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Verzicht üben. Die kommunale Pro Potsdam soll künftig bei Neuvermietungen weniger Geld nehmen, die Modernisierungskosten in einer geringeren Höhe als zulässig auf die Mieter umlegen und die Kappungsgrenzen bei Mietsteigerungen senken. Ab 1. Oktober sollen die Maßnahmen gelten.

© Andreas Klaer

POTSDAMER WOHNUNGSMARKT: Einnahmeverlust als Mietenbremse

Potsdams städtische Gesellschaft Pro Potsdam soll durch einen Gewinnverzicht den Wohnungsmarkt in der Landeshauptstadt stabilisieren.

Die SPD will die Pro Potsdam im Kampf gegen die Explosion der Mieten in der Landeshauptstadt in die Pflicht nehmen: Auf 13 Millionen Euro an Einnahmen soll das kommunale Wohnungsunternehmen in den nächsten zehn Jahren insgesamt verzichten, um das Wachstum der Mieten zu verlangsamen.

Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein und SPD-Kreischef Mike Schubert stellte ihr Parteigenosse, Oberbürgermeister Jann Jakobs, am Freitag vor, wo die Pro Potsdam ihre Gewinnmargen herabsetzen soll: Zunächst dürfen die Kosten von Modernisierungen statt mit elf Prozent, wie gesetzlich zulässig, nur noch mit neun Prozent auf die Miete umgelegt werden. Erhöhungen bei Neuvermietungen werden auf zehn Prozent über der Vergleichsmiete gedeckelt, die der Mietspiegel für den betreffenden Stadtteil ausweist. Allein dies mache zehn Millionen Euro weniger an Einnahmen aus, sagte Jakobs. Und schließlich: Die laut Gesetz definierte Kappungsgrenze, die einem Vermieter innerhalb von drei Jahren eine Erhöhung um 20 Prozent erlaubt, wird auf 15 Prozent in vier Jahren festgelegt.

In der Augustsitzung sollen die Stadtverordneten das Papier auf dem Tisch haben – die Zustimmung der Pro Potsdam indes hat sich Jakobs bereits geholt. Man trage die vorgeschlagenen Maßnahmen „in vollem Umfang mit“, erklärte Pro- Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal am Freitag. Vier Millionen Euro des geplanten Einnahmeverlustes will die Gesellschaft auffangen, indem sie alte Kreditverträge ablöst und stattdessen neue abschließt – wegen des historisch niedrigen Zinssatzes lässt sich so effektiv Geld sparen. Mit dem Projekt spiele Potsdam bundesweit eine Vorreiterrolle, sagte Carsten Hagenau, Sprecher der Wohnungsunternehmen des Arbeitskreises Stadtspuren, den PNN.

„Wir hoffen, dass sich andere Vermieter anschließen“, erklärte Jakobs. Der Pro Potsdam gehören rund 17 000 von insgesamt etwa 84 000 Wohnungen in der Landeshauptstadt. Das städtische Unternehmen ist damit der größte Vermieter hier.

Die SPD reagiert mit ihrem Vorschlag auch auf den erneuten Antrag der Fraktion Die Andere, die Nettokaltmiete für alle Bestandsmieter der Pro Potsdam pauschal um 20 Prozent zu senken. Jakobs warnte davor, diese Idee umzusetzen: Binnen zehn Jahren würde das einen Verlust von 140 Millionen Euro bedeuten. „Damit können wir ein Unternehmen gegen die Wand fahren“, sagte er.

Mit Maßnahmen wie dem Familienbonus mit 50 Euro Mietnachlass pro Kind und dem Wohnflächenbonus von zehn Prozent beim Bezug einer kleineren Wohnung gebe es bereits jetzt ein Programm, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Die Stadtverwaltung verfüge zudem über ein Potenzial von 1000 Wohnungen, die beim Nachweis entsprechend geringer Einkommen gefördert werden können. Bisher hätten 64 Familien dazu einen Antrag gestellt.

Diese Programme könne die Pro Potsdam trotz des von der SPD initiierten Maßnahmenpaketes weiterhin stemmen, erklärte Westphal. Gleiches gelte für die Verpflichtung, bis 2019 aus den Unternehmensgewinnen 1000 neue Wohnungen zu bauen.

Laut Jakobs beträgt die Nettokaltmiete bei 35 000 Potsdamer Wohnungen lediglich 5,16 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Für Wohnungssuchende ist diese Zahl jedoch nicht relevant. So werden für eine 62 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung im Niels-Bohr-Ring am Stern 548,56 Euro verlangt, was einem Quadratmeterpreis von 8,85 Euro entspricht. Zuzüglich Betriebskosten dürfte sich die Miete der Plattenwohnung auf monatlich über 700 Euro summieren.

Der Leerstand in Potsdam ist laut Jakobs verschwindend gering, bei der Pro Potsdam beträgt er nur 0,5 Prozent. Für einen gesunden Wohnungsmarkt seien mindestens drei Prozent erforderlich. In den nächsten zehn Jahren würden nach Angaben des Oberbürgermeisters bis zu 14 000 neue Wohnungen gebraucht.

Günter Schenke

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