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Protest von Sympathisanten nach der Urteilsverkündung gegen FH-Besetzer vor dem Amtsgericht.

© Jana Haase

Prozess nach FH-Besetzung: Geldstrafe für einen FH-Besetzer

Das Amtsgericht Potsdam verurteilte 33-Jährigen - trotz erheblicher Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin.

Potsdam - Während der Urteilsbegründung verließen etliche Zuschauer aus Protest den Saal, Verteidiger Felix Isensee hatte im Plädoyer von einer Farce gesprochen: Am Montag fiel am Amtsgericht Potsdam das Urteil gegen einen der FH-Besetzer vom Sommer 2017. Richter François Eckardt sah es als erwiesen an, dass sich der 33-jährige Simon W. bei der Räumung des alten Fachhochschulgebäudes am 13. Juli gegen zwei Polizeibeamte wehrte, die ihn aus dem Haus bringen wollten. Der Angeklagte wurde wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu 40 Tagessätzen á 20 Euro verurteilt. Allerdings hatte sich zuvor die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin für Beobachter als äußerst fraglich dargestellt. Der Prozess, der wegen des hohen Andrangs bereits einmal verschoben worden war, war gut besucht: Die 70 Plätze im Saal waren fast alle belegt.

Die einzigen gehörten Zeugen waren die zwei Polizeibeamten, die W. damals aus dem Haus bringen sollten. Ihre Schilderungen wichen voneinander ab. Der 25-jährige Polizist erinnerte sich nur vage an ein „Rucken mit der rechten Schulter“ von W., in dessen Folge seine Kollegin, mit der gemeinsam er den Mann eine Treppe hinunterzog, das Gleichgewicht verloren habe und fast gestürzt wäre. Seine 24-jährige ehemalige Kollegin – beide arbeiten heute an anderen Dienstorten – lieferte ein deutlich detailreicheres Bild: So habe der Angeklagte „laut gebrüllt“, „mit den Beinen gerührt“ und versucht, sich „mit ruckartigen Bewegungen“ aus dem Griff der Beamten zu winden. Derartige Einsätze kämen nicht oft vor, daher könne sie sich so gut erinnern, erklärte sie.

Zwei Zeugen, zwei Versionen

Bemerkenswert: Die 24-Jährige wollte sich auch auf mehrfache Nachfrage nicht an ein Gespräch mit ihrem Ex-Kollegen unmittelbar vor der Gerichtsverhandlung über die damaligen Vorfälle erinnern. Der 25-Jährige aber, der nach eigenem Bekunden zum ersten Mal bei einem Prozess als Zeuge befragt wurde, hatte auf Nachfrage von Verteidiger Felix Isensee ein solches Gespräch eingeräumt und Details genannt. Isensee erklärte danach, die Zeugin sei „unglaubwürdig und unglaubhaft“: „Die lügt uns ins Gesicht!“

Der Staatsanwalt zeigte sich angesichts der "Unstimmigkeiten“ zwar „erstaunt“, erklärte aber, das habe mit dem Fall nichts zu tun. Er plädierte für eine milde Strafe von 30 Tagessätzen á 20 Euro. Verteidiger Isensee plädierte auf Freispruch. Es stehe Aussage gegen Aussage. Polizeibeamte dürften keinen „Vertrauensvorschuss“ genießen, die Zeugin müsse eigentlich wegen Falschaussage belangt werden.

Richter Eckhardt ging bei seinem Urteil gegen W., der nach eigenen Angaben studiert, über die Forderung des Staatsanwalts hinaus. In der Begründung stützte er sich vor allem auf die Schilderung der Polizistin, der er im Wesentlichen folgte. Die Aussage ihres Kollegen sei dagegen „sehr unergiebig“ gewesen, so der Richter: „Viel hat er nicht gebracht.“ Isensee sagte den PNN, er werde mit seinem Mandanten prüfen, ob man in Berufung gehe.

Die Fachhochschule als Hausherrin hatte nach der Besetzung im Sommer 2017 zunächst selbst Strafantrag gegen die Besetzer gestellt, sie dann aber wieder zurückgezogen.

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