zum Hauptinhalt
Radfahrer sollen sicherer durch die Stadt kommen, ist eine der Forderungen der Rad-Aktionswoche.

© Sebastian Gabsch PNN

Radverkehr in Potsdam: Unfallfrei durch die Stadt auf zwei Rädern

Auf Potsdams Straßen verletzt sich täglich mindestens ein Radfahrer. Eine Fahrrad-Aktionswoche setzt sich für größere Sicherheit auf Radwegen ein.

Von

Potsdam - Wie fahrradfreundlich ist Potsdam? Wie gefährlich ist es für Radfahrer auf Potsdams Straßen? Die Fragen spalten die Potsdamer Politik und Pedaleure. Während die Stadtverwaltung erklärt, dass man „bereits seit Jahrzehnten eine aktive Radverkehrsförderung“ betreibe, kritisiert die Initiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“, dass die Radweginfrastruktur in Potsdam an ihre Grenzen gelangt. Ins Leben gerufen wurde die Initiative unter anderem vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) Brandenburg und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Brandenburg. Sie fordert mit einer am Dienstag gestarteten Fahrrad-Aktionswoche sichere und attraktivere Radwege überall in Brandenburg. 

270 verletzte Radfahrer seit Jahresbeginn

Die Unfallzahlen begründen das Anliegen der Initiative. Statistisch gibt es täglich mehr als einen Verkehrsunfall, bei dem Radfahrer verletzt wurden, 270 Unfälle mit verletzten Radlern zählte die Potsdamer Polizei seit Jahresanfang, im Vorjahr waren es insgesamt 416 verletzte Radfahrer, teilte Polizei-Pressesprecherin Juliane Mutschischk mit. Und auch Todesopfer unter Radfahrern gab es. Im Dezember 2019 starb eine Radlerin an ihren schweren Verletzungen, nachdem sie mit einer Straßenbahn kollidierte. In diesem Jahr verunglückte ein Radfahrer in Babelsberg bei einem Unfall mit einem Lkw.


Die Sicherheit von Radfahrern, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und Familien auf Rädern steht deshalb im Mittelpunkt einer Fahrraddemonstration am Samstag. Bei dem sogenannten „Kidical Mass“ gehe es darum, dass sich auch Kinder sicher und selbstständig mit dem Fahrrad in Städten bewegen können, heißt es im Aufruf für die Raddemo. In mehr als 90 Städten europaweit gibt es Aktionen, auch in Potsdam. Doch wie steht es um die Radweginfrastruktur in der Landeshauptstadt? Die PNN haben sich umgehört:

Warum steht im Moment der Fahrradverkehr wieder so stark im Fokus?

Jan Kuppert, der Sprecher der VCD Ortsgruppe Potsdam, sagt, dass die Corona- Pandemie in den vergangenen Monaten zu einer deutlichen Zunahme des Radverkehrs geführt habe. „Die erfreuliche Zunahme des Radverkehrs verdeutlicht auch, dass die Fahrradinfrastruktur in Potsdam an vielen Stellen an ihre Grenzen kommt.“ Es sind immer mehr Räder mit unterschiedlichen Maßen und Geschwindigkeiten in der Stadt unterwegs. Vor allem Lastenräder hätten in Potsdam deutlich zugenommen. Ein Überholen auf engen Radwegen werde dadurch schwieriger, so Kuppert. „Die ‚Flotte Potsdam' verleiht kostenlose Lastenräder, gleichzeitig besitzen immer mehr Potsdamer selbst Lastenräder", so Kuppert. Das mache sich nun auch auf den Radwegen bemerkbar

Wie hat sich die Corona-Krise auf die Verkehrspolitik in Potsdam ausgewirkt?
Aus Sicht des Potsdamer VCD-Vertreters Kuppert hat Potsdam in der Vergangenheit „schon viel für den Radverkehr getan“. Dies habe sich in der Coronakrise bezahlt gemacht. Kuppert begrüßt, dass Potsdam die Zeit genutzt habe, um in Ruhe weiter zu planen. Dabei wurde auch ein VCD-Vorschlag aufgegriffen, um in den nächsten Monaten am Horstweg die Radwegesituation zu verbessern. Allerdings sind dies nur kleine Schritte, große Sprünge wie Radschnellwege sind in Potsdam nicht in Sicht.

Wo genau gibt es Probleme in Potsdam?
Der Potsdamer VCD-Vertreter kritisiert, „dass Flächen eher für den ruhenden Autoverkehr vorgehalten werden, als sie dem Verkehr des Umweltverbundes zur Verfügung zu stellen“. Ein Beispiel sei die Stahnsdorfer Straße, in der parkende Autos Bus und Rad behindern. Die Stadt verweist auf die Prüfung einer Fahrradstraße für den Abschnitt der Stahnsdorfer Straße zwischen Paul- Neumann- und August-Bebel-Straße.

Auch rund um die Eisenhart-Schule an der Kurfürstenstraße sei die Situation nicht zufriedenstellend, so VCD-Vertreter Kuppert. „Der Radweg auf der einen Seite vor der Schule ist sehr eng. Gleichzeitig befindet sich der Radweg in der entgegengesetzten Richtung auf der Straße und ist oft von Autos blockiert, die daneben parken.“ Die Schüler würden deshalb nur auf dem sicheren schmalen Radweg fahren, dort aber in beiden Richtungen. 

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.] 

Die Stadt hat die Gefahrenlage an der Eisenhart-Schule erkannt, schiebt die Verantwortung allerdings auch auf die Radfahrer selbst: „Die aktuellen Konflikte entstehen meist durch das Fehlverhalten der Radfahrenden, die zur Schule den schmalen Radweg in der falschen Richtung nutzen. Hier sehen auch wir Handlungsbedarf hinsichtlich Sensibilisierung der Schüler, um sich und andere nicht zu gefährden“, heißt es von Stadtsprecherin Christine Homann. 

Kritik übt VCD-Sprecher Kuppert an der noch immer nicht gebauten Rad- und Fußwegebrücke nach Werder. „Eine zweite Ausschreibung blieb erfolglos, weil angeblich die Baukosten massiv gestiegen seien, so der Potsdamer VCD. „Hier wäre jetzt auch das Land gefragt, um benötigte Gelder für die Verkehrswende zu Verfügung zu stellen“, fordert Kuppert.

Was fordert die Initiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt!“?
Eine Kernforderung ist es, die Radwege attraktiver zu machen. Auch für Radschnellwege und bessere Möglichkeiten, Fahrräder in Bussen mitzunehmen, setzt sich die Volksinitiative ein. „Gerade für Kinder und Jugendliche ist das Fahrrad das beste Verkehrsmittel, um selbstständig unterwegs zu sein. Und unsere Städte würden auch ruhiger und lebendiger, wenn mehr Menschen vom Auto auf das Fahrrad umsteigen“, so Venice Kurz von der Bund-Jugend Brandenburg. 

Der Potsdamer VCD-Sprecher Kuppert hält es darüber hinaus für sinnvoll, Radwege auf der Straße breiter zu machen oder sie durch Poller besser zu schützen. Der Einsatz von Pollern zur Abgrenzung ist allerdings im Land Brandenburg derzeit nicht zulässig, heißt es aus dem Rathaus. Die sogenannten „protected bike lanes“ gibt es aber in Berlin. Dort würden sie ortsabhängig an übersichtlichen Stellen genutzt, denn es bestehe Unfallgefahr, sollte die Protektion übersehen werden, so Stadtsprecherin Christine Homann.

Was wurde vonseiten der Stadt bereits für einen besseren Radverkehr getan?
Die Stadt verweist auf verschiedene Baumaßnahmen im Rahmen der Radverkehrsmaßnahmen, die abgeschlossen wurden: So wurden unter anderem auf der Wetzlarer Straße ein Radweg angelegt, die Kreuzung Breite Straße/ Zeppelinstraße für Radfahrer optimiert und auf der Nebenfahrbahn der Heinrich-Mann-Allee eine Fahrradstraße eingerichtet. Wie berichtet, will die Stadt den Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege in Potsdam auf 27 Prozent erhöhen.

Termine der Fahrrad-Aktionswoche

Am heutigen Freitag findet von 14 bis 18 Uhr in der Potsdamer Innenstadt der sogenannte Parking-Day statt. Er ist eine jährliche weltweite Aktion, bei der ein abgegrenzter Parkplatz in einen öffentlichen Park verwandelt wird, beispielsweise mit einer Parkbank, Pflanzen oder einem kleinen Straßencafé. Das Ziel: zeigen, wie Verkehrsflächen anders genutzt werden könnten. Die genauen Standorte in Potsdam werden noch bekannt gegeben.

Am Samstag startet die Potsdamer Demo zum Aktionstag „Kidical-Mass“ am Rathaus um 14 Uhr. In Stahnsdorf treffen sich die Beteiligten bereits um 11 Uhr auf dem Dorfplatz.

Vertreten ist die Initiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt! Auch beim Umweltfest im Volkspark Potsdam am Sonntag. Zwischen 10 und 18 Uhr gibt es neben einem Infostand auch ein Kinderrätsel. Am gleichen Tag findet im Rahmen des 21. Fahrradsonntags von 11 bis 14 Uhr um den Schwielowsee eine Fahrradtour statt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false