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Potsdamer Stadtwerke-Fest: Wärme von innen

Am Wochenende feierten Zehntausende Potsdamer und Gäste beim Stadtwerkefest im Lustgarten – trotz teilweise widriger Wetterbedingungen. Höhepunkt war am Samstagabend der Auftritt von Rockröhre Bonnie Tyler

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Sie ist der Star des Abends. Die ungekrönte Ballkönigin, wegen der sich das lange Warten und das Waten durch den Schlamm gelohnt hatte: Bonnie Tylers Auftritt beim Stadtwerkefest wärmt von innen gegen die unwirtlichen Temperaturen. Plötzlich ist alles gut, die Siebziger, die Achtziger zurück, als die Rockmutter der Briten und auch Mutti noch jung waren. „Ich hab ihre Karriere immer verfolgt, sie hat einfach alles, Körper, Geist und Seele“, fasst es ein Besucher stilvoll zusammen. Es ging auch einfacher, wenn man schon ein paar alkoholische Getränke konsumiert hatte: „Ist ne geile Frau“, sagt ein anderer, und gern würde er mal wissen, wie alt sie wirklich ist.

Die 62-jährige Waliserin lässt Samstagnacht auf der Bühne im Lustgarten nichts anbrennen, ihre Herzensschnulzen von damals kommen immer noch gut an. „Das ist die Zeit meiner Jugend, und ich finde, sie hat in all der Zeit nicht verloren“, sagt eine Besucherin aus Berlin. Bonnie Tyler könne einfach alles, Rock, Soul, Country.

Charmant und witzig ist sie außerdem, eine richtige Plaudertasche. „Simply the best“, diesen Song hätte sie zwei Jahre vor Tina Turner rausgebracht, doch leider habe die Kollegin damit einen Riesenhit gelandet. „Na ja“, sagt Tyler und lacht: „Ihr kriegt jetzt meine Version zu hören.“ Ein bisschen muss man sich dennoch um die Stimme sorgen, auch wenn das bei Bonnie Tyler Imagepflege ist. Doch nach einem Hüsteln sagt sie selbst: „Ich werde eben alt“, und manchmal gewinnt sie eine Minute, indem sie das Mikro ins Publikum hält, um sich gleich wieder in gewohnter Form zurückzumelden. Zu den alten Liedern „It’s a Heartache“, „Total Eclipse of the Heart“ und „Lost in France“ tanzen Mütter mit ihren Töchtern, aber auch ganze Junggesellenabschiede. Gleich 14 Mann sind mit Kleinbussen aus Luckenwalde gekommen. Da gibt es zwar auch ein Stadtfest, aber das kostet Eintritt, sagt einer. Er findet es super, dass hier in Potsdam alles kostenlos ist.

Auf dem Gelände des Lustgartens zählten die Veranstalter zum Klassikkonzert Freitagabend mit dem Filmorchester Babelsberg 10 000 Besucher. Am Samstag waren es 25 000 – trotz widriger Wetterbedingungen. Nach dem Regenguss hatte sich der Rasen in eine Matschwiese verwandelt, die Wege waren schlammig, Wind und frische Temperaturen ließen die Besucher frösteln. Viele versuchten offensichtlich, sich mit Alkohol aufzuwärmen, DRK-Trupps mussten einige Gäste aus dem Verkehr ziehen. Laut Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz erteilten die Veranstalter sogar 38 Platzverweise. Das Fest wertete er trotzdem als Erfolg: „Wir freuen uns über Treue des Publikums auch bei solchem Wetter“, sagt er. Für die entstandenen Schäden am Rasen werden die Stadtwerke aufkommen.

Die Nachwuchs-Popband Glasperlenspiel hatte noch trockenen Fußes den Samstagnachmittag eröffnet, anschließend animierten die Altrocker Karat, seit 2005 mit Claudius Dreilich als Frontmann, im Regen ihr Publikum zu Höchstleistungen. Mit Rick Astley begann das internationale Abendprogramm, der Brite holte die 80er und 90er aus der Mottenkiste – Pop in Reinkultur. Die Überbrückung zwischen den Konzertblöcken übernahm traditionell Moderatorin Ulrike Finck: mit gutgemeinter Animation, Laola-Wellen und Stadtteil-Raten, was aber einen angenehmen Nachhall der Stimme beispielweise von Bonnie Tyler unmöglich machte. Es ist eben ein Familienfest, ein bisschen Spaß soll sein. Den gab es vor allem am Sonntag, mit Bühnenprogramm, Spieleparcours und Wasserexperimenten und einer Piratenstuntshow.

Zuvor war die Samstagnacht mit Rock und Pop von der königlichen Insel mit einem Konzert von Mike and the Mechanics zu Ende gegangen. „Mike Rutherford – den werden hier die wenigsten kennen“, hatte ein Zuschauer gewettet. Und hatte recht. „Irgendwas mit Genesis“, fiel manchem immerhin ein. Der Ex-Genesis-Gitarrist und Bassist gründete seine eigene Band 1984. Das Genesis-Erbe hängt ihm bis heute an, auch weil seine Sänger stets irgendwie an Phil Collins und Peter Gabriel erinnerten. Seit 2009 sind sie mit zwei neuen Sängern unterwegs, Andrew Roachford und Tim Howar. Das verleiht den Mechanikern eigenen Charakter, jünger, flippiger, mit einer Portion R&B. Aber hören wollten die Leute doch die alten Songs: „All I need is a Miracle“ , „Looking back over my shoulder“ und Genesis-Erbe „I can't Dance“.

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