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Oktoberfest Potsdam Playball

© Carsten Holm

Prozess nach Oktoberfest-Unglück: Defekt oder menschliches Versagen?

Vor dem Potsdamer Amtsgericht sagten am Montag Sachverständige zu dem Rummel-Unglück aus. 

Von Carsten Holm

Potsdam - Strafverteidigerin Heide Sandkuhl trat höflich auf, bat die beiden Sachverständigen mehrfach um Verständnis für ihren forschen Auftritt vor dem Potsdamer Amtsgericht – aber trotzdem schonte sie bei Jens Schwarz, Prüfingenieur beim TÜV Rheinland, und seinen Kollegen Stephan Kunkel nicht. Die beiden hatten im Verfahren um das tödliche Unglück am 29. Oktober 2019 beim Oktoberfest ohne jeden Zweifel ausgesagt, dass das Fahrgeschäft „Playball“, von dem die 29-jährige rumänische Mitarbeiterin Andrada C. in den Tod gestürzt war, ohne technische Mängel gewesen sei. 

Die 49 Jahre alte Sandra H. saß am Steuerpult  

Es entsprach Sandkuhls Verteidigungsstrategie, dieses Urteil zu erschüttern. Denn ihre Mandantin, die 49 Jahre alte Sandra H., hatte am Unglückstag am Steuerpult des „Playball“ gesessen, hatte laut Anklage einen falschen Knopf gedrückt, damit einen automatischen Start ausgelöst – und übersehen, dass Andrada C. und ihr Lebensgefährte Grigore C. die Plattform des Geräts noch nicht verlassen hatten. Die Rumänin konnte sich nur fünf Umdrehungen lang an dem Sicherheitsbügel einer Gondel festhalten, stürzte metertief auf den Asphaltboden und starb wenig später. H. wurde wegen fahrlässiger Tötung mit einem Strafbefehl von zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, gegen den sie Widerspruch einlegte.

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Sandkuhl versuchte den Nachweis zu führen, dass ein technischer Defekt die Ursache dafür war, dass sich der „Playball“ plötzlich in Bewegung setzte. Christoph Meyer, einer der Chefs der Schaustellerfamilie, die mit dem Karussell durch die Lande zog, hatte diese These als Augenzeuge gestützt: Er habe gesehen, dass der „Playball“ sich unvermittelt „volle Pulle“ in Bewegung setzte. Die Sachverständigen schlossen dies nahezu aus. Sandkuhl, die sich über die Technik von Karussells fortgebildet hatte, störte sich daran, dass die Prüfer die Betriebserlaubnis für den „Playball“ erteilt hatten und nun untersuchten, ob das Gerät fehlerbehaftet gewesen sei. „Es geht hier um viel“, sagte Sandkuhl und sprach die Prüfer direkt an: „Der TÜV prüft sich selbst. Fühlen Sie sich befangen?“ TÜV-Mann Schwarz blieb gelassen. „Wir sind unabhängige Sachverständige, wir erhalten keine Weisungen.“ 

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