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Potsdam: Besucher des Planetariums in Potsdam verfolgen die Live-Übertragung des Raketenstarts von Alexander Gerst ins All.

© Ralf Hirschberger/dpa

Public Viewing in Potsdam und Cottbus: Bis zum Mond ist es noch weit

Im Potsdamer Planetarium sind 230 Besucher live dabei, als Alexander Gerst ins All startet.

Potsdam - Das Donnern in der kasachischen Steppe scheint fast spürbar, als die Triebwerke der Sojus MS-09 gezündet werden. In angespannter Stille lauschen die Zuschauer dem Countdown, bei drei, zwei, eins sprechen viele mit. Als die Rakete dann, pünktlich um 13.12 am Mittwochmittag, senkrecht ins All startet, ertönen Jubel und begeisterter Beifall im Saal des Potsdamer Urania-Planetariums.

Rund 230 interessierte Potsdamer sind in die Gutenbergstraße gekommen, um den Start der Astronauten Alexander Gerst, Sergej Prokopjew und Serena Auñón-Chancellor im Planetarium gemeinsam live mitzuerleben. Zu den Besuchern gehörten eine achte Klasse der „Carl- von-Ossietzky“-Oberschule in Werder (Havel) und Schüler der Montessori- Schule in Potsdam. Die Schüler haben sich engagiert auf diesen Tag vorbereitet: Sie haben beim „Projekt 4D“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mitgemacht. Das DLR hatte dabei Schüler bundesweit aufgerufen, Wünsche und Vorstellungen für die Zukunft einzusenden. Diese hat Alexander Gerst in einer Zeitkapsel nun mit ins All genommen. Geöffnet werden soll die Kapsel in 50 Jahren, im Jahr 2068. Auch die 14-jährige Jasmin aus Werder hat einen Wunsch aufgeschrieben: „Mehr Krankenhäuser!“

„Dass man so weit fliegen kann!“

Bis zum entscheidenden Moment um 13.12 Uhr, als die Sojus MS-09 sich in die Luft erhebt, müssen die Schüler allerdings etwas Geduld haben. Auf der Leinwand wird übertragen, wie die Astronauten ihre Raumanzüge testen lassen, im Planetarium werden derweil physikalische Experimente durchgeführt, die den Rückstoß der Rakete veranschaulichen sollen: Mit Luftballon, Schnur und Strohhalm demonstrieren die Schüler der Montessori-Schule den Start der 300 Tonnen schweren Sojus MS-09. In der Kuppel des Planetariums wird eine dreidimensionale Simulation der Internationalen Raumstation ISS gezeigt. Dazu beantwortet Planetariumsleiter Simon Plate Fragen. Um die Größenverhältnisse zu veranschaulichen, stellt er einen Globus in die Mitte des Raums. Nur einen Zentimeter darüber findet sich das Modell der Raumstation. Der Mond allerdings muss, um die tatsächliche Entfernung in Relation zu setzen, einige Meter entfernt vom Globus gehalten werden. Da erscheint die Entfernung, in der die Astronauten in der ISS um die Erde fliegen, auf einmal nicht mehr so groß. Kaum vorstellbar finden es die Schüler dennoch, dass die Raumstation 400 Meter über der Erde schwebt. „Dass man so weit fliegen kann!“, sagt die zehnjährige Olga aus Potsdam und staunt.

Ihre Mitschülerin, die zehnjährige Leonie, fragt sich, wie es sich anfühlt, die Erde für ein halbes Jahr zu verlassen – und das „nur mit zwei anderen Menschen“. Und was für ein Gefühl es ist, „die Erde von oben zu sehen“? Malte würde für diese Aussicht sogar selbst in den Weltraum fliegen. „Aber dafür braucht man viel Mut“, findet der Zehnjährige. Andere Schüler fasziniert vor allem der technische Aspekt: Der 14-jährige John aus Werder würde nicht unbedingt in den Weltraum fliegen – „aber mit an der Technik forschen, das finde ich sehr interessant“. Sein Klassenkamerad Justin stimmt da zu – auch er will sich gern eines Tages an der Raumfahrt-Forschung beteiligen. Denn „wenn wir das nicht tun, tut es jemand anderes“, sagt der Schüler.

Lieber Astronom als Astronaut

Ein engagierter Forscher ist offenkundig der neunjährige Falk aus Potsdam. Er erzählt, dass er schon ein eigenes „Buch“ verfasst habe – auf 15 Seiten habe er über den Urknall, schwarze Löcher und die Quantenphysik geschrieben. Sein Berufswunsch: Astronom. Aber nicht Astronaut, denn „selbst mitfliegen würde ich nicht!“, ist sich der Neunjährige sicher.

Im Saal des Planetariums ist es um kurz vor 13 Uhr wieder voll. Aus dem russischen Weltraumbahnhof Baikonur werden die letzten Vorbereitungen für den Start der Sojus MS-09 auf die Leinwand ins Planetarium übertragen. Mit einem Aufzug werden Alexander Gerst und seine Kollegen langsam zur Spitze der Rakete gebracht. Nur vier Kubikmeter groß ist die Kapsel, in der die drei Astronauten ihre Reise antreten. Während sich Gerst, durch den schweren Raumanzug kaum merklich, zu den Songs seiner Musikauswahl für den Start bewegt, werden die letzten technischen Maßnahmen getroffen.

Konzentriert beobachten die Zuschauer in Potsdam, wie sich der erste, dann der zweite Serviceturm von der Kapsel löst. Zehn Sekunden nach der Zündung ist es soweit: Die Sojus fliegt! Und im Planetarium jubeln und klatschen die Schüler ausgelassen – und wohl auch erleichtert.

Mira Nagel

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