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Praktikantin im Fahrstuhl geküsst: Kein sexueller Übergriff nachweisbar

Freispruch für einen 38-Jährigen nach einem Vorfall im Bergmann Klinikum: Der Mann soll eine 17-jährige Praktikantin laut Anklageschrift gegen ihren Willen geküsst und am Gesäß angefasst haben.

Potsdam - Freispruch vor dem Amtsgericht Potsdam: Ein 38-jähriger Potsdamer, der wegen des Vorwurfs eines sexuellen Übergriffs angeklagt wurde, ist am Donnerstag von einem Schöffengericht freigesprochen worden. Martin H.* soll sich laut Anklageschrift am 3. Februar 2017 mit der Zeugin Laura P.* im Bergmann-Klinikum verabredet haben, in dem er als Reinigungskraft arbeitete und sie zu dieser Zeit ein Praktikum absolvierte. Während des Treffens soll H. die damals 17-jährige P. im Personalaufzug unvermittelt an ihrem Jackenkragen zu sich herangezogen und geküsst haben, wobei er ihr die Zunge in den Mund geschoben haben soll. Laut Anklage soll er die Teenagerin umarmt und ihr bedecktes Gesäß betastet haben. P. sei nach dem Übergriff so verwirrt gewesen, dass sie sich weitere Male habe küssen lassen, ohne damit einverstanden gewesen zu sein.

Der Angeklagte, der zum Zeitpunkt des Vorfalls wegen einer Vergewaltigung unter Bewährung stand, bestritt bei der Verhandlung am gestrigen Donnerstag nicht, mit der jungen Frau in dem Fahrstuhl gefahren zu sein. Sie habe aber mit ihm geflirtet und sei ihm auf eigenen Wunsch gefolgt, als er zum Rauchen nach unten fuhr, erklärte er. Beim Abschied nach dem kurzen Treffen habe er sie nur auf die rechte Wange geküsst und gefragt, ob sie mit ihm einmal etwas Trinken gehen würde. Dass der Kuss gegen den Willen der jungen Frau geschehen sei, habe er nicht gewusst und erst mit der Anklageschrift erfahren. Auch ihr Alter habe er nicht gekannt.

Die Zeugin P., die während ihrer Aussage einen verunsicherten Eindruck machte und mehrmals weinte, gab an, die Annäherung sei im Laufe ihres Praktikums von H. ausgegangen, der ihr immer wieder Komplimente machte. Bei dem Vorfall habe H. sie, entgegen ihrer ursprünglichen Anzeige bei der Polizei, mehrmals ohne Zunge auf den Mund geküsst. Ob der Angeklagte sie an ihrem Gesäß betastet hatte, konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie sagte aber, dass ihre Aussage bei der Polizei der Wahrheit entsprechen müsse. Sie gab zudem an, ihre Ablehnung gegenüber den Küssen nicht erkennbar zum Ausdruck gebracht zu haben, da sie so überrascht war.

Gericht: Jugendliche hat ihren Unwillen nicht erkennbar zum Ausdruck gebracht

Unklarheit gab es auch darüber, an welchem Tag der Vorfall stattgefunden haben soll. Der Angeklagte sagte vor Gericht aus, im Februar bereits von seiner Tätigkeit im Klinikum beurlaubt gewesen zu sein. Die Fahrt mit dem Fahrstuhl habe im Januar stattgefunden. Die Klägerin konnte sich nicht genau erinnern, wann sie das Praktikum begonnen und wann sie H. kennengelernt hatte, blieb aber dabei, dass der vermeintliche Übergriff am 3. Februar stattgefunden habe.

Der Freispruch wurde von der Richterin zum Teil mit den widersprüchlichen Aussagen der Zeugin und dem nicht nachvollziehbaren Datum begründet. Hauptgrund sei jedoch, dass die Jugendliche nicht erkennbar zum Ausdruck gebracht habe, dass sie die Annäherung nicht wollte. Auch die Staatsanwaltschaft hatte den Freispruch gefordert: Denn dem Angeklagten müsse bei einem Vorwurf des sexuellen Übergriffs oder der sexuellen Belästigung nachgewiesen werden können, dass er gegen den erkennbaren Unwillen des Opfers agierte und darüber hinwegging.

*Namen von der Redaktion geändert

Sarah Stoffers

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