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Sanierung, Abriss – oder etwas ganz anderes? Potsdams Bürger sollen darüber befragt werden, wo sie ihr neues Schwimmbad haben wollen. Der Oberbürgermeister will sich nach dem Votum richten.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Potsdamer sollen über Bad entscheiden

Oberbürgermeister Jakobs kündigt Bürgerbefragung für kommenden März an / Linke sieht sich bestätigt

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Innenstadt / Bornstedter Feld - Nach jahrelangem Hickhack wird über Standort und Ausstattung eines neuen Potsdamer Schwimmbads basisdemokratisch entschieden: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat sich mit den Stadtfraktionschefs am Montagabend darauf verständigt, die Potsdamer entscheiden zu lassen. Das Verfahren solle nun mit „breiter Bürgerbeteiligung“ ablaufen, sagte Rathaussprecher Stefan Schulz.

Bislang gibt es drei mögliche Varianten: Erstens der Neubau eines Sportbades mit Freizeit- und Wellnesselementen an der Biosphäre im Bornstedter Feld. Diese Variante haben die Stadtverordneten bereits beschlossen, müssten ihr Votum aber aufheben, wenn die Bürger eine andere Entscheidung treffen. Die zweite Option wäre eine Sanierung der aus DDR-Zeiten stammenden Schwimmhalle am Brauhausberg. Die dritte Lösung wäre ein Kompromiss – eine dann wohl einfachere Sanierung der Brauhausberg-Halle und dazu der Neubau eines kleinen Kiezbades im Bornstedter Feld. Ob die Potsdamer nur aus diesen Varianten wählen dürfen, soll ein öffentlicher Workshop klären, der am 13. und 14. Januar stattfindet. „Das Verfahren ist ergebnisoffen – es können auch andere Vorschläge gemacht werden“, so Schulz. In drei Arbeitssitzungen sollen die Vorschläge präzisiert werden, bevor dem Hauptausschuss Ende Februar ein Vorschlag für die Bürgerbefragung unterbreitet wird. Eine Bestätigung durch die Stadtverordneten vorausgesetzt, könnte die Befragung im März stattfinden. Rechtlich sei ein Bürgervotum zwar nicht bindend, „aber wir werden das Ergebnis umsetzen, egal wie es ausfällt“, so Schulz. Im Mai sollen die Stadtverordneten den Bürgerentscheid bestätigen. 200 000 Euro soll das Verfahren kosten, hieß es.

Eigentlich sollten sich die Stadtverordneten im Januar für eine der drei derzeit möglichen Optionen entscheiden. Dem Oberbürgermeister sei jedoch klar geworden, „dass wir an dieser Stelle um eine Bürgerbefragung nicht herumkommen“, sagte Schulz. Die Meinung der Potsdamer einzuholen sei „für die Akzeptanz der Badentscheidung nötig“. Es ist bereits das zweite Plebiszit: 2007 hatten die Potsdamer über den Standort des Landtagsneubaus abstimmen dürfen.

Die Kritik an einem Neubau im Bornstedter Feld war zuletzt immer massiver geworden. Die Stadtwerke als Bauherr hatten mit 18 Millionen Euro Baukosten kalkuliert. Doch in der Ausschreibung sah sich keiner der Bieter in der Lage, diesen Kostenrahmen einzuhalten. Nach PNN- Informationen sollen die Angebote zuletzt zwischen 25 und knapp 30 Millionen Euro gelegen haben. Einen Teil der Baukosten wollten die Stadtwerke mit dem Verkauf ihrer Brauhausberg-Grundstücke refinanzieren – zwölf Millionen Euro versprach man sich als Erlös. Doch die ließen sich wohl nur erzielen, wenn der Brauhausberg in den Dimensionen bebaut werden darf, die der Masterplan des Architekturbüros Krier & Kohl Architekten vorsieht. Das allerdings scheint politisch inzwischen mehr als fraglich. Gegen die geplanten Baumassen war nicht nur die Bürgerinitiative Pro Brauhausberg Sturm gelaufen. Auch die Initiative Mitteschön und Teile der Stadtpolitik lehnen es ab, den Berg komplett zuzubauen. Bliebe die DDR-Schwimmhalle stehen und würde saniert, womöglich gar erweitert, wären die Erlösvorstellungen der Stadtwerke ohnehin Makulatur. Noch unklar ist, was eine Sanierung der Brauhausberg-Halle kostet. Im Rathaus liegen dazu zwei Gutachten vor. Nach einer Expertise schlüge die Sanierung mit 9,4 Millionen Euro zu Buche, ein anderes Gutachten errechnet Kosten von 14,5 Millionen Euro.

Mit Genugtuung reagierte Linke- Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg auf die neue Marschroute. „Wir haben für so eine Befragung schon sehr lange gekämpft.“ In der Tat hatte Jakobs noch vor einem Jahr eine Umfrage abgelehnt. „Das alles hätte er schon viel früher haben können“, kritisierte Scharfenberg. Die Linke wolle die Brauhausberg-Halle erhalten – und sei für die Prüfung, ob ein Kiezbad am Bornsteder Feld dazu noch möglich sei.

Als „vernünftig“ bezeichnete SPD-Chef Mike Schubert das Umfrage-Vorhaben. Wichtig sei, über das Bad anhand „solider Zahlen“ zu entscheiden – dafür hätten sich die Sozialdemokraten stets eingesetzt. Klaus Rietz (CDU/ANW) sprach von einem „soliden Verfahren“ angesichts der weitreichenden Entscheidung. Die CDU favorisiert den Neubau an der Biosphäre.

Skeptisch reagierte Thomas Hintze von der Pro-Brauhausberg-Initiative. Es gebe bereits eindeutige Voten für den Erhalt der Schwimmhalle am Brauhausberg – etwa beim aktuellen Bürgerhaushaltsverfahren. „Man hat den Eindruck, die Bürger sollen so lange befragt werden, bis aus Sicht der Stadt das Ergebnis stimmt.“ Er plädierte für eine gesamtstädtische Einwohnerversammlung, um in der Badfrage etwa auch die Interessen von Jugendlichen zu berücksichtigen. Hintze sagte weiter, er sei für eine Zwei-Bäder-Lösung, also auch für ein Kiezbad am Bornstedter Feld. Zuletzt hatten auf Betreiben des neu gegründeten Bürgerforums Nord mehr als 1500 Bürger für einen Bad-Neubau an der Biosphäre unterschrieben.

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