll im Frühjahr erscheinen.

Die letzte größere Aktion der Szene liegt schon mehr als ein Jahr zurück. Im Dezember 2011 war in der Stiftstraße in Potsdam-West ein leer stehendes Haus besetzt worden. Nach Angaben des Verfassungsschutzes waren daran Bewohner zweier Wohnprojekte in der Zeppelinstraße und des geduldeten Szeneobjekts „La Datscha“ an der Humboldtbrücke beteiligt. Später hatte eine Spontandemonstration gegen die Räumung des Hauses zu einem umstrittenen Polizeieinsatz geführt.

Generell gingen die Verfassungsschützer im vergangenen Jahr von einer Entspannung in der linksautonomen Szene aus: Die Eröffnung des alternativen Jugendzentrums „Freiland“ habe dazu geführt, dass das Thema „selbstverwaltete Freiräume als typisches Aktionsfeld Linksautonomer“ an Bedeutung verloren habe. Die Schließung des Kulturzentrums „Archiv“ zum Jahresende scheint die Szene nun wieder zu mobilisieren.

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