zum Hauptinhalt

Potsdamer Stadtleben: Morgens um 6 Uhr in der Schlange

Die Friseurkette „Cut+Care“ feiert ihr 60-jähriges Jubiläum. Einblick in ein Metier im Wandel.

Von Birte Förster

Potsdam - An die Anfänge zu DDR-Zeiten kann sich Marion Fuchs noch gut erinnern. Die Friseurin arbeitet seit mehr als 40 Jahren in dem Potsdamer Friseurgeschäft „Cut+Care“. Sie hat miterlebt, wie der Betrieb stetig gewachsen ist und wie sich der Beruf nach der Wende veränderte. Inzwischen hat „Cut+Care“ in Potsdam zehn Filialen und wird 60 Jahre alt. 1958 wurde das Geschäft in Potsdam mit 18 Mitarbeitern gegründet. Am gestrigen Dienstag feierten Mitarbeiter und Geschäftsführer den runden Geburtstag.

Die Arbeitsbedingungen seien heute besser, sagte Fuchs. „Damals haben wir wie am Fließband gearbeitet“, so die 66-Jährige. Wenn der Laden um 6 Uhr öffnete, standen die Kunden schon in der Schlange. Friseurtermine waren heiß begehrt. Um einen zu ergattern, legten sich die Kunden ordentlich ins Zeug. Sie brachten ihnen Kaffee mit, erinnert sich die Friseurin. Verglichen mit heute sei damals vor allem die Materialknappheit ein großes Problem gewesen, so Fuchs. Es habe an schönen Farben zum Haarefärben gemangelt. Eine Blondierung sei zumeist gelb gewesen. Da die Filialen über keine Waschmaschine verfügten, seien Kunden gebeten worden, ein Handtuch mitzubringen.

Heute sind solche Zeiten längst vergessen. „Für uns war die Wende toll“, sagte Fuchs. Heute haben sie mit diversen Farben und Materialien viel mehr Möglichkeiten in dem Beruf. Obwohl die Friseurin bereits in Rente ist, arbeitet sie noch zwei Tage die Woche in der Filiale in der Breiten Straße. „Das war immer mein Traumberuf“, betonte sie.

Dass es vielen jungen Schulabgängern an einer ähnlichen Leidenschaft für den Beruf mangelt, ist wohl heute eines der größten Probleme für den Friseurbetrieb. Seit mehreren Jahren leidet das Handwerk an Nachwuchsmangel, berichtete Geschäftsführer Ingo Thalmann am Dienstag. In der Friseurgenossenschaft mit den insgesamt 84 Mitarbeitern sei daher derzeit nicht an Expansion in andere Städte zu denken.

Auch für dieses Jahr gebe es in dem Betrieb noch freie Lehrstellen. Dass es an Bewerbern mangelt, hängt laut Thalmann vor allem mit dem schlechten Ruf des Handwerksberufs zusammen. In der Mindestlohndebatte und beim Thema schlechte Bezahlung sei der Friseurberuf immer als Beispiel genannt worden, so der Geschäftsführer. Das würden sie nun zu spüren bekommen. Dabei haben sich die Bedingungen laut Thalmann längst geändert. Die Bezahlung habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Sonst sei es schwierig, seine Mitarbeiter zu halten. Um auch die Abbrecherquote möglichst gering zu halten, versucht der Betrieb, den Auszubildenden früh verantwortungsvollere Aufgaben anzuvertrauen. „Wir versuchen, die Lehrlinge sehr schnell an eigene Modelle heranzuführen“, sagte Thalmann. Das sei nicht in allen Friseurbetrieben der Fall. Dennoch gehörten Aufgaben wie Handtücher sortieren noch dazu. Viele langjährige Mitarbeiter, die dem Betrieb lange die Treue hielten, würden vor allem den Kontakt zu den Kunden schätzen, dass man Menschen aus unterschiedlichen Bereichen kennenlerne. „Es ist ein spannender Beruf“, sagte der Friseurmeister. Wenn Friseure manche Kunden über 20 oder 30 Jahre lang betreuen, seien auch schon Freundschaften entstanden. (mit rgz)

Zur Startseite