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Wie lang eine Pause in Coronazeiten sein darf, ob man dabei nur alleine sitzen darf und ob dabei auch ein Pausenbrot gegessen werden darf, all das sind ganz neue Fragen.

© Carsten Holm

Potsdams Polizei auf Corona-Streife: Wann ist eine Pause am See zu lang?

Schnell können ein Stopp auf einer Fahrradtour oder eine Runde Ping-Pong jetzt zu einer Ordnungswidrigkeit werden. Die PNN haben eine Corona-Streife der Polizei begleitet.

Von Carsten Holm

Potsdam - Es ist kein harter Einsatz für die in Potsdam residierende 1. Einsatz-Hundertschaft der Polizeidirektion West. Aber es ist einer, bei dem Fingerspitzengefühl gefragt ist. Sieben Polizeibeamte machen sich am Freitagnachmittag, angeführt von Polizeikommissar Ulrich Hebestreit, auf den Weg zu einer Streifenfahrt durch die Landeshauptstadt. Sie teilen sich vor dem Gebäude der Polizeiinspektion an der Henning-von-Tresckow-Straße in Gruppen zu vier und drei Mann auf. Ihr Auftrag: zu überprüfen, ob sich die Bürger an die Eindämmungsverordnung und die Einschränkungen des Infektionsschutzgesetzes halten und dort, wo sie es nicht tun, einzugreifen und gegebenenfalls ein Strafverfahren einzuleiten.

Dabei ist Fingerspitzengefühl der Polizisten vonnöten, weil die Bürger mittlerweile zwar die Kernpunkte der neuen Vorschriften kennen, aber manche Details immer noch unbekannt sind. Etwa die Frage, wie lange man auf einer Parkbank sitzen darf, um sich auszuruhen? Und: Ist ein Pausenbrot erlaubt? Die meisten scheinen zu wissen und verstanden zu haben, dass es sinnvoll ist, die eigene Wohnung nicht zu verlassen, wenn das große Ziel, die exponentielle Ausbreitung des Coronavirus so gut wie möglich zu verhindern, erreicht werden soll.

Sie wissen auch, dass es triftige Gründe gibt, doch hinaus zu dürfen: zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt, zum Tierarzt, zum Joggen, zum Radfahren. Und sie haben begriffen, dass man allenfalls zu zweit unterwegs sein darf – und mit der Familie. „Es ist bekannt, dass das Verlassen der Wohnung zum Trinken kein triftiger Grund ist“, sagt Polizeidirektor Maik Toppel, Chef der Potsdamer Inspektion.

Polizei kontrolliert im Potsdamer Stadtgebiet die Durchsetzung der Ausgangsbeschränkungen. Hier wurden zwei Personen auf einem gesparrten Spielplatz beim Tischtennis ertappt.
Polizei kontrolliert im Potsdamer Stadtgebiet die Durchsetzung der Ausgangsbeschränkungen. Hier wurden zwei Personen auf einem gesparrten Spielplatz beim Tischtennis ertappt.

© Andreas Klaer

Drohende Geldstrafe wegen Ping-Pong-Spiel

Der dreiköpfige Trupp passiert nun während seiner Corona-Streife, die bis in die Abendstunden dauern wird, zunächst den Luisenplatz. Ein paar Radfahrer, drei, vier Pärchen am Brandenburger Tor. Keine Ansammlungen von mehr als zwei Menschen, nichts Auffälliges. Es geht weiter vorbei am Jägertor nach links durch die Jägerallee, vorbei am Justizzentrum. Drei Männer sitzen, weit voneinander entfernt vor dem Eingang zum Landgericht. Keine besonderen Vorkommnisse. Aber dann, an der Straße Russische Kolonie, der erste Vorfall. Zur Rechten, kurz vor der Einmündung in die Friedrich-Ebert-Straße, liegt zur Rechten ein Kinderspielplatz. Er ist mit Flatterband großräumig abgesperrt, doch an einer festinstallierten Tischtennisplatte versuchen eine junge Frau und ihr Freund, den Ball übers Netz und zurück zu bringen.

Als der Einsatzwagen der Polizei ein paar Meter von ihnen entfernt stoppt, ist das Spiel abrupt zu Ende. Den beiden Freizeitsportlern, er wohnt in Berlin, sie in Potsdam, ist klar, dass sie etwas Verbotenes getan haben. Die Absperrung ist eindeutig, sie versuchen nicht, sich herauszureden. Die Personalien werden aufgenommen, und beide sind etwas überrascht, dass die Beamten ihnen eröffnen, wegen des Verdachts einer Straftat gegen sie zu ermitteln. Ihr Ping-Pong-Spiel auf dem abgesperrten Spielplatz verstößt gegen den Paragraphen 11 der Eindämmungsverordnung und das Infektionsschutzgesetz. Ihnen drohen erhebliche Geldstrafen.

Eine Brotpause ist nicht mehr erlaubt

In paar Minuten später rollt der Einsatzwagen der Polizei über die Seestraße. Das Wetter ist schön, es ist 16 Grad warm geworden. Dann, am Jungfernsee, entdecken die Beamten etwas, das in Coronazeiten nicht erlaubt ist. Zur Linken, nur ein paar Meter vom Ufer entfernt, sitzen zwei Männer in der Nachmittagssonne auf einer Bank. Ihre Fahrräder stehen neben ihnen. Sie sind Freunde und leben in Kleinmachnow, beide sind 19 Jahre alt. Der eine ist Medizinstudent in Berlin, der andere, ebenfalls Student, kommt aus Spanien.

Sie haben auf ihrer Radtour von Kleinmachnow eine Pause eingelegt und sich mit Broten gestärkt. Eine Pause ist, für Radler wie für Jogger, auch auf einer Parkbank erlaubt, das Pausenbrot macht das Geschehen jedoch zu einem Vorkommnis, genauer: zu einer Ordnungswidrigkeit. Einer der Beamten fragt, wie lange die beiden Männer sich dort schon ausruhen, der deutsche Student beißt in seine Schnitte und sagt: „Fünf Minuten.“ Der Polizist macht nicht den Anschein, ihm Glauben zu schenken. Er nimmt die Personalien auf, nun werden die Dinge ihren Lauf nehmen.

Zwei Potsdamer mit Sicherheitsabstand auf einer Bank,
Zwei Potsdamer mit Sicherheitsabstand auf einer Bank,

© Ottmar Winter

Nachbarn und Passanten weisen auf Verstöße hin

Alle Beteiligten sprechen höflich und gelassen miteinander. Als die Beamten weitergefahren sind, zeigt der Medizinstudent im Gespräch mit den PNN etwas Unverständnis: „Ich wusste, dass man nur zu zweit unterwegs sein darf. Aber mein Freund aus Spanien wohnt doch auch bei mir. Wenn alles, was über eine sehr kurze Pause hinausgeht, gleich eine Ordnungswidrigkeit ist, finde ich das ein bisschen kleinlich. Ich hätte hier ja auch keinen Grill ausgepackt.“ Er habe den Polizeibeamten gefragt, ab wie viel Minuten eine Pause beim Radfahren denn zu lang sei: „Der hat geantwortet, das wisse er nicht.“

Aber sie haben durchaus Verständnis für die Corona-Streifenfahrten, mit denen die Polizei und das Ordnungsamt der Stadt dafür Sorge tragen wollen, dass die Potsdamer sich nicht näher kommen als gesund für sie ist. Immer wieder haben die Uniformierten mit Bürgern zu tun, die sich um Gesetze und Vorschriften nicht scheren wollen, die sie schützen sollen. Sie gehen jedem Anruf nach, mit dem sie über den Notruf „110“ von Nachbarn oder Passanten auf Verstöße hingewiesen werden. „Nicht alle Hinweise bestätigen sich“, sagte Pressesprecherin Therese Franz den PNN, „oft konnten von den Einsatzkräften keine Personengruppen mehr festgestellt werden“.

Auch Partys werden noch gefeiert

Manchmal aber doch. Allein am Donnerstag stellten Polizeibeamte nach Angaben der Pressestelle in der Stadt gleich drei Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz fest. Zunächst beendeten sie eine offenbar feuchtfröhliche Zusammenkunft von sieben Personen, die sich vor dem Havel-Nuthe-Center getroffen hatten. Später sorgten sie dafür, dass sechs Personen unter der Langen Brücke nicht länger gemeinsam Alkohol tranken. Der nächste Einsatz fand in Drewitz statt. Zeugen hatten die Polizei darüber informiert, dass sich trotz der Infektionsgefahr fünf Personen und zwei Kinder in einer Wohnung an der Konrad-Wolf-Allee zu einer Party verabredet hatten.

Insgesamt stellt die Polizei den Bürgern keine schlechten Noten aus: „Allgemein trifft die Polizei auf einsichtige Bürgerinnen und Bürger, die für die Maßnahmen Verständnis aufbringen und sich an die Anweisungen der Polizei halten“, heißt es in einer Pressemitteilung.

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