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Das wilde Baden im Park Babelsberg erfreut sich im Sommer großer Beliebtheit.

© Archivfoto: Thilo Rückeis

Pro & Contra: Soll das Baden in Potsdams Schlösserparks verboten werden?

Erholungsgebiet Welterbe: Die Schlösserstiftung will das wilde Baden im Park Babelsberg unterbinden. Zu Recht? Zwei Kommentare.

Ein Kommentar von

Die Schlösserstiftung möchte in diesem Jahr Ernst machen mit ihrer Ankündigung, das Badeverbot im Welterbe durchzusetzen - zunächst geht es um den Park Babelsberg. Am Freitagabend wurde dazu bei einer Informationsveranstaltung für Anwohner mit Vertretern der Stadt und der Stiftung wieder heftig diskutiert. Die Positionen von Anwohnern und Stiftung scheinen unvereinbar. Soll das wilde Baden im Welterbe verboten werden? PNN-Redakteur Peer Straube hält das für unumgänglich, PNN-Redakteurin Sandra Calvez für falsch. Zwei Kommentare

Pro - von Peer Straube

PNN-Redakteur Peer Straube.
PNN-Redakteur Peer Straube.

© Sebastian Gabsch

Sicher, der Reiz ist groß. Baden in schöner Umgebung, Natur, Kultur ringsherum und das Ganze zum Nulltarif. Dumm nur, dass die wild genutzten Badestellen im Park Babelsberg Bestandteil des Weltkulturerbes sind.

An die Verleihung dieses Titels knüpft die Unesco eine entscheidende Bedingung: Da es sich um das Erbe der gesamten Menschheit handelt, besteht für die handelnden Personen vor Ort – in diesem Fall die Schlösserstiftung – die Verpflichtung, dieses Erbe auch für die gesamte Menschheit zu bewahren. Es mag aus Anwohnersicht misslich sein, wenn zum Baden einladende Landschaften nicht zu ebensolchem Tun genutzt werden dürfen. Dass das in Babelsberg bislang trotzdem geschehen durfte, ist ein Zugeständnis der Stiftung gewesen. Es wäre fatal, daraus ein Gewohnheitsrecht abzuleiten, denn die Folgen dieser ungezügelten Erholungssuche sind seit Jahren unübersehbar: niedergetrampelte Uferzonen und Wiesen, überquellende Abfalleimer, überall verstreuter Müll. Und das, obwohl sich direkt nebenan ein offizielles, allerdings kostenpflichtiges, Strandbad befindet – mit all den zugehörigen Einrichtungen, beispielsweise Toiletten.

Auch am Heiligen See ist ein Badeverbot unumgänglich

An dem Schritt, das – im Übrigen bereits bestehende – Badeverbot im Park künftig konsequent durchzusetzen, führt kein Weg vorbei, wenn das Welterbe nicht dauerhaft Schaden nehmen soll. Um nicht ungerecht zu sein: Nicht jeder Badende verhält sich unangemessen. Doch es ist die schiere Masse von Menschen, die die Schäden verursacht – ganz egal, ob gewollt oder nicht. Der über Jahre ungebremste Zuzug hat die Situation noch zusätzlich verschärft.

Viel zu lange hat die Stadt die Stiftung mit dem Problem allein gelassen, ihr moralische Unterstützung versagt. Doch auch die Stiftung selbst ist nicht ganz unschuldig an der Situation. Sie hat die Menschen gewähren, die Lage buchstäblich ausufern lassen. Mehr noch als in Babelsberg trifft das für den Neuen Garten zu. Lange galt am Heiligen See das ungeschriebene Gesetz: Gebadet wird nur am Ostufer, doch inzwischen machen sich die Erholungssuchenden seit Jahren auch am Westufer breit, stellen Zelte (!) auf, zerstören auch dort die Natur und das Erscheinungsbild des Welterbes, ohne dass nennenswert eingeschritten worden wäre. Auch dort wird die Durchsetzung eines generellen Badeverbots über kurz oder lang unumgänglich sein.

Die Schlösserstiftung hat die Aufgabe, das Welterbe zu schützen und nicht, für ausreichend viele Badestellen für die Potsdamer zu sorgen. Dies liegt ausschließlich in der Zuständigkeit der Kommune. Seen hat Potsdam genug, auch außerhalb der Welterbeparks.

Contra - von Sandra Calvez

Wer die Potsdamer fragt, warum ihre Stadt so schön ist, landet schnell beim Wasser. Auch bei Umfragen zur Lebensqualität werden die vielen Seen meist als erstes genannt. Die Stadt hat einen Reichtum an Zugängen zum Wasser zu bieten, der seinesgleichen sucht. Das zu genießen gehört zum Lebensgefühl in der Stadt. Sommer in Potsdam, das bedeutet auch, nach Feierabend noch schnell ins Wasser zu springen, am Wochenende Zeit mit Kindern oder Freunden mit Picknick am See zu verbringen. Es gibt kaum eine Freizeitbeschäftigung, die soziale Grenzen so leichtfüßig überschreitet: In Badehose wird der Status zur Nebensache – und es ist kostenlos, zumindest an öffentlichen oder zumindest geduldeten Badestellen.

Was bringt Schönheit, wenn man sie nicht nutzen darf?

Das soll kein Freibrief sein dafür, nicht auf seine Umgebung acht zu geben. Denn natürlich zählen auch die Welterbeparks zu den wichtigsten Trümpfen der Stadt Potsdam, sowohl nach innen für die Bewohner als auch nach außen für Touristen. Ihr Erhalt für künftige Generationen ist ohne Zweifel eine wichtige Aufgabe.

Wilde Badestellen dürfen nicht zur Müllkippe werden, an der man nach dem Wochenende über Bierflaschenberge steigen muss und die Grills den Rasen versengen. Doch ein Badeverbot würde auch viele treffen, die sorgsam umgehen mit dem Grün und den schönen Blick genießen. Vielleicht würden schon einige Mülleimer mehr das Problem zumindest eingrenzen. Auch Kontrollen durch die Ordner der Schlösserstiftung, wie sie bereits stattfinden und noch verstärkt werden sollen, sind sicherlich sinnvoll.  Es ist gut, wenn die Stadt die Ausweisung weiterer Badestellen prüft, wie das nun auf Antrag der CDU geschehen soll. Denn für alle ist es angenehmer, wenn die Badebesucher nicht dicht auf dicht am Ufer liegen. Es könnte die Situation entzerren, wenn die Zahl der Optionen für die Abkühlung steigt. Doch gerade für die Babelsberger bleibt die geduldete Stelle neben dem Strandbad eine der nächsten Möglichkeiten, ins Wasser zu kommen. Ein Verbot würde einen empfindlichen Eingriff in deren Alltagsgenuss bedeuten.

Es ist ein wenig, wie wenn sich jemand ein schickes Designersofa für 5000 Euro kauft – und sich dann nicht drauf setzt, aus Angst, es zu verschmutzen. Oder einem Kind eine filigrane Spieluhr schenkt, mit dem dieses dann nicht spielen darf – sie könnte ja kaputt gehen. Was hat man davon, eine wunderschöne Umgebung zu haben, wenn man sie nicht nutzen darf? Eine Stadt ist dazu da, in ihr zu leben. Denn Potsdam gehört auch den Potsdamern – es darf nicht zum Museum werden.

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