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Ronny Pietzner (r.), hier mit Trainer Paul Emde, nimmt vom 23. bis 29. November mit 26 Köchen an der WM in Luxemburg teil.

© Ronny Budweth

Potsdamer Teamchef bei Koch-WM in Luxemburg: "Ich fahre da nicht hin, um einen Blumentopf zu gewinnen"

Deutschland könnte wieder Weltmeister werden. Zumindest im Kochen. Ronny Pietzner aus Potsdam, Teamchef der deutschen Koch-Nationalmannschaft, spricht im Interview darüber, wie sie die internationale Jury überzeugen wollen.

Herr Pietzner, Sie sind auf der Autobahn nach Luxemburg, zur Koch-Weltmeisterschaft 2018. Haben Sie Ihre Messer im Kofferraum dabei?
Nein, denn wir reisen mit zwei 7,5-Tonnern an. Da ist alles drin, spezielle Elektrogeräte, Messer, das viele, kleinteilige Geschirr für das Buffet, dafür brauchen wir unheimlich viel Zeug. Das alles übrigens in doppelter Ausführung, weil wir mit zwei Teams antreten. Dem Seniorteam und dem Jugendteam.

Sie sind der Teammanager, zum zweiten Mal, 2006 holten Sie mit Ihrer Mannschaft in Singapur den Weltmeistertitel. Wird das dieses Jahr wieder klappen?
Das wäre schön, und wer mich kennt, der weiß, ich fahre da nicht hin, um einen Blumentopf zu gewinnen. Wir sind eine starke Mannschaft, 26 Köche von 19 bis 64 Jahren, und natürlich wollen wir unter die Ersten, auch wenn die Teams noch nicht so lange zusammen sind und die Vorbereitungszeit knapp war. Aber Deutschland war seit 2006 nicht mehr Weltmeister. Jetzt wollen wir zeigen, dass wir wieder da sind.

Im Seniorteam sind auffällig viele Köche aus dem Osten vertreten. Aus Werder (Havel) Jacob Tracy vom Rittmeister und Christian Haferkorn aus Kremmen.
Ja, ich hoffe, das kreidet mir keiner an. Aber die sind nun mal gut und ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann.

Womit wollen Sie in Luxemburg bei der Jury punkten?
Wir haben eine neue Philosophie entwickelt: Wir wollen nachhaltig, gesund, regional und saisonal kochen. Das geht auch bei einer Weltmeisterschaft.

Also keine Flugmango, keine Orange.
Wir werden stattdessen den Boskop neu in Szene setzen. Die Griesflammerie. Wir benutzen Produkte, die eingelegt oder mariniert wurden. Das sind alte Traditionen, die wir wieder in den Fokus rücken.

Was wird es noch geben?
Lamm, aber dann eben das ganze Tier, nicht nur den Braten, sondern auch Bratwurst oder Ragout.

Sind die Themen vorgegeben? Oder gibt es Überraschungen?
Nein, es gibt keine Black Box. Wir wissen zum Beispiel schon, dass bei den Jugendlichen eine Leber drin sein muss, im Hauptgang oder in der Vorspeise. Man muss das ja auch üben.

Waren wir in Potsdam – Sie kochen mit Ihrer Firma unter anderem für die Metropolishalle – mal Versuchskaninchen?
Als Caterer bringt man so was natürlich hier und da bei Aufträgen unter, probiert Ideen aus und schaut, wie das den Leuten schmeckt. Im Spreewälder Restaurant Die Bleiche haben wir zum Beispiel viel mit dem Boskop gemacht.

Gibt es Produkte, die Ihnen aufgrund des trockenen Sommers jetzt fehlen, das Teltower Rübchen zum Beispiel, das dieses Jahr gar nicht wuchs?
Das Rübchen war nicht im Programm. Nein, jeder unserer Köche bringt was mit, aus ganz Deutschland. Fisch aus Neuruppin und die Kuh kommt aus Trier.

Welche Disziplinen gibt es?
Wir kochen unter anderem ein Dreigangmenü für 110 Personen, für die Jury, aber auch die internationalen Gäste aus Japan oder Thailand, die wissen wollen, wie Deutschland kocht. Das Ganze allerdings als eine Art Kalte Platte.

Mit einer Kalten Platte gingen Sie als Azubi in Ihren ersten Wettkampf, aber der lief nicht so gut für Sie.
Stimmt (lacht), die Platte war nicht so doll. Aber hier geht es nicht um die Renaissance der Kalten Platte, sondern um eine kalte Präsentation der Dinge, die sonst eher warm gegessen werden. Damit man einen Eindruck von der Bandbreite des Menüs bekommt.

Was wird es noch Leckeres geben?
Alles, von Fingerfood bis Pralinen.

Kochen Sie noch selber oder sind Sie „nur“ Manager?
Ich soll eigentlich nur am Rand stehen und alles zusammenhalten. Aber manchmal kann ich nicht anders, dann muss ich mitmachen. Dann setze ich auch noch Törtchen zusammen.

Es treten 105 Teams aus 54 Ländern an: Wer sind Ihre größten Konkurrenten?
Die Skandinavier sind richtig gut. Und die Osteuropäer, Tschechen, Russen, die haben unheimlich aufgeholt.

Warum sind Koch-WMs so wichtig?
Für den Berufsstand ist das sehr wichtig. Die Bewerberzahlen sind rückläufig, das will keiner mehr lernen. Es heißt, die Arbeitsbedingungen sind schlecht und die Bezahlung, aber das ist bei Weitem nicht so. Es gibt gute Karrieremöglichkeiten, man kann Küchenchef werden, sich selbstständig machen und vor allem international arbeiten. Das müssen wir stärker hervorheben und wieder für den Beruf werben.

Worauf freuen Sie sich jetzt in Luxemburg?
Ich wünsche mir vor allem, dass wir in der Mannschaft Spaß haben. Zum Kosten bei anderen werden wir leider keine Zeit haben.

Was könnte jetzt noch schief gehen?
Wenn ein Lkw eine Vollbremsung macht und alles durcheinander fliegt, das wäre schlecht. Oder wenn sich jemand beim Livekochen schneidet. Aber dafür haben wir immer jemanden zum Auswechseln auf der Bank.

Das Interview führte Steffi Pyanoe

Ronny Pietzner (40, r.), hier mit Trainer Paul Emde, ist seit 2017 zum zweiten Mal Teamchef von Deutschlands Koch-Nationalmannschaft und nimmt vom 23. bis 29. November mit 26 Köchen an der WM in Luxemburg teil. Pietzner lernte den Beruf in der Hakeburg Kleinmachnow, begann schon als Azubi, an Wettbewerben teilzunehmen und führt heute mehrere erfolgreiche Gastrounternehmen, zum Beispiel Cuisinevent in der Metropolishalle. Er engagiert sich zudem für Jugendliche und das Thema Ausbildung.

Steffi Pyanoe

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