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Decke angezündet. In diesem Haus kam es zur Verpuffung.

© Manfred Thomas

Potsdamerin löst Benzinexplosion aus: Eine Verzweiflungstat

Eine 55-jährige Potsdamerin zündete vor der Zwangsräumung ihr Haus an. Erst kürzlich hatte in Berlin der Fall einer 67-Jährigen für Erschütterung gesorgt, die wenige Tage nach der Zwangsräumung in einer Notunterkunft gestorben war.

Am Stern - Eine Potsdamerin, bei der eine Gerichtsvollzieherin vor der Tür stand, hat eine Verzweiflungstat begangen und in ihrem Haus eine Benzinexplosion ausgelöst. Dabei wurde die Frau verletzt, teilte die Polizei am Donnerstag mit.

Demnach habe sich der Vorfall am Donnerstag gegen 9.30 Uhr ereignet. Nach ersten Erkenntnissen habe eine Gerichtsvollzieherin geklingelt, um gegen die Bewohnerin des Hauses eine Zwangsräumung durchzusetzen. Allerdings habe die 55-Jährige nicht geöffnet. Stattdessen sei sie in den Keller ihres Hauses gegangen und habe dort eine Decke mit Benzin getränkt und angezündet. Dadurch sei es zu einer Verpuffung gekommen, so eine Polizeisprecherin. Als die Gerichtsvollzieherin die Explosion hörte, habe sie Polizei und Feuerwehr angerufen, vor Ort sahen die Rettungskräfte in dem Keller ein Feuer. Die Frau erlitt eine Rauchgasvergiftung und wurde in ein Potsdamer Krankenhaus gebracht.

Wie die Polizei weiter mitteilte, habe die Frau in dem Haus in der Steinstraße allein gelebt. Offensichtlich handele es sich bei der Tat um einen Hilferuf, hieß es aus Ermittlungskreisen. Gegen die Frau werde nun wegen schwerer Brandstiftung ermittelt, so die Polizeisprecherin. Bei der Explosion seien etwa zehn Quadratmeter des Kellerraumes beschädigt worden, die anderen Etagen des Hauses seien nicht betroffen. Eine Gefahr für angrenzende Gebäude habe ebenfalls nicht bestanden.

In Berlin hatte zuletzt der Fall einer 67-Jährigen für Wirbel gesorgt, die kurz nach der Zwangsräumung ihrer Wohnung in einer Notunterkunft starb. Die Räumung wurde offenbar durchgeführt, obwohl ein Arzt der Frau einen sehr schlechten Gesundheitszustand bescheinigte. Bei einer Gedenkkundgebung gab es Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Solche dramatischen Fälle hat es in Potsdam bisher nicht gegeben. Jedoch hat es in den letzten Jahren eine steigende Zahl von Kündigungen durch Vermieter als auch von angesetzten Zwangsräumungen gegeben. Wurden der Stadtverwaltung nach eigenen Angaben im Jahr 2010 noch 153 Zwangsräumungen angekündigt, waren es im Jahr 2011 bereits 197. Allein in der ersten Hälfte von 2012 waren es schon 104. Abschließende Zahlen für das vergangene Jahr liegen noch nicht vor. Wie viele Wohnungen tatsächlich geräumt wurden, ist aus den Daten der Stadtverwaltung nicht ersichtlich: Denn trotz Räumungsklagen können sich Mieter und Vermieter noch gütlich einigen.

Die Hauptursache für Zwangsräumungen sind Mietschulden. Die Stadt übernimmt Mietschulden als Darlehen, wenn die Wohnung dadurch gesichert werden kann. Allein im ersten Halbjahr 2012 gab sie dafür 104 000 Euro aus. „Der Aufwand, um insbesondere anstehende Zwangsräumungen zu verhindern, steigt stetig an“, hatte zuletzt ein Stadtsprecher den PNN erklärt.

Hilfe für Betroffene gibt es seit 1998 in der Fachstelle der Stadtverwaltung in der Jägerallee, in der Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte beraten und unterstützt werden. Beratungen in Sachen Mietschulden bieten auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) sowie die Pro Potsdam für ihre Mieter an.HK/mar

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