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Justizzentrum Potsdam in der Jägerallee.

© Andreas Klaer

Prozess um Potsdamer Raubüberfall: Was weiß Gina F. über den Raub von Golm?

Im Prozess um den schweren Raubüberfall in Golm verdächtigt nun der Hauptangeklagte Stefan P. seine Freundin, ihm 30.000 Euro gestohlen zu haben.

Von Carsten Holm

Potsdam - Seit Anfang Januar stehen drei Angeklagte wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes vor dem Landgericht, und bisher schien die Sachlage im Groben recht eindeutig: Der 36 Jahre alte Hauptangeklagte Stefan P. und zwei Mittäter, seine 29-jährige Freundin Gina F. und der 28 Jahre alte Steven L. hatten in den Kernpunkten gestanden, am 1. August vergangenen Jahres eine vierköpfige Kifferrunde in Golm maskiert überfallen zu haben. Sie schlugen auf die jungen Männer ein, fesselten drei von ihnen mit Kabelbindern und traktierten einen mit einem Elektroschocker, den Gina F. im Tatgepäck hatte. Der Grund: Sie waren davon überzeugt, dass einer der Kiffer, der 18-jährige Verkäufer Hugo R., dem Hauptangeklagten 30.000 Euro aus dessen Wohnung gestohlen hatte – was R. an dem Abend und vor Gericht energisch bestritten hatte.

Fall nimmt überraschende Wende

Als Ingolf Piezka, Chefarzt der Forensischen Psychiatrie der Asklepios-Klinik in Brandenburg an der Havel, am Montag aber sein Gutachten über Stefan P. vortrug, bekam der Fall eine überraschende Wende. Als Sachverständiger sollte er der 2. Großen Strafkammer berichten, ob der Kraftfahrzeugmeister schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sei, an zwei Tagen hatte er ihn dafür in der Untersuchungshaft besucht.

Psychiater Piezka gelang es, bislang Verborgenes aus dem Seelenleben des Angeklagten hervorzulocken. So habe ihm P. offenbart, dass er seine Freundin Gina F., die er vor drei Jahren kennengelernt hatte, verdächtigte, das Geld aus seiner Wohnung entwendet zu haben. Zwar habe sie keinen Schlüssel zur Wohnung gehabt, sich aber, während er davor eine Viertelstunde in seinem Auto auf sie wartete, dort aufgehalten. Als er den Verlust des Betrags später bemerkte, habe P., so Piezka, „gedacht, dass F. sich einen Joke erlaubt hatte”. Er habe zwei bis drei Monate Ruhe gehalten, „er ist davon ausgegangen, dass er das Geld zurückbekommen wird”.

Er wollte die Beziehung nicht gefährden

P. habe auch berichtet, dass Gina F. mehrfach Mahnschreiben mit Zahlungsforderungen erhalten habe. „Als das Geld verschwunden war, blieben die Mahnschreiben aus”, gab der Forensiker wieder, was P. ihm erzählt habe. Zudem sei er „nicht davon überzeugt gewesen”, dass der Verkäufer R. ihm das Geld gestohlen” habe. Gina F. allerdings habe „immer wieder betont”, dass R. der Täter sein müsse.

Den Konflikt mit seiner Freundin habe P. „nicht auflösen können”. Er habe nicht angesprochen, was zwischen ihnen stand, um die Beziehung nicht zu gefährden: Er wollte in dem Schein leben, Gina F. und ihr Freund hatten sich vor den Beschränkungen der Corona-Zeit zu Beginn der Verhandlungen stets lange und innig umarmt, sich verliebt zugelächelt. Als der Sachverständige Piezka am Montag vortrug, was P. ihm über seinen Verdacht gegen seine Freundin anvertraut hatte, versteinerte sich ihr Gesicht, mehrfach schüttelte sie ihren Kopf um zu zeigen, dass sie nicht einverstanden war mit dem, was sie hören musste. Als der Beisitzende Richter Gregor Schliepe Piezka fragte, welchen Wahrheitsgehalt er den Äußerungen des Angeklagten beimesse, antwortete er: „Da gibt’s keinen Test für. Aber ich hatte schon den Eindruck, dass das authentisch ist”, so der Gutachter. Die Frage ist also, was die Angeklagte Gina F. über den Raub von Golm weiß.

Jahrelanger Drogenkonsum

Psychiater Piezka schilderte den jahrelangen Konsum von Cannabis, Kokain und Amphetaminen des Angeklagten. Auf die Frage der Erfolgsaussichten einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zeigte er sich optimistisch: „Vielversprechend. Der Weg würde sich lohnen, beschritten zu werden. Über alle steht bei hm der Wunsch, von den Drogen wegzukommen.” 

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