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Manuel Hansen in seinem Restaurant Maison Charlotte in der Mittelstraße. 

© Sebastian Gabsch PNN

Potsdams Gastronomen und Hoteliers in der Pandemie: Warten auf irgendwann

Seit fast sechs Monaten sind die Restaurants geschlossen, viele Potsdamer Gastronomen zermürbt vom Dauerlockdown. Hoffnung setzen sie, genau wie die Hotelbetreiber, auf den Sommer. 

Potsdam - Manuel Hansen klingt sehnsüchtig. "Wir wollen endlich wieder anfangen, zu arbeiten!" Seit Anfang November und dem Beginn des Lockdown light sind seine Restaurants Maison Charlotte im Holländischen Viertel und Pauline im Nauener Tor geschlossen, wie die gesamte Gastronomie in Brandenburg. Seine 20 Mitarbeiter sind seit einem halben Jahr in Kurzarbeit. Manche hätten sich mittlerweile einen anderen Job gesucht, sagt er. Unruhe und Unsicherheit prägen seinen Gemütszustand. 

Das Abholangebot des Maison Charlotte, Gourmand-Taschen mit einem Viergänge-Menü für zwei Personen, werde zwar recht gut angenommen, sagt Hansen. Aber wirtschaftlich lohnt sich das nicht. "Was wir gerade machen, ist eher Beschäftigungstherapie." Wichtig sei es trotzdem, um in Kontakt zu bleiben mit Stammkunden des Restaurants, das im vergangenen Jahr 25 Jahre alt wurde. Um über die Runden zu kommen, hat er Überbrückungshilfe beantragt und auch bekommen. "Aber mehr als zwei oder drei Monate halte ich nicht mehr durch", so Hansen. Er will aber nicht jammern, das ist ihm wichtig, sondern endlich wieder loslegen. "Wir haben das Weinzimmer umgebaut, um die Abstände einhalten zu können, haben ein Hygienekonzept, wir sind bereit." Spätestens Mitte Mai, so hofft er, könne zumindest Außengastronomie wieder öffnen.

Mario Kade vor dem Restaurant am Pfingstberg. 
Mario Kade vor dem Restaurant am Pfingstberg. 

© Sebastian Gabsch PNN

An Mai glaubt Mario Kade, Chef von Kade's Restaurant am Pfingstberg, kaum noch. Juni vielleicht? Er nennt es "ehrfürchtiges Abwarten". Jeden Morgen beim Aufstehen zähle er die Tage, seit denen sein Restaurant geschlossen ist. 174 sind es schon. Den Dauerlockdown sei er leid, das ewige Hinhalten der Gastronomie. Es brauche endlich ein Datum, auch damit sich die Mitarbeiter und die Lieferanten vorbereiten können. 

"Unser Kerngeschäft geht uns von Tag zu Tag verloren", so Kade. All die Geburtstage, Hochzeiten oder anderen Feste, die sonst im Sommer gefeiert, für die vorher schon geplant und Tische reserviert werden. Das Außer-Haus-Geschäft decke dagegen nicht einmal die Kosten. "Aber es hilft uns, nicht ganz den Mut zu verlieren und in der Resignation zu versinken." Er hat in drei große Luftreinigungsanlagen in den Restauranträumen investiert. Eine App zur Kontrolle von Tests und Impfungen findet er sinnvoll, auch bevorzugte Impfungen für das Personal, um noch mehr Sicherheit zu bieten. Dann aber müsse auch innen geöffnet werden dürfen. Ausschließlich das "unsichere Gartengeschäft" reiche nicht aus. 

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"Wieder Luft kriegen"

So sieht das auch Georgios Katirtzidis. Er ist der Inhaber des griechischen Restaurant Paros in Babelsberg. "Stellen Sie sich mal vor, die Gäste sitzen draußen vor ihrem Essen, und es fängt an zu regnen. Soll ich die dann nach Hause schicken?" Auch seine Mitarbeiter sind alle in Kurzarbeit - aber drei sind schon abgesprungen. "Sie sind zurück gegangen nach Griechenland, da ist wenigstens das Wetter besser", sagt er und klingt resigniert. "Im Sommer müssen wir endlich öffnen dürfen, dann kriegen wir wieder Luft." Sonst werde es das Restaurant im Herbst nicht mehr geben. 

Im Hotel Mercure übernachten derzeit keine Gäste. 
Im Hotel Mercure übernachten derzeit keine Gäste. 

© Andreas Klaer

Auch die Hoteliers können derzeit nicht viel mehr tun als warten. "Seit Dezember ist geschlossen, aktuell haben wir keinen einzigen Gast", sagt der Direktor des Mercure Hotels, Daniel Schmidt. Auch seine Mitarbeiter sind größtenteils in Kurzarbeit, auch wenn im Hotel auch ohne Gäste Arbeit für den Unterhalt des Hauses anfällt. Erst habe er auf Ostern gehofft, nun hofft er auf Ende Mai, auf schnellere Impfungen und Öffnungen. Wie viele andere in der Hotel- und Gastrobranche ist Schmidt überzeugt, dass die Ansteckungsgefahr in einem Haus mit Hygienekonzept deutlich niedriger ist als bei privaten Treffen zu Hause. "Ich hoffe im Sommer auf so viele Touristen wie 2020", sagt er. Denn das Tagungsgeschäft, so vermutet er, werde sich wohl erst 2022 erholen. 

Große Tagungen, sonst der Markenkern des Kongresshotels am Luftschiffhafen, können auch dort derzeit nicht stattfinden. Aber immerhin 40 Geschäftsgäste übernachten derzeit im Hotel, alle mit dienstlichem Nachweis, wie Mitarbeiter Simon Karau sagt. Nicht viel bei rund 800 Betten. "Die Situation nimmt uns ganz schön mit", so Karau. "Wir hoffen sehr, dass bald wieder Privatreisen zugelassen werden." 

Olaf Lücke, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes dehoga Brandenburg, hofft auf den Dreiklang aus Impfen, Testen und Hygienekonzept. 
Olaf Lücke, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes dehoga Brandenburg, hofft auf den Dreiklang aus Impfen, Testen und Hygienekonzept. 

© Andreas Klaer

Olaf Lücke, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Brandenburg (dehoga) bestätigt: "Die Lage ist dramatisch." Eine Befragung seines Verbandes von Anfang April habe ergeben, dass sich 20 Prozent der Unternehmen als akut gefährdet ansehen. Und das, obwohl ein sehr großer Anteil von Gastronomen und Hoteliers in Brandenburg Überbrückungshilfen erhalten habe. Die Branche blicke sorgenvoll in die Zukunft. "Gerade jetzt wird das Wetter besser, die Leute wollen raus, und die Gastronomen dürfen noch immer nicht öffnen." 

Impfen, Testen, Hygiene

Die aktuelle Pandemielage gebe es nicht her, aber sobald die Inzidenz sinke, müsse die Politik so schnell wie möglich Öffnungsperspektiven ermöglichen. "Wir setzen auf einen Dreiklang aus Impfen, Testen und Hygiene", so Lücke. Ob Bundesnotbremse oder nicht, dies mache keinen großen Unterschied. Viel wichtiger sei es, dass die Menschen ausreichend Disziplin aufbrächten, um die Infektionszahlen zu senken. "Dann bin ich überzeugt, dass der Sommer ein ganz hervorragender sein wird. Denn die Kunden stehen genau wie die Unternehmer in den Startlöchern", sagt Lücke.

Aussetzen der Bettensteuer?

Der Tourismusverband Potsdam setzt sich derweil nach dem Ende des Übernachtungsverbotes für Privatreisende für eine Aussetzung der Bettensteuer ein. "Die Betriebe haben, sobald es wieder losgeht, erst einmal damit zu tun, die Verluste wieder auszugleichen", teilte der Tourismusverband mit. Potsdam erhebt nach Angaben des Verbandes von den Hotel- und Pensionsbetreibern, zu den auch Anbieter von Ferienwohnungen zählen, eine Übernachtungssteuer in Höhe von fünf Prozent des Nettopreises für Privatreisende. 

Dies gilt seit dem Jahr 2014 und hat pro Jahr bis zu 1,5 Millionen Euro in die Stadtkasse gespült. Im Jahr 2020 sind coronabedingt gegenüber dem Vorjahr knapp 42 Prozent weniger Gäste in Potsdam gewesen. Bei den Übernachtungen seien es rund 35 Prozent weniger gewesen, so der Tourismusverband. Damit bewegen man sich auf dem Niveau von 2008 – und die Prognose für das laufende Jahr sehe noch schlechter aus.

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