zum Hauptinhalt
Beackert. Wildschweine haben im Babelsberger Park große Rasenflächen regelrecht umgepflügt. Das Schwarzwild vermehrt sich prächtig – zum Leidwesen der Welterbehüter. Doch auch kleinere Wildtiere verursachen Schäden.

© Manfred Thomas

Potsdams Welterbeparks: Umgepflügt und angebissen

Royale Wiesen in Potsdams Welterbeparks werden zu Äckern: Die Schlösserstiftung verzeichnet derzeit viele unübersehbare Wildschäden, besonders aktiv sind Wildschweine.

Potsdam - Gerade erst hatte der Park Babelsberg durch die Wiederherstellung seiner wunderbaren Wasserspiele kräftig an Attraktivität gewonnen. Doch derzeit bietet sich den Besuchern des einst kaiserlichen Gartens stellenweise ein unschönes Bild. Denn seit einigen Wochen werden die royalen Wiesen rund um das neogotische Schloss Wilhelms I. von Wildschweinen zerwühlt. Die Schäden sind so großflächig, dass man sie nicht übersehen kann. Viele der Rasenflächen zwischen den Gehölzen, Blumen und Wasserspielen haben sich stellenweise quasi in einen umgepflügten Acker verwandelt. Wo sich zuvor noch gepflegter Rasen befand, liegen jetzt Grasbatzen kreuz und quer herum. Stiftungschef Hartmut Dorgerloh legte ob dieser Verwüstungen kürzlich jede diplomatische Zurückhaltung ab und erklärte unumwunden: „Diese Schweine sind nicht unsere Freunde.“

Die Schwarzkittel fühlen sich im Babelsberker Park sauwohl

Einen Keiler, eine Bache und neun Frischlinge hat die Stiftung vor einiger Zeit im Babelsberger Park gezählt. Doch die Schwarzkittel fühlen sich offenbar nicht nur hier sauwohl, auch in anderen Schlossgärten der Region wühlen sie sich durch das – vormals – gepflegte Grün. So ist nach Angaben der Stiftung auch der Schlosspark Caputh massiv von Schäden durch Wildschweine betroffen. Auf der Berliner Pfaueninsel waren die Schwarzkittel schon vor Jahren ein großes Problem. Bis 2008 hatten die Tiere dort nach Stiftungsangaben ein etwa drei Hektar großes Terrain so stark geschädigt, dass nur mit der Errichtung eines immerhin vier Kilometer langen Elektrozaunes weitere Schäden durch Wildschweine verhindert werden konnten.

Momentan scheint es auf den Flächen der Schlösserstiftung besonders viele Wildschweine zu geben. „Wir haben es derzeit mit einer Überpopulation von Schwarzwild zu tun“, erklärte die Stiftung auf PNN-Anfrage. Als Gründe für die Parkbegeisterung der Schwarzkittel nennen die Potsdamer Welterbehüter eine zunehmende Verdrängungsbebauung, aber auch den Klimawandel, der – nicht zuletzt wegen der milden Winter – für einen Reproduktionsschub sorge. Aber nicht nur in den einstigen Parks der Hohenzollern, sondern brandenburgweit wird der Wildschweinbestand zunehmend als Problem angesehen. Während im Jagdjahr 2013/14 in der Mark nach Angaben des Umweltministeriums 63 254 Wildschweine erlegt wurden, waren es ein Jahr später bereits 70 857 Tiere. Im Jagdjahr 2015/16 wurden sogar 71 364 Wildschweine zur Strecke gebracht.

In der Landeshauptstadt ist der Trend hingegen weniger eindeutig: Während in der Saison 2013/14 nur 475 Wildschweine in Potsdam erlegt wurden, stieg diese Zahl ein Jahr später sprunghaft auf 1160 Tiere an und ging dann aber im zurückliegenden Jagdjahr 2015/16 auf 865 Schwarzkittel zurück. Für das Land Brandenburg müssten die Anstrengungen der Jäger zur Reduzierung der Schwarzwildbestände noch intensiviert werden, appellierte kürzlich das Landesumweltministerium an die märkischen Waidmänner. Die Parkanlagen der preußischen Schlösser und Gärten gehören allerdings zu den sogenannten befriedeten Bezirken. Gejagt wird nur unter besonders strengen Auflagen, teilte Dorgerlohs Verwaltung den PNN mit.

Schlösserstiftung: Mehrere Zehntausend Euro Schäden wegen Biber

Die Hüter des Hohenzollern-Erbes in Potsdam sorgen sich allerdings auch aufgrund anderer tierischer Aktivitäten um den kostbaren Bestand an Bäumen und Pflanzen – und sogar Bauwerken. So verbreiten sich seit drei Jahren die Biber in mehreren Parkanlagen, heißt es. In Sanssouci versuchten die Nager immer wieder, das Wehr im südlichen Bereich des Maschinenteichs mit Geäst und Schlamm zu versperren und die Parkgewässer anzustauen. Dadurch, so die Stiftung, würden den gewässernahen Bauwerken, wie beispielsweise den Römischen Bädern, gravierende Schäden an ihren Gründungen drohen. Hinzu kommen in Sanssouci Fraßschäden „an identitätsprägenden Altbäumen“, wie die Schlösserstiftung mitteilte. Manche der von den Bibern angenagten Bäume sind über 170 Jahre alt. Auf mehrere Zehntausend Euro beziffert die Stiftung allein die Biberschäden in den vergangenen drei Jahren in Sanssouci. Im Berliner Schlossgarten Charlottenburg seien durch die Tiere mittlerweile etwa 50 Bäume abgenagt worden. Schäden durch Biber verzeichnen die Gartenpfleger unter anderem auch in den Parks von Paretz, Königs Wusterhausen sowie in Babelsberg und im Neuen Garten.

Ein zunehmendes Problem in den Anlagen der Schlösserstiftung sind zudem die Waschbären. „Die Tiere räumen permanent die Müllbehälter auf der Suche nach Nahrung aus und schaffen Unrat heran“, teilte die Verwaltung mit. Zudem würden die Waschbären viele Gelege ausrauben und Jungvögel fressen. Höchstwahrscheinlich sei es zudem auf Waschbären zurückzuführen, dass in den vergangenen Jahren auf der Pfaueninsel keine Entenküken mehr gesichtet wurden.

Fuchs-Urin ließ Pflanzen eingehen

Die Liste der Schäden durch Wildtiere in den Schlossgärten ließe sich fortsetzen. Auch was ein wenig kurios klingt, kann bisweilen sehr ärgerlich sein: So haben Füchse das Buchsbaumquartier in der Gärtnerei im Neuen Garten mit Urin besprüht – mit der Folge, dass die Pflanzen eingehen, so der Befund der Stiftung.

Auch im übrigen Stadtgebiet von Potsdam werden mancherorts Schäden durch Wildtiere zu verzeichnen sein. Eine diesbezügliche Presseanfrage der PNN von Anfang Oktober an die Stadtverwaltung per Mail blieb bislang ohne Antwort. Kabelschäden durch Füchse oder Marder dürften für das elektronische Schweigen aus dem Rathaus indes eher nicht verantwortlich sein.

Lesen Sie weiter:

Tierische Nachbarn: Potsdam ist nicht nur bei Menschen beliebt – auch viele wilde Tiere fühlen sich hier zu Hause. Um sie zu beobachten, muss man aber wissen, wo und wie sie leben. Ein Überblick >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false