zum Hauptinhalt
Kreativ mit Kaffee. Jay Adel vor seinem Geschäft "Print & Coffee" in der Lindenstraße.

© Ottmar Winter

"Print & Coffee": Eine besondere Form der Werbeagentur in Potsdam

Modedesigner Wolfgang Joop hat ihn einst entdeckt. Jetzt hat Jay Adel sein eigenes Unternehmen in Potsdam gegründet.

Von Birte Förster

Potsdam - Klassische Werbeagenturen seien etwas altbacken, findet Jay Adel. Sie seien oft sehr hierarchisch aufgestellt, wenig transparent und in Sachen Kommunikation schwierig. Oft hätten es die Kunden nicht direkt mit den Kreativen zu tun, sagt er. Der Grafik- und Kommunikationsdesigner hat sich daher für eine besondere Form der Werbeagentur entschieden: In der Lindenstraße 22 in Potsdams Innenstadt hat Adel einen Laden eröffnet, der Werbeagentur, Druckerei und Café in einem ist. „Print & Coffee“ heißt das Geschäft, das er vor gut zwei Monaten eröffnet hat. „Ich habe für mich einen Ort geschaffen, an dem ich gerne arbeite“, sagt der 30-jährige Adel. Und an dem er das verwirklich kann, was ihm wichtig ist – also „alles, was mit Werbung zu tun hat“.

Adel kam mit seiner sechsköpfigen Familie, die ursprünglich aus Afghanistan stammt, 1996 nach Potsdam. Im Restaurant seiner Eltern sei der Potsdamer Modedesigner Wolfgang Joop auf ihn aufmerksam geworden, erinnert Adel sich. „Er hat mich entdeckt“, sagt er – und ist ein bisschen stolz. Als er nach seinem Studium mit Schwerpunkt Marketing und Mode im Restaurant an einem Tisch saß und Zeichnungen für ein Projekt anfertigte, habe Joop ihn angesprochen. Das ist jetzt sechs Jahre her. Noch immer arbeiten die beiden zusammen: Als Praktikant habe er bei Joop angefangen, später sei daraus eine Festanstellung geworden. So habe er den Designer bei Kampagnen-Shootings begleitet, weiterhin kümmere er sich um Werbung, fertige Broschüren für Joop an und betreue dessen Instagram-Seite.

Dennoch sei irgendwann der Wunsch in ihm aufgekommen, sich selbstständig zu machen. „Ich wollte mein eigenes Ding machen“, sagt Adel. Die Erfahrungen und Kenntnisse, die er auch durch seine Arbeit mit Wolfgang Joop erworben habe, wolle er nun weitergeben.

Wer den neuen Laden in der Lindenstraße betritt, hat nicht das Gefühl, bei einer Werbeagentur zu sein. In einer offenen Küchenecke werden Kaffee, Säfte und Smoothies zubereitet. Kunden sitzen auf Hockern an Holztischen. Ein großer Tisch steht für Coworking-Plätze zur Verfügung. Adel vermietet diese stunden-, aber auch wochen- und monatsweise. Ein Tagesticket kostet 25 Euro inklusive Kaffee und Drucker, die Zehnerkarte 200 Euro. Bis auf die Tische ist alles in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten. Ein Durchgang führt in den nächsten Raum, in dem mehrere große Drucker stehen. An den Wänden hängen helle Holzregale mit Fächern für Papier. Am Ende des Raums führen zwei Stufen zu einem großen Schreibtisch – es ist Adels Arbeitsplatz. „Das Herzstück des Ganzen ist die Werbeagentur“, sagt der junge Mann.

Vorher traf er sich mit Kunden oft in Cafés, um Projekte zu besprechen. Wenn er ein Werbemittel fertig gestaltet hatte, verwies er die Kunden für die Produktion an eine Druckerei. Nun kann er sich in seinem eigenen Café mit seinen Kunden zusammensetzen und alle Leistungen selbst anbieten. „Eine Full-Service-Werbeagentur“ nennt er sein Konzept. Adel gestaltet Internetseiten, Briefbögen, Broschüren, Visitenkarten oder auch Speisekarten. Für ein Starterpaket mit Logodesign, Visitenkarten, Briefpapier und Flyern zahlen Unternehmen rund 500 Euro. Aber auch Studenten können bei „Print & Coffee“ ihre Abschlussarbeiten drucken und binden lassen. Zu seinen Kunden zählen laut Adel eine Zahnarztpraxis und mehrere Potsdamer Vereine. „Unsere Kundschaft ist sehr breit gefächert“, sagt der Kommunikationsdesigner.

Sein Geschäft möchte Adel auch zu einem Ort machen, an dem sich Kreative treffen. „Für mich ist es wichtig, dass ich kreative Menschen aus Potsdam miteinander vernetze“, sagt er. Im Laden liegen daher Visitenkarten aus – von Comic-Zeichnern, Fotografen oder Motivationscoaches. Er versuche, auch zwischen den Kreativen aus den verschiedenen Metiers zu vermitteln, so der Inhaber.

Bei „Print & Coffee“ müssten die derzeit sieben Mitarbeiter Expertise in unterschiedlichsten Bereichen besitzen, sagt Adel. Er selbst habe an der Design-Akademie Berlin studiert und sei so als Grafik- und Kommunikationsdesigner ausgebildet – seine gastronomischen Kenntnisse allerdings musste er sich anderswo aneignen: Als Student habe er in vielen Cafés gearbeitet, sei auch zum Barista ausgebildet worden. „Kaffee ist Kunst“, sagt Adel. Doch auch im Restaurant seiner Eltern, das persische Küche anbietet, habe er regelmäßig gearbeitet.

Freizeit hat Adel durch die Fülle seiner Tätigkeiten kaum. Im Laden sei er oft bis 22 Uhr abends, am Wochenende arbeite er regelmäßig mit Joop zusammen. Zu stören scheint es ihn nicht. Er liebe seine Arbeit, sagt Adel. „Es ist ein Traum, den ich verwirklicht habe.“

Zur Startseite