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Mütter müssen ihre Kinder in Potsdams Kliniken derzeit ohne Partner zur Welt bringen. 

© Mascha Brichta/dpa

Pro & Contra: Geburt ohne Partner?

Wegen der aktuellen Coronakrise herrscht Partnerverbot in Potsdams Kreißsälen. Ist das angemessen? Zwei Kommentare.

Potsdam bleibt hart: Angehörige dürfen die Kreißsäle bis auf weiteres nicht betreten. Frauen, die in den kommenden Wochen im Klinikum „Ernst von Bergmann“ oder im St. Josefs-Krankenhaus entbinden wollen, müssen die Geburt also ohne Partner durchstehen. Das sorgt für Empörung bei den Potsdamern, die eine Petition dagegen gestartet haben. PNN-Autor Peter Könnicke mahnt zur Einsicht, PNN-Redakteur Henri Kramer findet die Entscheidung unverständlich. Zwei Kommentare:

Pro - von Peter Könnicke

Peter Könnicke.
Peter Könnicke.

© privat

Es ist jetzt fast auf den Tag 23 Jahre her, dass ich bei Geburt meines Sohnes dabei war. Ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Daher kann mich hier auch nicht wirklich zum absoluten Fürsprecher machen für das Verbot, wonach werdende Väter derzeit nicht in den Kreißsaal dürfen. Doch stünde ich jetzt vor der Entbindungsstation, würde ich mir die Frage stellen, ob ich zu 100 Prozent ausschließen kann, dass ich keine Ärzte, Hebammen und oder meine Partnerin anstecke. Die Antwort wäre nein.

Es wird viel Größe und Einsicht verlangt, darauf zu verzichten, bei der Geburt des Kindes dabei zu sein. Aber genau diesen großen und einsichtigen Beitrag können die Männer jetzt leisten in einer Zeit, in der Zusammenhalt so wichtig ist und über die Bindung eines Paares hinausgeht.

Der Vater hat trotzdem seine Aufgabe

Es gibt gewichtige Gründe, weshalb Männer seit gut 40 Jahren bei der Geburt ihres Kindes dabei sein dürfen. Als Geburten noch reine Frauensache waren, hatten die Männer dennoch ihre Aufgaben. So gaben sie ihrer Frau einen symbolischen Gegenstand mit, der Teilnahme, Kraft und das Zeichen seiner Vaterschaft signalisierte. Die aktuelle Lage lässt uns kreativ sein – auch für den schwierigen Verzicht, bei der Geburt des eigenen Kindes dabei zu sein.

Vielleicht werden die frisch gebackenen Väter später einmal von ihrem Kind gefragt, ob sie bei der Geburt waren. Sie können antworten, dass sie es nicht konnten, weil sie sicher sein wollten, dass auch andere Mütter ihre Kinder ohne Probleme zur Welt bringen.

All das mag Sie, liebe werdende Väter, nicht trösten. Aber auch wenn Sie nicht dabei sein können, macht es Sie nicht zu einem schlechteren Vater. Dass Sie ihre Sache in dieser Rolle gut machen, müssen und können Sie Ihr Leben lang beweisen.

Contra - von Henri Kramer

Natürlich ist es in einer Krise wie dieser unmöglich, dass Entscheidungsträger gar keine Fehler machen. Dazu zählt das aktuelle Verbot, dass Potsdams Krankenhäuser bei Geburten für Väter erlassen haben – sie dürfen nicht mehr bei diesem einschneidenden Erlebnis dabei sein. Das ist unverständlich, nicht umsonst haben sich in dieser Woche schon Experten wie die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie oder der Hebammenverband gegen solche Regelungen mit klugen Argumenten verwahrt – so gehört zu Geburten eben eine vertrauensvolle Begleitung, das ist keine bloße Zugabe. 

Die Entscheidung belastet auch Kliniken im Umland

Das sehen auch viele andere Kliniken so, die solche Regelungen nicht erlassen – auch in Brandenburg und Berlin. An solche Häuser werden sich Eltern, die sich eine Allein-Geburt nicht vorstellen können, nun wenden müssen. Und damit belasten die Potsdamer Kliniken die Häuser im Umland. Und welches negative Menschenbild spricht überhaupt aus dieser Entscheidung: Verantwortungsbewusste Väter könnten sich durchaus selbst Schutzausrüstung beschaffen, sich vor der Geburt testen lassen und sich zuvor mit ihrer Partnerin in Selbstisolation begeben – um das Corona-Virus nicht auf die Hebammen im Klinikum übertragen zu können. 

Und absoluten Schutz gibt es ohnehin nicht: Eine Schwangere, die mit ihrem Partner in diesen schweren Zeiten zusammenlebt, wird mit diesem kuscheln, sich gemeinsam vorbereiten – und würde dann, wenn er das Virus hätte, ziemlich sicher auch infiziert. Mit den Argumenten der Potsdamer Krankenhäuser gedacht, dürften diese gar keine Schwangere mehr annehmen. Auch daran sieht man: Das Väter-Verbot schießt über das Ziel hinaus, auch andere Städte wie Rostock haben es zurückgenommen.

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