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Potsdams Zukunft: Stadt muss Wachstum neu berechnen

Welche Bauprojekte braucht Potsda künftigm? Wie viele Schul- und Kita-Plätze? Um das zu beantworten, erarbeitet das Rathaus eine neue Prognose zum Bevölkerungswachstum.

Potsdam - Fast wöchentlich gibt es Schlagzeilen zu neuen Engpässen bei der Versorgung mit Kitas, Horten und Schulen in Potsdam. Um gegenzusteuern und angesichts des weiterhin ungebremsten Wachstums der Stadt wird im Potsdamer Rathaus nun bis Ende des Jahres eine neue Bevölkerungsprognose erarbeitet. Das kündigte Kämmerer Burkhard Exner (SPD) am Montag auf PNN-Nachfrage an. Zugleich verwahrte er sich gegen den Vorwurf, die zuletzt vor zwei Jahren in seinem Geschäftsbereich erstellte Bevölkerungsprognose sei „zu konservativ“ berechnet worden: „Damit würden wir uns ja selbst ins Bein schießen.“

Kritik kam zuletzt von Ex-Kulturdezernentin Iris-Jana Magdowski (CDU): Kurz vor Ende ihrer Amtszeit hatte sie vor wenigen Wochen erklärt, Exner habe mit seinem Bereich bei den Bevölkerungsprognosen immer sehr niedrige Zahlen angesetzt. So habe sie immer nur knapp planen können – die Folge seien zu wenige Schulplätze. Zudem war zuletzt im Jugendhilfeausschuss erläutert worden, dass die Stadt etwa im Bereich der Krippen für dieses Jahr knapp 5900 Plätze benötigt – die Ursprungsprognose sah nur knapp 5450 Plätze vor. Das Land hatte zumindest 100 Plätze mehr als die Stadt berechnet.

Knackt Potsdam die 200 000 Einwohner-Marke bis 2030?

Solche Diskrepanzen erklärten Exner und sein für die Statistikabteilung zuständiger Fachbereichsleiter Reiner Pokorny mit einer Bevölkerungszunahme in den vergangenen zwei Jahren, die es so in Potsdam bisher noch nicht gegeben habe – vor allem wegen des Zuzugs von Flüchtlingen. So seien 2015 und 2016 jeweils 3800 beziehungsweise 4100 Neu-Potsdamer registriert worden – eigentlich hatte die Stadt jeweils mit 2500 neuen Potsdamern pro Jahr gerechnet. Ohne die Flüchtlinge und den daraus resultierenden Familiennachzug, so rechnete Pokorny vor, hätte man sich tatsächlich nur um 0,2 Prozentpunkte oder um knapp 350 Zuzügler verschätzt. „Und das ist eben eine sehr gut berechnete Prognose.“ Der Zuzug von Flüchtlingen werde nun auch für die neue Prognose mit einberechnet, sagte Pokorny – etwa auch die dadurch höhere Geburtenrate. Andere Wachstumsstädte wie Leipzig hätten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, würden inzwischen sogar nur noch Schätzungen herausgeben.

Im Gegensatz zum Landesamt für Statistik könne die Stadt zudem kleinräumig planen, hob Pokorny hervor – also zum Beispiel über geplante Bauvorhaben auch Aussagen zur erwarteten Einwohnerstruktur treffen. Gleichwohl räumten die Planer ein, dass das Landesamt bis 2020 zumindest von höheren Geburtenzahlen als die Stadt ausgegangen ist – was dem tatsächlichen Bedarf näher kam. Erst vergangene Woche hatte die Stadt vermeldet, dass inzwischen mehr als 173 000 Menschen in Potsdam leben – das sollte den Prognosen zufolge erst 2018 der Fall sein. Bis 2030 rechnet man im Rathaus derzeit mit knapp 193 000 Potsdamern, hier wiederum ist das Land mit 8000 Personen weniger etwas skeptischer. Der Zuzug konzentriert sich dabei vor allem auf den Norden der Stadt.

Prognose wichtig für genug Plätze in Schulen und Kitas

Die Prognosezahlen sind unter anderem wichtig, weil sie die Grundlage für die langfristige Schulentwicklungs- und auch die Kitabedarfsplanung bilden. Im Klartext: Werden zu wenig Kinder prognostiziert, reichen die Schulen und Kitas nicht aus. Überschätzt die Stadt das Wachstum dagegen, könnte Geld in gar nicht benötigte Kitakapazitäten fließen.

In Frühjahr hat Potsdam erneut einen Engpass bei Kitaplätzen erlebt (siehe Kasten). Und schon im vergangenen Jahr war ein 500-Platz-Puffer in dem Bereich unerwartet aufgebraucht worden. Vor drei Jahren hatte Potsdam ein Schulpaket über mehr als 160 Millionen Euro aufgelegt, das wegen des weiteren Wachstums bei den Schülerzahlen auf inzwischen auf über 240 Millionen aufgestockt wurde.

Hintergrund: Kita-Engpass - Geld für Verdienstausfall verlangt

Angesichts des Engpasses bei Kitaplätzen haben Eltern von fünf Kindern Verdienstausfall gegenüber der Stadt geltend gemacht. Das bestätigte Rathaussprecher Jan Brunzlow den PNN am Montag. Derzeit werde der Anspruch noch geprüft. Daher könne über die Höhe der möglichen

Entschädigungen noch keine Auskunft gegeben werden. Insgesamt gibt es demnach mehr als 60 Kinder, denen noch kein Kitaplatz in der Stadt vermittelt werden konnte (PNN berichteten). Der aktuelle Engpass an Kitaplätzen ist auch Folge eines Feuers im März in der „Kita Sternschnuppe“, die nun aufwendig saniert werden muss – dadurch stehen bis maximal Anfang nächsten Jahres 200 Plätze weniger zur Verfügung als geplant. Zugleich verwies Brunzlow aber darauf, dass die Kapazität an Kita- und Krippenplätzen in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut worden sei. Der Zuschuss der Stadt für die

Kindertagesbetreuung beträgt in diesem Jahr nahezu 60 Millionen Euro. In

Potsdam gibt es derzeit 118 Kindertageseinrichtungen – Kinderkrippe,

Kita und Hort – mit etwa 17 000 Plätzen. Bis 2020 werden weitere 2200

neue Plätze geschaffen. Potsdam hat eine der höchsten Betreuungsquoten bundesweit: 65 Prozent der Kinder zwischen null und drei Jahren werden in einer Kita betreut, im Altersbereich der Dreijährigen bis zum Schuleintritt kommen 99 von 100 Kindern in einer Kita unter. Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) teilte mit: „In den vergangenen drei Jahren ist die Stadt stärker gewachsen als durch alle Prognosen vorhergesagt.“ Um die Lücke bei den Kitaplätzen zu schließen, führe man mit Hochdruck Gespräche mit allen KitaTrägern in Potsdam.HK

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