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Vor dem Landgericht Potsdam hat am Montag der sechste Verhandlungstag stattgefunden.

© dpa

Prozess um Horror-Überfall in Potsdam: Die Haushälterin verriet brisante Details

Im Prozess um den Horror-Überfall in der Bertinistraße hat die Haushälterin der angegriffenen Familie ausgesagt. Sie hat die Angeklagten offenbar mit unbedachten Äußerungen auf die Fährte gebracht.

Potsdam - Im Prozess um den brutalen Einbruchsüberfall in der Bertinistraße im Sommer 2017 klären sich die Hintergründe weiter auf: Am sechsten Verhandlungstag am Montag sagte die Haushälterin der überfallenen Familie T.* aus. Über die 53-jährige Michendorferin sollen die Täter an Informationen zu im Haus vermuteten hohen Bargeldsummen gelangt sein. Wie Simone B. am Montag vor Gericht bestätigte, hat sie mit dem mit ihr befreundeten Ehepaar G. über ihre Potsdamer Arbeitgeber gesprochen – in Anwesenheit von deren Sohn Florian G., der jetzt als mutmaßlicher Mittäter des Überfalls angeklagt ist. Ihre Aussage lieferte auch eine mögliche Erklärung dafür, warum die Einbrecher in der Julinacht 2017 gezielt das Schlafzimmer im ersten Stock ansteuerten.

Die Haushälterin hatte von einer hohen Bargeldsumme gesprochen

Bei Familie G. habe sie von einer im Schlafzimmer befindlichen Bargeldsumme von „über 100 000, vielleicht sogar 140 000 Euro“ gesprochen, sagte B. Das deckt sich mit dem, was drei der vier Angeklagten zuvor angegeben hatten. Lediglich Florian G., der als einziger der Angeklagten tatsächlich beim Gespräch mit B. anwesend war, hatte sich vor Gericht an eine solche genaue Summe nicht erinnern können.

Auch, dass es sich um „Schwarzgeld“ handele, habe sie so gesagt, räumte B. am Montag ein. „Das ist eine Fantasie meinerseits“, betonte die Haushälterin, die immer noch für Familie T., ihren einzigen Arbeitgeber, tätig ist. Die überfallene Familie hatte sich während des Prozesses bereits wie berichtet gegen Spekulationen über angebliches Schwarzgeld verwahrt und diese als haltlos bezeichnet. Ina T.* hatte erklärt, zwar seien mitunter größere Geldsummen im Haus gewesen – etwa, um Bargeld für Handwerker vorzuhalten. Es habe sich aber bei Weitem nicht um Summen in der von den Angeklagten vermuteten Höhe gehandelt.

Die Haushälterin war über "Geld zwischen der Wäsche" gestolpert

Das Gespräch bei den Eltern von Florian G. fand laut B. während eines Kaffeetrinkens im Frühjahr 2017 statt, wie es sporadisch zwei- bis dreimal im Jahr vorkomme. Mit den G.’s seien sie und ihr Ex-Mann noch aus Vorwendezeiten befreundet. Das Gespräch sei zunächst auf das neu eröffnete und von Milliardär und Softwareunternehmer Hasso Plattner gestiftete Kunstmuseum Barberini gekommen und von dort zu der Frage, „wie reich halt manche Menschen sind“. In diesem Zusammenhang habe sie über ihre Potsdamer Arbeitgeber gesprochen – und von einer bereits einige Zeit zurückliegenden Entdeckung, so B.: „Ich bin beim Saubermachen über Geld gestolpert, das zwischen der Wäsche lag.“

Das angebliche Geld soll laut B. in einem blauen Stoffbeutel in einem Korb im Wäscheregal im Schlafzimmer gelegen haben. In dem Beutel, der ihr beim gründlichen Reinigen nach einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit im Sommer davor erstmals aufgefallen sei, habe sie mehrere unverschlossene Briefumschläge gefunden, sagte B. vor Gericht. Die Umschläge seien mit Geldsummen beschriftet gewesen. Sie habe in zwei oder drei der Umschläge reingeschaut und dort tatsächlich Geldscheine gesehen. Die genannte Summe habe sie daraus hochgerechnet. Mit ihren Arbeitgebern habe sie über den Fund nie gesprochen, sagte B. Den blauen Beutel habe sie auch nach ihrer Entdeckung „jeden Tag“ an der besagten Stelle gesehen – geöffnet habe sie ihn aber nicht noch einmal.

Die Brisanz ihrer Aussagen sei ihr nicht bewusst gewesen, sagt die Haushälterin

Welche Konsequenzen ihre Äußerungen gegenüber der Familie G. haben würden, sei ihr nicht bewusst gewesen, erklärte B.: „Es tut mir jetzt noch leid, dass ich das gesagt habe. Ich hätte nicht gedacht, wie viel kriminelle Energie in dem Haushalt ist.“ Ihr sei von Seiten Florian G.’s kein besonderes Interesse an ihren Äußerungen aufgefallen. Dass der Überfall auf Familie T. überhaupt etwas mit ihr zu tun haben könnte, habe sie erst erfahren, als sie von einem Polizeibeamten nach Florian G. gefragt wurde. Dass sie den G.’s auch die Namen ihrer Arbeitgeber und weitere Details zur Lage des Hauses genannt hat, schloss B. vor Gericht nicht aus. Auch dass im Haushalt Kinder lebten, habe den G.’s bekannt sein können.

Der Einbruchsüberfall in der Bertinistraße war von einer in Potsdam bislang seltenen Brutalität: Wie berichtet sollen sich die beiden Hauptangeklagten John R. und Jorge H. in den Morgenstunden des 25. Juli 2017 über eine eingeschlagene Glastür Zutritt in das Haus verschafft haben. H. soll mit einem Pizzamesser Frank T.* bedroht haben, R. soll Ina T. getreten und geschlagen und die minderjährige Tochter in den Würgegriff genommen haben. Auch nachdem sie 3000 Euro Bargeld erhielten, ließen sie nicht von ihren Opfern ab. R. und H. haben bereits Geständnisse abgelegt.

Dass sich zum Zeitpunkt des Überfalls drei weitere Kinder im Haus befanden, bekamen die Täter glücklicherweise nicht mit. Die Frau konnte schließlich fliehen und die Polizei alarmieren. R. und H. wurden kurz darauf festgenommen. Mitangeklagt ist nun neben Florian G., in dessen Auto die Männer auch nach Potsdam fuhren, auch Nico N., der zunächst als vierter Mann hinzugeholt wurde, sich aber gegen eine Beteiligung entschied. Unklar ist noch der Verbleib des gestohlenen Goldschmuckes: Die T.’s schätzten den Wert auf zwischen 20 000 und 30 000 Euro. (*Namen von der Redaktion geändert)

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