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Ulrike Kegler hat die erste Potsdamer Montessori-Schule aufgebaut.

© Katharina Wiechers

Potsdamer Schuldirektorin veröffentlicht Buch: Beziehung statt Noten

Ulrike Kegler hat die erste Potsdamer Montessori-Schule aufgebaut. Am Ende ihrer Dienstzeit hat die Direktorin nun ein Buch veröffentlicht. Es ist eine Art Leitfaden für Pioniere.

Man könnte es als eine Art Vermächtnis interpretieren. Kurz bevor sie geht, will sie noch schriftlich hinterlassen, wie sie es geschafft hat, wie sie funktionieren kann, die „gute Schule“. Im Januar verabschiedet sich Ulrike Kegler, eine der bekanntesten Potsdamer Schulleiterinnen, in den Ruhestand. Vor 25 Jahren hat sie mit dem Aufbau der ersten Montessori-Schule Potsdams begonnen, heute ist diese weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Anhand ihrer Geschichte, ihrer Schule, hat Kegler nun quasi einen Leitfaden für das Aufbrechen alter Schulstrukturen verfasst. „Lob den Lehrer*innen“ heißt das Buch. Am Montag wurde es vorgestellt – natürlich in Keglers Montessori-Schule in Potsdam-West.

Dabei ging es auch um ihre Anfänge in Potsdam kurz nach der Wende. Jahrelang sei sie die einzige mit West-Biographie gewesen, erzählt sie, „und das war auch Thema.“ Und natürlich habe sie auch mit festgefahrenen Mustern zu kämpfen gehabt, gleichzeitig aber auch ein Kollegium vorgefunden, das nicht „west-verwöhnt“ war – wie an ihrer alten Schule in West-Berlin. „Dass wir in den Sommerferien eine Vorbereitungswoche gemacht haben, war hier selbstverständlich. In Zehlendorf wurde der Schulrat fast aufgeknöpft, als er das einführen wollte“, erinnert sich Kegler.

"Ich würde neun statt zwölf Wochen Ferien einführen"

Überhaupt ärgert sie sich – auch heute noch – über die Arbeitsmoral mancher Lehrer, beziehungsweise das Image des Berufes. 30 bis 50 Prozent würden sich für den Beruf entscheiden, weil sie zwölf Wochen Ferien, Halbtagsarbeit und Verbeamtung attraktiv fänden, zitiert Kegler eine Studie und wird regelrecht wütend. „Ich würde sofort neun statt zwölf Wochen Ferien einführen und drei Wochen verbindliche gemeinsame Arbeit verordnen“, sagt sie. 

Vorschläge, was in diesen drei Wochen passieren könnte, hat sie zuhauf. Mit ihren Kollegen sei sie am Anfang zum Beispiel viel gereist, sagt Kegler. Auch Theater- oder Tanzworkshops gab es, die zu regelrechten Erweckungserlebnissen führten. „Es war unglaublich zu sehen, was in allen drinsteckt“, so die Direktorin. 

Im Zweifel mit einer Klassenarbeit drohen - der falsche Weg, findet sie

Theater, Tanz, Musik, Handwerken – auch im Schulalltag spielen diese Dinge eine wichtige Rolle, nicht zuletzt weil Lehrer dabei selbst zu Lernenden werden. Sie können sich nicht länger hinter ihrer fachlichen Kompetenz verschanzen und im Zweifel mit einer Klassenarbeit drohen, so Keglers Kalkül. Sie glaubt auch, dass der aktuelle Lehrermangel eine Chance sein kann – und das macht ihr Buch nicht nur zum Leitfaden für pädagogische Pioniere, sondern auch zum Kommentar einer hochaktuellen Entwicklung. Die derzeit stark zunehmende Zahl von Quereinsteigern können die Schulen bereichern, ist sie überzeugt. Bestes Beispiel sei ihre Schule: hier werde gezeigt, wie Erwachsene interdisziplinär und mit unterschiedlicher Expertise zusammenarbeiten können.

Fundamentaler Wendepunkt sei übrigens die Abschaffung der Zensuren gewesen, fügt Kegler noch an. Das habe dazu geführt, dass die Lehrer sich tatsächlich mit den Schülern beschäftigten und eine Beziehung entstehen konnte. Anfangs gab es viele Zweifel, vor allem bei den Eltern, doch heute ist es anders. „Mittlerweile hat es sich herumgesprochen dass unsre Schüler trotzdem Abitur machen und hier nicht verblöden.“ 


— Ulrike Kegler: Lob den Lehrer*innen. Wer Beziehungen stärkt, macht Schule gut. Ein Weckruf.

256 Seiten, 17,95 Euro. Erschienen im Beltz-Verlag.

Katharina Wiechers

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