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Elemente aus Sandstein schmücken den Turm. Auf der Aussichtsplattform kann man einen 360-Grad-Blick über die Innenstadt werfen.

© Andreas Klaer

Potsdams neuer Turmblick: Auf der Baustelle der Garnisonkirche

Unklare Baukosten und offene Spenden: 2024 soll der Garnisonkirchturm eröffnen. Aber noch haben die Befürworter des umstrittenen Projekts einige Hürden zu nehmen.

Potsdam - Mit dem Bauaufzug geht es nach oben, in 57 Meter Höhe: Die Aussichtsplattform, die künftig eine der Haupteinnahmequellen zum Betrieb des Turms der Garnisonkirche darstellen soll, ist so gut wie fertig. „Maximal 40 Personen inklusive drei Menschen im Rollstuhl können sich gleichzeitig auf der Plattform aufhalten“, sagt Wieland Eschenburg, Vorstand der Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche.

Auch die hohen Geländer sind bereits installiert, über die künftige Besucher:innen einen 360-Grad-Blick über die Innenstadt werfen können: Die Aussicht reicht bis nach Berlin, Fernsehturm und Potsdamer Platz sind am Horizont zu erkennen. Richtung Hermannswerder ist der gewundene Verlauf der Havel bis nach Caputh zu sehen. Mit seinen 57 Metern ist Turm aktuell so hoch wie das Hotel Mercure, für die kompletten 88 Meter fehlt noch die Turmhaube mit der Wetterfahne. 

In knapp 60 Metern Höhe steht Wieland Eschenburg auf der künftigen Aussichtsplattform des Kirchturms. 
In knapp 60 Metern Höhe steht Wieland Eschenburg auf der künftigen Aussichtsplattform des Kirchturms. 

© Andreas Klaer

Kürzlich hatte der Bund 4,5 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt – reicht das für die Fertigstellung des Turms inklusive Turmhaube? „Es soll reichen“, sagt Eschenburg. „Das werden wir bei der Ausschreibung für die Turmhaube sehen.“ Wegen steigender Energiepreise könne man momentan nicht wirklich abschätzen, wie hoch die Kosten sein werden.

Aktuell gebe es laut Eschenburg für die Stiftung beim Bau drei Prioritäten: Priorität eins seien alle absolut notwendigen baulichen Maßnahmen, damit der Turm abgenommen werden könne. Priorität zwei sei alles, was man zur künftigen Nutzung der Innenräume benötige, also etwa Mobiliar. Priorität drei sei die Turmhaube – sowie, nachgeordnet, alle noch offenen Schmuckelemente. „Wir werden die Ausschreibung für die Turmhaube erst machen, wenn Priorität eins und zwei gesichert sind“, sagt Eschenburg. Dies soll voraussichtlich im kommenden Frühjahr passieren.

Die Eröffnung des Turms ist für das erste Halbjahr 2024 anvisiert.
Die Eröffnung des Turms ist für das erste Halbjahr 2024 anvisiert.

© Andreas Klaer

Obere Treppenhaus ist weitgehend fertig

In früheren Berechnungen waren für Turmhaube und Glockenspiel zusammen vier Millionen Euro veranschlagt worden – angesichts der gestiegenen Kosten im Bausektor dürfte es trotz der Bundesmittel sehr knapp werden. „Zwischen 2017 und 2022 sind die Baupreise in Brandenburg um 53 Prozent gestiegen“, sagt Eschenburg. Die Eröffnung des größtenteils aus Steuermitteln finanzierten Turmes ist dennoch für das erste Halbjahr 2024 anvisiert – zur Not müsse das eben vorerst ohne Haube geschehen, so Eschenburg.

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Im Innern des Turms gehen derzeit die Arbeiten an den Böden vor sich, die Elektrik ist größtenteils schon verlegt. Auch das obere Treppenhaus ist weitgehend fertig: Hier führen insgesamt 365 Stufen bis zur Aussichtsplattform. Großzügige Spender:innen können sich mit einer Messingtafel an den Stufen verewigen – für 5000 Euro pro Stufe. „Das klingt erst mal viel, aber zum Vergleich: Ein Grabstein auf dem Friedhof kostet ähnlich viel, ist aber nicht für die Ewigkeit“, sagt Eschenburg. „Diese Stufen hingegen schon.“ Wer durch das Treppenhaus geht, sieht neben den bereits vermauerten Spendenziegeln noch viele leere Nischen an der Wand: 5000 Ziegel wurden bislang erworben, 10.000 sind noch übrig. Insgesamt werden für Schmuckelemente und Glockenspiel noch rund vier Millionen Euro Spenden benötigt.

Um 53 Prozent sind die Baukosten in Brandenburg laut Eschenburg seit 2017 gestiegen. 
Um 53 Prozent sind die Baukosten in Brandenburg laut Eschenburg seit 2017 gestiegen. 

© Andreas Klaer

Neben der Treppe soll ein Lift mit Glaskabine zur Turmspitze führen. Es wird jedoch keinen durchgehenden Aufzug vom Erdgeschoss bis zur Turmspitze geben: Hätte man einen Lift direkt von oben nach unten gebaut, würde dieser genau in der Mitte des Hauptraumes im Erdgeschoss landen, so Eschenburg. Daher steigt man unten zunächst in einen Aufzug im Seitenflügel und muss dann in der Mitte in den zweiten Aufzug umsteigen. Hier, auf etwa 17 Metern Höhe, soll sich zudem eine weitere kleine Aussichtsplattform auf dem westlichen Seitenflügel befinden.

Stiftung muss sparen

Die Stiftung sieht sich gezwungen, an manchen Stellen zu sparen: Die acht Meter hohen Schallluken im oberen Teil des Turms werden eigentlich mit Holzlamellen verschlossen, doch da dies gerade zu teuer ist, werde man als Provisorium stattdessen Polycarbonatplatten einsetzen, so Eschenburg.

Während der Turm Gestalt annimmt, ist nach wie vor unklar, was auf dem dahinter liegenden Grundstück passieren soll: Eschenburg bleibt dabei, dass der unter anderem von Alt-Bischof Wolfgang Huber ausgehandelte Kompromiss für ein „Haus der Demokratie“ nur ein Vorschlag sei. „Das war die erste richtig tragfähige Idee für den Ort“, sagt Eschenburg. Ein Haus der Demokratie sei eine gute Erweiterung für den Turm: „Wir sind ja schon ein Ort der Demokratie“, sagt Eschenburg mit Verweis auf die Bildungsarbeit, welche die Stiftung in der Nagelkreuzkapelle durchführt.

Die Debatte um die Garnisonkirche geht unvermindert weiter
Die Debatte um die Garnisonkirche geht unvermindert weiter

© Andreas Klaer

Dennoch bestehe aus Sicht der Stiftung „kein Zeitdruck“, das Grundstück, auf dem sich früher das Kirchenschiff befand, mit einem Haus der Demokratie zu bebauen: „Es könnte auch erst mal eine Grünfläche oder eine ‚Nachdenkfläche‘ sein“, so Eschenburg. Die Fördergesellschaft zum Wiederaufbau der Garnisonkirche lehnt den besagten Kompromiss ab und hat sich die Rekonstruktion des Kirchenschiffs zum Ziel gesetzt.

Zeitdruck herrscht hingegen beim Rechenzentrum: 2023 soll es eigentlich geräumt werden. „So sieht es der Vertrag mit der Stadt vor“, sagt Eschenburg. Da das neue Kreativquartier auf dem Nachbargrundstück jedoch erst 2024 fertig werde, gebe es nun neue Rahmenbedingungen, so Eschenburg. Das Kuratorium der Garnisonkirchenstiftung müsse daher neu darüber entscheiden, wann der Teil des Rechenzentrums, der sich auf dem Grundstück der Garnisonkirche befindet, geräumt werden müsse. „Wir werden wahrscheinlich auf der nächsten Sitzung des Kuratoriums im November darüber sprechen“, sagt Eschenburg.

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