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Der Angeklagte im Gespräch mit Richter Francois Eckhard.

© Andreas Klaer

Prozess um Garnisonkirchen-Protest eingestellt: Angeklagter muss 500 Euro Geldauflage zahlen

Wegen einer Rangelei mit einem Polizisten bei einem Protest gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirchen stand ein junger Mann vor Gericht. Eine Geldstrafe drohte, aber es kam anders.

Von Carsten Holm

Potsdam - Das Potsdamer Amtsgericht hat am Freitag das Verfahren gegen den 34 Jahre alten Eric B.  wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt. Ihm wurde zur Last gelegt, während eines Protests gegen den Bau der Garnisonkirche im Oktober 2017 den Berliner Polizeibeamten Toni A. auch verletzt zu haben. B. muss eine Hälfte des Betrages an den Polizisten A. zahlen, die andere geht der Staatskasse zu. 

Unterstützer vor dem Gericht 

Es war der erste Prozess gegen Gegner des Garnisonkirchen-Wiederaufbaus, die während eines Gottesdienstes zum Baustart lautstark protestierten. Mehrfach waren die Hauptverhandlungen gegen B. und drei weitere Angeklagte, die in gesonderten Verfahren angeklagt wurden, wegen der Coronakrise verschoben worden. Vor dem Amtsgericht an der Hegelallee versammelten sich mehr als 50 Gegner des Kirchenbaus bereits eine Stunde vor der auf 10 Uhr terminierten Verhandlung. Sie boten Ingwertee an und hielten rund ein Dutzend Plakate und Banner mit Texten wie "Kein Denkmal den Tätern-Baustopp jetzt!", "Solidarisch mit Garnisonkirchengegnern – Immer" und "Frieden mit der Garnisonkirche – Nimmer“ hoch. 

Prozess gegen einen Garnisonkirchengegner im Potsdamer Amtsgericht: Vor dem Gericht demonstrierten Unterstützer des Angeklagten.
Prozess gegen einen Garnisonkirchengegner im Potsdamer Amtsgericht: Vor dem Gericht demonstrierten Unterstützer des Angeklagten.

© Andreas Klaer

Tatgeschehen schwer zu rekonstruieren 

Eric B. hätte schlimmstenfalls mit einer Geldstrafe von 50 bis 60 Nettotagessätzen rechnen können – je nach seinem Einkommen erheblich mehr als die Geldauflage von 500 Euro. Doch als der Polizeibeamte A. in den Zeugenstand kam, wurden die Schwierigkeiten offenbar, ein drei Jahre zurückliegendes Tatgeschehen aufzuklären. A. schilderte, er habe über Funk von Kollegen erfahren, dass einer der Demonstrationsteilnehmer den Gottesdienst gestört hatte, sich aus dem dichten Gedränge an der Kirche entfernte, um sich der Personalienfeststellung zu entziehen. Der habe "auffällig versucht zu fliehen". Der Aufforderung "Polizei! Stehenbleiben!" sei er nicht nachgekommen. 

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Ein erster Versuch, den Flüchtigen festzuhalten, scheiterte, "er riss sich los". Der zweite war erfolgreich. Dabei allerdings seien Eric B. und er zu Boden gegangen seien. B. habe daraufhin "mit den Füßen gestrampelt" und ihn auch am Schienbein getreten. Staatsanwalt Nils Delius konnte sich zunächst nicht vorstellen, wie der Polizeibeamte, ein baumlanger, muskelbepackter Mann, zu Boden gegangen sei und wollte genau wissen, was passierte: "Lag er unter ihnen?". "Neben mir", antwortete Toni A., „er wollte mir entwischen, ich habe ihn umklammert“. Seine Verletzung am Schienbein hatte er attestieren lassen. 

Dann zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Die vier weiteren geladenen Zeugen wurden nicht mehr gehört. Danach verkündete Richter Francois Eckhard die Entscheidung und richtete fragend verständnisvolle Worte an den Angeklagten: "Sie stimmen dem wohl schweren Herzens zu?" Eric B. fragte zurück: "Können Sie meine Mimik lesen?"

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