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Der Autohändler aus Babelsberg wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.

© dpa

Prozess am Landgericht Potsdam: Freiheitsstrafe für kriminellen Autohändler aus Babelsberg

Ein früherer Autohändler aus Babelsberg hat in mehr als 400 Fällen gewerbsmäßig betrogen. Der Richter bescheinigte dem Mann ein Bündel an krimineller Ernergie - nun wurde das Urteil gesprochen.

POtsdam - Er kam in Handschellen in den Gerichtssaal – und muss wegen Fluchtgefahr auch in Haft bleiben: Ein früherer Babelsberger Autohändler ist am Potsdamer Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Richter Frank Tiemann sah es als erwiesen an, dass sich der 56-Jährige in mehr als 400 Fällen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs schuldig gemacht habe. In seiner rund zweistündigen Urteilsbegründung bescheinigte Tiemann dem Mann am Dienstag, er sei ein „Bündel an krimineller Energie“. Ein Mitarbeiter und Komplize des Manns erhielt eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe.

Mit dem Strafmaß ging Richter Tiemann sogar über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die fünf Jahre Haft gefordert hatte – allerdings gelten neun Monate des Urteils wegen der langen Verfahrensdauer bereits als vollstreckt. Schon Ende 2006 gab es wie berichtet eine Razzia in den Geschäftsräumen des Autohändlers. Die Verdachtsmomente von damals sah Richter Tiemann als erwiesen an. Das kriminelle Geschäftsmodell des Verurteilten: Er rechnete fingierte Überführungs- und andere Schäden an seinen Seat- und Skoda-Verkaufsmodellen ab und erschlich sich damit Geld von der Versicherung des Volkswagenkonzerns.

Schäden von 400.000 Euro

Auf mehr als 400.000 Euro bezifferte Tiemann die Schäden und attestierte dem Händler – der während des Urteils kaum eine Miene verzog – vorsätzliches Handeln, um sich das Geld in die eigene Tasche stecken zu können.

Die Auswahl der angeblichen Schäden an den Autos verlief nach Tiemanns Worten stereotyp ab, in der Regel seien drei Schäden am Dach, an der rechten Tür und an der Motorhaube gemeldet worden, verursacht von Unbekannten. Die Lackierarbeiten an den vermeintlich beschädigten Autos sollten dabei stets nie mehr als 1 000 Euro kosten, um die Versicherung nicht misstrauisch zu machen. Als der Händler später seine Forderungen an die Versicherung mit Fotonachweisen belegen sollte, habe er eine Bilderbox erstellt – mit diversen inszenierten Lackschäden, etwa einem Bindfaden, der auf der Fotografie wie ein Kratzer aussah. „Die Kreativität des Angeklagten kannte keine Grenzen“, so Richter Tiemann. Seinen Angestellten habe der Händler mit Arbeitsplatzverlust gedroht, sollten sie die Machenschaften verraten. Inzwischen gibt es das Autohaus nicht mehr, frühere Kollegen traten in dem im Oktober begonnenen Prozess als Zeugen auf. Der Angeklagte hatte zu den Vorwürfen geschwiegen.

Verdacht auf Fluchtgefahr

Als strafmildernd wertete Tiemann die Tatsache, dass der Volkswagen-Versicherungsdienst den Betrug leicht machte. Demnach beschäftigte die Versicherung zu wenige Mitarbeiter, um die Schadensklagen ordentlich zu bearbeiten. Für den Angeklagten sei das ein „Einfallstor für eine Einnahmequelle“ gewesen, so Tiemann. Die Taten sollen sich zwischen 2002 und 2004 abgespielt haben. Mit der Zeit sei die Hemmschwelle immer geringer geworden, so der Richter. Noch während des Prozesses war der Mann im Dezember verhaftet worden – wegen Verdunklungsgefahr. Der Vorwurf: Er soll versucht haben, Autos aufzukaufen, die Beweismittel im Prozess waren. Er bleibt auch weiter in Haft. Tiemann sagte, es bestehe Fluchtgefahr ins Ausland, da der Händler ein großes Vermögen und ein Flugzeug besitze.

Im Publikum stieß das Urteil auf Zustimmung. Ein Gast sagte: „Der hat es verdient.“ Bei der Staatsanwaltschaft sind weitere Verfahren gegen den Händler anhängig, zudem gibt es zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit früheren Kunden, wie während des Prozesses bekannt wurde. Der nun Verurteilte dürfte daher vermutlich noch einige Male vor Gericht stehen. Das aktuelle Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Ob Rechtsmittel eingelegt werden, ließ die Verteidigigung offen. Für Richter Tiemann stand sein Urteil über den Händler fest: „Er ist ständig dabei, andere Leute über den Tisch zu ziehen.“

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