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Vor einem Jahr wurde der Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße geräumt und abgesperrt.

©  Sebastian Gabsch/PNN

Potsdamer Weihnachtsmarkt: DHL-Erpresser: Die Spur verliert sich in Berlin

Vor einem Jahr löste der DHL-Erpresser Angst und Schrecken auf dem Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße aus. Die Polizei dachte schon mehrmals, dem Täter auf der Spur zu sein. Doch bis heute ist er auf freiem Fuß.

Potsdam - Es war im Advent 2017: Ein explosives Paket, verschickt an einen Apotheker in der Potsdamer Innenstadt, ließ die Vorweihnachtsstimmung kippen. Weitere Pakete folgten in Berlin. Die Brandenburger Polizei glaubte seither mehrfach dem Täter, der von DHL Millionensummen fordert, auf den Fersen zu sein. Doch jedes Mal zerschlug sich der Verdacht. Zuletzt scheiterten die Ermittler an Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung. Und die Sicherheitsbehörden waren weitaus früher gewarnt. Das berichtet die „Bild“-Zeitung. Polizeisprecher Torsten Herbst wollte den Bericht am Wochenende weder bestätigen noch dementieren: „Kein Kommentar.“ Die Verärgerung ist groß. Denn die bisherige Strategie der Polizei war: Die Taten öffentlich machen zur Gefahrenabwehr, aber keine Details nennen – um keine neuen Taten zu provozieren.

Der oder die Täter nennen sich demnach „Omar“. Vier Paketbomben gehen auf sein Konto. Am 1. Dezember 2017 landete ein Paket in der Königin-Luise- Apotheke in Potsdam, der Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße musste geräumt werden. Beim Öffnen entdeckte der Apotheker Drähte, die Zündvorrichtung funktionierte nicht. Die Ermittler fanden Böller, Batterien und Nägel. Bei einer Explosion hätten Menschen schwer verletzt werden können. Im Januar landete ein Päckchen in einer Bank an der Schlossstraße in Steglitz, Ende März in der Handwerkskammer in Kreuzberg. Mitarbeiter entdeckten stets verdächtige Drähte. Kriminaltechniker befanden: Alle Pakete stammen vom DHL-Erpresser.

Sie Serie hatte schon 2017 begonnen

Schon Anfang November 2017 hatte er eine Paketbombe an einen Online-Versandhändler in Frankfurt (Oder) verschickt. Das Paket ging samt Bekennerschreiben in Flammen auf. Hinweise hatte es bereits am 13. September 2017 gegeben. Laut „Bild“ hatte das Bundeskriminalamt (BKA) eine E-Mail erhalten. Der Verfasser soll monatlich 30 000 Euro in der Kryptowährung Bitcoin gefordert und gedroht haben, an wahllose Adressen Paketbomben zu verschicken. Das BKA informierte die Polizei in Bonn, wo DHL sitzt. Die Ermittlungen führten zu keinem Ergebnis. Erst im Potsdamer Fall wurde ein QR-Code gefunden, der führte zu einem digitalen Erpresserbrief, die Forderung: Zwölf Millionen Euro in Bitcoin .

Die Spur führte ins Darknet

Die vor einem Jahr gegründete Soko „Quer“ der Brandenburger Polizei übernahm auch die Berliner Fälle. Mehrfach wähnten sich die Ermittler, darunter Cyberkriminologen, Hacker-Experten und Profiler, vor dem entscheidenden Schlag. Zwischenzeitlich haben sie dem Bericht zufolge erwogen, einen Teil des Geldes zu zahlen, um den Weg der Digitalwährung zu verfolgen. Doch im Darknet hätte sich jede Spur verloren. Es ist ein anonymer Bereich des Internets, beliebt für illegale Geschäfte mit Waffen und Drogen.

Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke zeigte sich zunächst optimistisch, sprach später von einer 50:50-Chance. Im Sommer hieß es, der Täter verschlüssle seine Kommunikation, sei hochprofessionell im Darknet unterwegs. Anhand der Spuren gingen die Ermittler auch von mehreren Tätern aus. Mit Spürhunden wurde in Berlin gesucht, Spezialkräfte observierten Verdächtige, einige wurden vernommen. Doch bei keinem konnte der dringende Tatverdacht erhärtet werden.

Am 20. April brach der Kontakt ab

„Omar“ hat laut dem Bericht sogar direkt mit DHL verhandelt – per E-Mail und anonym über Server in Russland. Treffen oder Telefonate lehnte er ab. Am 13. April schrieb er, es gebe ein weiteres Paket: Viel Zeit bleibe nicht, bis „das Kind“ die Bombe finde. Signiert worden sei die E-Mail mit „One Man Army Rebel“, also Omar. Am 20. April sei der Kontakt abgebrochen. Die letzte Spur verliert sich in einem Hotel in Friedrichshain. Die Ermittler fanden heraus, dass sich Omar dort ins W-Lan eingeloggt hat. Doch die Daten dazu hatte der deutsche Internetanbieter nicht mehr. Denn das Gesetz zu Vorratsdatenspeicherung sieht eine Löschung nach vier Wochen vor.

50 „Quer“-Ermittler des Landeskriminalamtes werteten über Monate rund 1000 Spuren und Hinweise aus. Seit August sind es 15 Beamte. Die Polizei sieht es als Teilerfolg an, dass seit April keine Paketbombe mehr aufgetaucht ist, es keine Verletzten oder Todesopfer gab.

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