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Wasser marsch. Der Stadtkanal wurde im Mittelalter zur Entwässerung angelegt und unter König Friedrich Wilhelm I. ab 1722 ausgebaut. Von 1962 bis 1965 wurde er zugeschüttet. An der Havelmündung (Foto) und an der Yorckstraße wurden Teile rekonstruiert.

© A. Klaer

Potsdamer Stadtkanal: Sprudelnde Ideen

Ein neuer Verein will sich der ins Stocken geratenen Wiedergewinnung des Potsdamer Stadtkanals annehmen und Spenden sammeln. Die Stadt und das Land Brandenburg reagieren zurückhaltend.

Potsdam - Es sprudelt. Alle paar Stunden wird Wasser in den Stadtkanal gepumpt. Sonst würden die Fische in dem gut 50 Meter langen Abschnitt von der Havel bis zum früheren Standort der Kellertorbrücke wohl wegen Sauerstoffmangels mit dem Bauch nach oben schwimmen. Vom Gestank des stehenden Wassers ganz zu schweigen. Doch die Umwälzpumpe sorgt für genug Bewegung, um das zu verhindern.

Der Sprudler soll jedoch möglichst bald umziehen – zumindest wenn es nach dem Willen eines neuen Vereins geht. Der Bauverein Potsdamer Stadtkanal 1722 e.V. möchte nämlich das ins Stocken geratene Projekt wieder in Schwung bringen. Hinter dem neuen Verein stehen bekannte Namen aus der Debatte um die Potsdamer Innenstadt, zum Beispiel der Potsdamer Projektentwickler und Historiker Willo Göpel und der Rechtsanwalt Clemens Appel, einst Chef der brandenburgischen Staatskanzlei. Auch Barbara Kuster von der Bürgerinitiative Mitteschön und Joachim Kuke vom Stadtschlossverein sind dabei.

Der Stadkanal - "Ein Projekt für Generationen"

Nach dem Plan des neuen Bauvereins soll der Stadtkanal Schritt für Schritt wiederhergestellt werden. „Das ist ein Projekt für Generationen“, sagt Göpel. Aber man müsse auch mal anfangen. Losgehen soll es seiner Meinung nach dort, wo jetzt schon Wasser im Stadtkanal ist – nämlich an der früheren Kellertorbrücke. Der Rest könne später drankommen. Gleich nebenan baut Göpel gerade selbst die historische Kellertorwache wieder auf. Vom Sprudler bis zur Berliner Straße sind es etwa 180 Meter. „Das kann man in ein paar Jahren schaffen“, so Göpel. Die Kellertorbrücke selbst soll als holländische Holzklappbrücke aufgebaut werden. Der Aufwand sei überschaubar, weil keine Leitungen oder Tramgleise verlegt werden müssten. Das Bett des Kanals müsste zwischen den bestehenden Ufermauern wieder freigelegt werden. Ein paar Unwägbarkeiten gebe es natürlich, weil niemand wisse, was sich in dem zugeschütteten Kanalbett befindet. „Vielleicht findet man da auch einen sowjetischen Panzer.“ Insgesamt rechnet der Bauverein mit Kosten zwischen 2,6 und drei Millionen Euro, hochgerechnet aus den Erfahrungen beim Bau der ersten 50 Meter von der Kellertorbrücke bis zur Havelmündung.

Bezahlt werden soll das Ganze überwiegend aus Mitteln der Städtebauförderung des Landes. Allerdings müsste Potsdam dabei einen Eigenanteil von 20 Prozent tragen. Dabei will der Bauverein mit einer Spendensammlung helfen. „Wir richten uns zunächst an die Grundstücksbesitzer im Umfeld“, so Göpel. Sie würden von der attraktiven Wasserlage mit einem Wertzuwachs ihrer Grundstücke profitieren. Zudem würde der Kanal den Grundwasserspiegel senken und vor feuchten Kellern schützen. 200 000 bis 300 000 Euro müsste man zur Unterstützung der Stadt sammeln, schätzt der Verein.

Langfristiges Ziel der Stadtverordneten

Bei der Stadtverwaltung reagiert man indes abwartend. Der neue Vorstoß könne nicht bewertet werden, weil noch keine konkreten Unterlagen vorliegen, heißt es auf Nachfrage. Die Wiederherstellung des Stadtkanals sei als langfristiges Ziel von den Stadtverordneten beschlossen. Zwar seien auch die bisherigen Abschnitte des Stadtkanals an der Yorckstraße und der Kanalmündung unter Verwendung von Städtebaufördermitteln freigelegt worden, aber der Kanal sei auf der Prioritätenliste der Stadt zurückgestellt worden. Angesichts anderer Maßnahmen der städtebaulichen Erneuerung wie des Verwaltungscampus, der Sanierung der Heidesiedlung, des Umbaus der Gartenstadt Drewitz und der Potsdamer Mitte seien in der mittelfristigen Finanzplanung für die Sanierungsmaßnahme Stadtkanal keine Mittel geplant, so ein Rathaussprecher.

Auch beim Land, das den Hauptteil der Finanzierung übernehmen müsste, fällt die Reaktion zurückhaltend aus: Der Stadtkanal gehöre zu einem nicht mit dem Land abgestimmten Fördergebiet in Potsdam. Das aber wäre die Voraussetzung für eine Unterstützung im Rahmen der Städtebauförderung, heißt es aus dem Ministerium für Infrastruktur. „Bislang ist weder die Stadt, die für die kommunale Planung zuständig ist, noch der Bauverein an uns herangetreten“, so Sprecher Steffen Streu.

Kanal wäre Luxus, aber toll für die Stadt 

Spenden für den Stadtkanal? Diese Idee ist ohnehin nicht neu. Bereits seit 1999 existiert der Förderverein für die Wiederherstellung des Stadtkanals. Dort ist man etwas irritiert, handelt es sich bei den Mitgliedern des neuen Bauvereins doch teilweise um Potsdamer, die bisher dem Förderverein angehörten. Dessen Vereinsvorsitzender Siegfried Benn hatte 2014 mit dem Plan für Aufsehen gesorgt, den Stadtkanal komplett mit einer riesigen unterirdischen Einkaufspassage für 265 Millionen Euro zu unterkellern. Schließlich platzte das überdimensionierte Projekt, nachdem die angeblichen Investoren nicht in Erscheinung traten. Nun will sich der verbliebene Förderverein – Benn spricht von etwa 40 Mitgliedern – erst mal intern beraten. Ganz verschließen will er sich einer Zusammenarbeit mit dem neuen Bauverein nicht. „Vielleicht können wir etwas zusammen machen“, so Benn. Der Kanal wäre zwar Luxus, aber toll für die Stadt.

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Mit dem Wiederaufbau des Stadtkanals sollte man einfach mal beginnen, auch wenn es in Potsdam wichtigere Vorhaben gibt. Ein Kommentar >>

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