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Blick vom Turm Cassero di Porta Sant Ãngelo am nördlichen Rand der alten Stadtmauer von Perugia.

© Imago Images

Potsdams Partnerstädte in der Coronakrise: Die Armut in Perugia wächst

Die Coronakrise bereitet der Wirtschaft im italienischen Perugia große Probleme. Auch die Menschen in Versailles leiden. Potsdam überlegt, wie seinen Partnerstädten am besten geholfen werden kann.

Von Birte Förster

Potsdam - Noch vor Kurzem waren die Plätze der Stadt sowie auch die Gassen in Perugia menschenleer. Mittlerweile haben die ersten Geschäfte in Potsdams italienischer Partnerstadt wieder geöffnet. Normalerweise sei in den Straßen viel Leben, erzählt Bernd Malzanini. Über den von ihm gegründeten Freundeskreis Potsdam-Perugia hält er auch in der Krisenzeit Kontakt zu Vertretern in der Region Umbrien, will Solidarität der Potsdamer Mitglieder mit den Nöten der Partner in Italien vermitteln. Die zentral gelegene Region Umbrien, dessen Hauptstadt Perugia ist, war von der Coronakrise bislang nicht so stark betroffen wie beispielsweise der Norden Italiens. 1370 Menschen sind in der Region Perugia positiv auf das Virus getestet worden, 65 Menschen starben an Covid-19, zitiert Malzanini aktuelle Informationen aus der Zeitung Perugia Today.

Die Krise trifft die Wirtschaft in der Stadt

Über eine Mitarbeiterin der dortigen Stadtverwaltung, Daniela Borghesi, zuständig für Internationale Beziehungen, hat Malzanini erfahren, dass sich die Krise in Perugia vor allem wirtschaftlich auswirkt. Laut Borghesi sind über 10.000 Menschen arbeitslos. Viele seien auf finanzielle Hilfe und Essenspenden angewiesen, die Anfragen bei der Caritas um 30 Prozent gestiegen. „Es ist schon sehr prekär für die Menschen“, meint Malzanini. Die Stadtverwaltung in Perugia lasse daher Familien, die in größere Schwierigkeiten gekommen sind, Lebensmittelgutscheine zukommen. Auch der Freundeskreis Potsdam-Perugia möchte die italienische Partnerstadt unterstützen und sammelt daher Spenden. 500 Euro werden aus der Vereinskasse gespendet.

Bernd Malzanini.
Bernd Malzanini.

© Anne-Kathrin Fischer

Als positiv hebt Malzanini die vielen Initiativen hervor, die durch die Krise entstanden sind. Eine Vereinigung hat einen so genannten „Nachbarschaftssolidaritätskorb“ geschaffen: Diejenigen, die es sich leisten können, spenden länger haltbare Lebensmittel wie Reis und Nudeln. Menschen in Not können sich nehmen, was sie brauchen. Eine Schneiderei wiederum, die sich auf Brautkleider spezialisiert hat, näht nun Masken, die über die Caritas an die Menschen weitergegeben werden. Musiker des Umbria-Ensembles veranstalten in ihren Behausungen kleine Konzerte, die über die sozialen Medien von jedem angeschaut werden können. „Eine schöne Solidaritätsbekundung“, findet Malzanini.

Auch in Versailles leiden die Menschen unter der Ausgangssperre

Noch am 8. März hat der Gründer des Freundeskreises einige Vertreter aus Perugia in Potsdam empfangen. Zum Internationalen Frauentag wurde in der Potsdamer Stadt- und Landesbibliothek die Panchina Rossa aufgestellt, eine rote Bank mit einer Frauenskulptur als Mahnmal gegen Gewalt an Frauen. Die italienische Kunstaktion wurde vom Freundeskreis initiiert. Zur Einweihung seien ein Lehrer und mehrere Schüler von einem Kunstgymnasium aus Italien gekommen, erzählt Malzanini. Verbote und geschlossene Grenzen wegen Corona gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Damals war noch keine Rede davon“, erinnert sich der 64-Jährige.

Auch in Potsdams französischer Partnerstadt Versailles leiden die Menschen unter den Auswirkungen der Coronakrise. Die Stadt sei nicht so schlimm von Infektionsfällen betroffen wie andere Gegenden in Frankreich, vor allem das benachbarte Paris, berichtet Jutta Michelsen, Vorsitzende des Freundeskreises Potsdam-Versailles. Aber die Menschen dort litten unter der Ausgangssperre, in Frankreich „confinement“ genannt. Kurz nach Ostern verkündete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass diese bis zum 11. Mai verlängert wird. Die Menschen dürfen das Haus nur verlassen, wenn es unbedingt nötig ist und das nur eine Stunde pro Tag in einem Radius von einem Kilometer. Das sei schon sehr streng verglichen mit Deutschland, meint Michelsen. Wie auch in Perugia seien durch die Restriktionen in Versailles kaum Menschen auf den Straßen, hat Michelsen von Versaillern erfahren.

Auch Projekte mit Opole finden gerade nicht statt

Mit den Freundeskreis-Vertretern in Versailles stehen die Potsdamer in regelmäßigem Kontakt. „Wir schicken uns aufmunternde E-Mails“, erzählt die pensionierte Französischlehrerin. Eigentlich wollten sie Anfang Mai eine Gruppe aus Versailles in Potsdam empfangen. „Das fällt ins Wasser“, sagt Michelsen. Auch alle weiteren Pläne und Projekte stehen unter Vorbehalt.

Ähnlich ist die Situation auch beim Opole-Club Potsdam: Gemeinsame Projekte mit den Partnern aus der polnischen Stadt seien derzeit nicht möglich, bedauert Frank Kupferschmidt, Vorsitzender des Opole-Clubs Potsdam. In der polnischen Partnerstadt gibt es laut Kupferschmidt aktuell 371 Corona-Infizierte, 24 Menschen sind bislang an Covid-19 gestorben. Außerdem wirken sich die Schließungen von Geschäften, Restaurants und Cafés auch dort wirtschaftlich aus. Die Universitätsstadt lebe vor allem vom Tourismus und von der Gastronomie, berichtet Kupferschmidt. Und auch die Bauindustrie leide unter der Situation. Der Vorsitzende spricht von „einer schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt“.

Jyväskylä noch nicht so stark betroffen

Zu den insgesamt neun Partnerstädten hat auch Isabell Sommer, Koordinatorin für Städtepartnerschaften in der Potsdamer Stadtverwaltung, Kontakt aufgenommen. Im Namen von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) seien E-Mails an die Partnerstädte verschickt worden, „um ein paar solidarische Worte zu senden“, sagt Sommer. Darin hätten sie sich aber auch erkundigt, wie die Situation in den Städten sei und ob diese Unterstützung benötigten. Bislang habe es aber kaum Reaktionen gegeben. Antworten seien aus Luzern aus der Schweiz gekommen, wo es auch strenge Restriktionen gibt, sowie aus dem finnischen Jyväskylä, das bisher noch nicht so stark von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen sei. Unterstützung könne wohl am ehesten Perugia brauchen, vermutet die Koordinatorin. „Wir sind noch dabei herauszufinden, wie wir denen am besten helfen können“, sagt Sommer.

Wer für Perugia spenden möchte, kann einen Beitrag auf das Konto des Freundeskreises Potsdam-Perugia e. V. überweisen. Die IBAN lautet DE 16 1605 0000 1000 7386 94. Unter dem Vermerk sollte „Spende für Perugia“ stehen.

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