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Daniel Frahn am 2. Februar 2020 nach dem 1:0-Sieg des SV Babelsberg 03 gegen Chemie Leipzig an der Fankurve im Karl-Liebknecht-Stadion.

© ManfredThomas

Pro & Contra: Der SV Babelsberg 03 und die Verpflichtung von Daniel Frahn

Daniel Frahn ist wieder beim SV Babelsberg 03 unter Vertrag. Eine Verpflichtung, die nicht unumstritten ist. War das die richtige Entscheidung?

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Fußballstürmer Daniel Frahn wurde von seinem früheren Arbeitgeber, dem Drittligisten Chemnitzer FC vorgeworfen, Nähe zu rechtsradikalen Hooligans zu haben. Wegen "massiv vereinsschädigenden Verhaltens" trennte sich der Verein vom gebürtigen Potsdamer, der schon zwischen 2007 und 2010 für Babelsberg spielte. Ende Januar hat Daniel Frahn beim SV Babelsberg 03 unterschrieben. Doch die Rückkehr des umstrittenen Stürmers zum Regionalligisten erhitzt weiter die Gemüter. Einige Fans sehen die Verpflichtung für unvereinbar mit den Werten, für die der Verein und die Fans stehen.

Am Donnerstag hatte der Verein zusammen mit dem Stürmer zu einer Gesprächsrunde geladen.

Die Frage, ob die Entscheidung den Stürmer zurückzuholen, wird heiß diskutiert. PNN-Redakteur Kay Grimmer findet die Verpflichtung Frahns richtig, ganz im Sinne der Vereinswerte und des Sports. Für falsch hält dagegen PNN-Redakteur Matthias Matern die Entscheidung, sie sei nicht konsequent.

Pro

Himmelfahrtskommando – so kann man die Neuverpflichtung des Fußballers Daniel Frahn beim SV Babelsberg 03 bezeichnen. Natürlich war allen Beteiligten klar, dass bei der Vorgeschichte des Ex-Chemnitzers, der wegen wiederholter Kontakte zu einem rechtsextremen Fan vom sächsischen Club gefeuert wurde, diese Personalie zum Streitfall werden kann – im Verein und in der Fanszene. Nun hat sich Frahn erklärt – mehrfach. Schon zur Vertragsunterzeichnung gab es ein Statement von Frahn mit einem Bekenntnis. „Ich bin mit den Werten des SVB großgeworden und trage diese auch in mir“, ließ sich der 32-jährige gebürtige Potsdamer zitieren. Schon von 2007 bis 2010 vertrat er übrigens diese Werte im Nulldrei-Dress, ehe er über Leipzig und Heidenheim nach Chemnitz kam. Diese letzte Station bewertet er heute so: „Ich habe Fehler gemacht. Ich habe Situationen, Hintergründe und Leute nicht ausreichend hinterfragt. Aber ich bin kein Nazi und distanziere mich eindeutig von rechtem Gedankengut und Menschen mit dieser politischen Einstellung.“ Vergleichbar äußerte sich Frahn auch im Gespräch mit den Fans.

Um es klar zu sagen: Natürlich hat Frahn Fehler gemacht, indem er mehrfach Kontakte zu einem rechtsextremen Chemnitz-Anhänger hatte. Er ist ein Fußballer, der naiv und ohne zu reflektieren Kontakt zu einer falschen Person hatte – innerhalb des sächsischen Vereins, dessen Trennschärfe gegen Rechts gelinde gesagt Makel besaß.

Es gehört auch nicht erst seit gestern zum Selbstverständnis des Potsdamer Kiezclubs, Gefallenen eine Chance zu geben, sich zu beweisen. Beim Kicker Süleyman Koç geschah das 2011 mit Bravour. Der übrigens war sogar rechtskräftig verurteilter Straftäter – ganz im Gegensatz zu Frahn. Trotzdem erhielt Koç von Verein und Fans die Chance, sich durch sportliche Leistung und Benehmen abseits des Spielfelds zu resozialisieren. Diesen Geist sollten Verein und Fans wieder wachrütteln. Im Sinne der Vereinswerte und des Sports. (von Kay Grimmer)

Contra

Es ist wahr, jeder hat eine zweite Chance verdient. Daniel Frahn jedoch hat sie offenbar bereits gehabt. Genutzt hat er sie nicht. Gegenüber dem Fußballmagazin „11 Freunde“ hat sein früherer Trainer beim Chemnitzer FC, David Bergner, jüngst detailreich beschrieben, wie er sich Frahn nach dem 9. März 2019 zur Brust nahm, ihm angeblich unmissverständlich klar machte, dass sein Verhalten indiskutabel war.

Der gefeierte Chemitzer Stürmer hatte an diesem Tag nach einem Treffer an der Seitenlinie ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Support your local Hools“ geschwenkt, das vor allem bei Neonazis angesagt ist. Gleichzeitig gedachten einige Fans mit Duldung des Vereins offen des verstorbenen Neonazis Thomas Haller. Auf die Standpauke soll Frahn einsichtig gewirkt haben. Nur einen Monat später aber fuhr der gebürtige Potsdamer im Privatwagen zusammen mit einschlägig als rechtsextrem bekannten Fußballrowdys zu einem Auswärtsspiel. Selbst verletzt, verfolgte er die Partie statt an der Seite seiner Klubkameraden neben den rechten Hooligans. Später in der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung zu seiner Kündigung in Chemnitz gab sich Frahn wie schon zuvor naiv und unwissend. Er habe nichts gewusst und niemanden gekannt.

Mehrfach hat Frahn inzwischen betont, er teile rechtsextremes Gedankengut nicht, er sei kein Nazi. Nun, zumindest scheint er sich fremde Botschaften unreflektiert zu eigen zu machen, sich nicht bewusst zu sein, welche Verantwortung er hat. Durch die mediale Präsenz selbst in unteren Ligen können Worte und Taten eine immense Wirkung entfalten. Gleichsam sucht sich der Nachwuchs Vorbilder in den eigenen Klubs.

Besonders ein Verein wie der SV Babelsberg, der „grundsätzlich gegen jede Art von Rassismus, Diskriminierung und Gewalt“ eintritt, sollte konsequent sein. Davon haben wir nichts gewusst – das gab es schon einmal. Diese Haltung darf nicht geduldet, gedeckt oder gar befördert werden. Auch nicht durch eine Anstellung eines Mannes wie Daniel Frahn. (von Matthias Matern)

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