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Die Pucks müssen in die Garage. Beim Flutschbrettspiel ist Geschicklichkeit gefragt. Im Café 11-line treffen sich Fans regelmäßig zum Turnier – auch Neuanfänger sind willkommen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Quatschen und Flutschen

Im Café 11-line wird regelmäßig Jakkolo gespielt – das Brettspiel kommt ursprünglich aus Holland

Das Klackern hört man schon die Straße hinunter. Kurz nach sieben Uhr abends geht es los, dann flitzen die ersten Pucks über die langen Holzbretter. Es ist Flutschbrettabend im Café 11-line in der Charlottenstraße, alle sechs Wochen etwa treffen sich dort Anhänger dieses ungewöhnlichen Brettspiels. Der letzte Abend war das zehnte Treffen – ein kleines Jubiläum.

Flutschbrett ist der deutsche Begriff, unter welchem das holländische Brettspiel gemeinhin bekannt ist. Sjoelbak heißt es bei den Niederländern, Jakkolo wird es offiziell genannt aber Flutschbrett klingt einfach besser. Denn darum geht es: Die kleinen Pucks, insgesamt 40 Holzscheiben mit einem Durchmesser von jeweils fünf Zentimetern, möglichst geschickt über ein zwei Meter langes, glattes Holzbrett flutschen zu lassen, sodass sie in eines der vier Tore am Ende einfahren. Je mehr Scheiben und vor allem je gleichmäßiger sich diese in der sogenannten „Garage“ sortieren, desto höher die Punkteausbeute für den Spieler.

Philipp Stadler, der bei den Potsdamer Diskgolfern Hyzernauts normalerweise mit größeren Scheiben zu tun hat, entdeckte das Spiel in einer Berliner Kneipe, wie er erzählt. Als er dann ein solches Brett zufällig im Potsdamer Café 11-line fand, begründete er die Spieltradition vor Ort. „Und dann sind wir alle ganz schnell süchtig geworden“, sagt er grinsend. Fünf Bretter, mitgebracht von einigen Spielern, werden dort an diesen Spielemontagen aufgebaut, über lange Kneipentische gelegt. Dann ist der Raum voll. Bis zu 20 Flutsch-Begeisterte kommen an solchen Abenden vorbei – eine Anmeldung ist nicht nötig – und spielen in lockerer Runde ein Turnier. Punktesieger und Einzelsieger werden honoriert, bester Mann und beste Frau sowie Sieger der Herzen, sagt Peter Degener, der Turnierleiter.

148 Punkte wären maximal möglich, Heike Hendl hat es im ersten Durchlauf auf 82, im zweiten auf 57 gebracht. „Wenn ich über 80 schaffe, bin ich zufrieden“, sagt sie. Jeweils zwei Spiele pro Tisch gibt es zu absolvieren. Weil die Bretter unterschiedlich sind – das eine glatter und schneller, das andere rauer. Bei Bedarf wird nachgeholfen und Kartoffelstärkemehl draufgestreut – als Gleitmittel.

Heike und Stephan Hendl sind zum ersten Mal dabei. Zu Hause haben sie zwar ein Brett, aber sie wollten mal in Gesellschaft spielen, wie sie erzählen. Und aus der Presse haben sie erfahren, dass einer aus der 11-line-Truppe es kürzlich sogar für Berlin-Brandenburg in die deutsche Flutschbrettmannschaft geschafft hat. Wilfried Naber, der am 6. September beim jährlichen Länderspiel gegen die Holländer spielte, ist an diesem Tag allerdings nicht im Café.

So ist das, mal kommen neue, mal alte Hasen, sagt Stadler. Und immer komme man schnell miteinander ins Gespräch. Spiel und Turniermodalitäten müssen erklärt werden. Die sind eher simpel: Ist ein Brett frei, kann man es spielen. Wer Glück hat, bekommt einen Helfer dazu. Der macht den Service am Kopfende, sortiert und zählt die eingeflutschten Scheiben, schießt die glücklosen für eine neue Runde zurück an den Start.

Ein sehr alter Herr kommt plötzlich dazu und schaut den Spielern über die Schulter. Er habe Jakkolo in den 50er-Jahren in Rumänien kennengelernt und sich dann in der DDR ein Brett selbst gebaut. „Wir haben mit Dominosteinen gespielt“, erzählt er. Auch das Board von Ehepaar Hendl ist Marke Eigenbau – Schüler der Holz-AG der Freien Schule am Zernsee stellten so etwas her, sagt Heike Hendl. „Übers Internet gibts das natürlich auch – das war uns aber zu teuer“, sagt sie.

Mittlerweile ist sie beim dritten Brett angekommen, macht ein paar Lockerungsübungen und entscheidet sich dann, im Sitzen zu spielen. Das sei besser für den Rücken und funktioniere ebenso gut. Das sei überhaupt das Schöne am Flutschbrettspiel, schwärmt sie: „Alle Altersgruppen können das spielen, auch die Oma im Sessel oder Rollstuhl – kein Problem.“ Ihr Mann sammelt derweil an einem anderen Brett Punkte. Jeder Spieler legt dabei seine eigene Technik an den Tisch, zackig oder bedächtig, den Schwung von oben, aus der Schulter oder von vorn. Als an einem Brett etwas nicht stimmt, legt Peter Degener eine Wasserwaage an, um es zu justieren.

Etwa drei Stunden dauert das Turnier, irgendwann nimmt man das Klackern nicht mehr wahr, und quatschen kann man schließlich in den Spielpausen, draußen vor dem Haus. Ehrgeiz und Sportsgeist treffen dabei auf Geselligkeit und Entspannung – solange das Bier nicht auf dem Brett abgestellt wird.

Nächstes Turnier am 24. November, 19 Uhr, im Café 11-line, Charlottenstraße 119.

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