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Helene Heldt (l.) und Marina Zarubina (r.) am Umsonstladen der Potsdamer Initiative "Seite an Seite".

© Ottmar Winter

Potsdamer Privatinitiative für Ukraine-Geflüchtete: Seite an Seite helfen

Freiwillige aus Potsdam und der Ukraine betreiben einen Umsonstladen für Geflüchtete. Mit einem Fest auf dem Luisenplatz wollen sie Spenden sammeln.

Potsdam - Ukrainischer Kuchen und Spezialitäten, Grillgut, ein Bastelstand für ukrainisch inspirierte Andenken und die Möglichkeit, mit Geflüchteten aus der Ukraine über ihre Geschichten ins Gespräch zu kommen: Am heutigen Freitagnachmittag lädt die Privatinitiative „Seite an Seite“, bei der Ehrenamtliche aus Potsdam und der Ukraine gemeinsam einen Umsonstladen für Geflüchtete betreiben, zum Soli-Fest auf den Luisenplatz ein. Damit soll auch die nachlassende Spendenbereitschaft wieder angekurbelt werden, wie Helene Heldt, eine der Initiatorinnen, den PNN am Donnerstag sagte.

Hilfe zur Selbsthilfe: gut 20 Ehrenamtliche sind regelmäßig dabei

Das Besondere an der Initiative ist das Zusammenspiel von deutschen Freiwilligen und ukrainischen Schutzsuchenden, die helfen, erklärt Helene Heldt. „Ein Stück Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt die 38-Jährige, die als Militärhistorikerin am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBW) arbeitet. So helfen die deutschen Ehrenamtlichen unter anderem mit Behördenpapieren, die ukrainischen Freiwilligen wiederum wissen genau, was drängende Probleme sind.

Der Umsonstladen verteilt Spenden. Nicht nur Kleidung ist gefragt, sondern auch Küchengerät.
Der Umsonstladen verteilt Spenden. Nicht nur Kleidung ist gefragt, sondern auch Küchengerät.

© Ottmar Winter

Entstanden ist die Initiative in den turbulenten ersten Tagen nach Kriegsbeginn. „Ich bin da reingerutscht“, sagt Helene Heldt. Über den Nachrichtendienst Telegram habe sie damals von den Nöten der nach Potsdam gelangten ersten Flüchtlinge erfahren – und davon, dass russischsprachige Freiwillige gesucht werden. Das konnte sie sich vorstellen: Heldt ist in Kasachstan geboren und hat wolgadeutsche Wurzeln, kam zwar schon als Kind nach Deutschland, hat aber die russische Sprache weiter gepflegt. Bei der Hilfe in der ersten Notunterkunft habe sich schnell herausgestellt, dass die Geflüchteten vor allem dringend Kleidung bräuchten, erinnert sie sich. Die konnte über die christliche Arche Potsdam beschafft werden – Heldt half bei der Organisation der Ausgabe, „militärisch gut“, sagt sie und lacht.

Geöffnet an zwei Tagen

Wegen ihres Organisationstalents kam sie dann mit der Anerkannten Schulgesellschaft mbH (ASG) zusammen, die die Halle an der Wetzlarer Straße 38 kostenfrei zur Verfügung stellt. Zunächst wurde dort mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) ein Sammellager für Spenden eingerichtet. Mittlerweile ist die Awo umgezogen und „Seite an Seite“ betreibt dort nun den Umsonstladen mit Hygieneartikel-Ausgabe und Kleidung für Männer, Frauen und Kinder, sortiert nach Größen.

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An den Öffnungstagen – ab der kommenden Woche sind das Mittwoch von 14 bis 18 Uhr sowie Samstag von 10 bis 14 Uhr – können Geflüchtete dort „einkaufen“ und Potsdamer:innen Spenden abgeben. Ehrenamtliche Unterstützung bekommt der Umsonstladen von über die Awo vermittelten Freiwilligen.

Neben Kleidung ist momentan auch Küchengerät gefragt

Die Nachfrage habe sich bereits verändert, berichtet Helene Heldt: „Am Anfang sind wir überrannt worden.“ Kamen damals bis zu 180 Menschen pro Tag, sodass der Zugang beschränkt werden musste, habe es sich mittlerweile bei 100 bis 120 Menschen pro Tag eingependelt. Frauen- und Männerkleidung sei weiterhin gefragt, mittlerweile stünden aber auch Dinge zur Ersteinrichtung einer Wohnung im Vordergrund: „Toaster, Kaffeemaschine, Wasserkocher, Tassen, Besteck, Bettdecken“, zählt Heldt auf. Denn viele Schutzsuchende hätten Unterkünfte mit eigener Küche oder eine Wohnung bekommen.

Zwar sei eine der ukrainischen Helferinnen zwischenzeitlich in ihre Heimatstadt Kiew zurückgekehrt – habe aber zurückkommen müssen, weil ihre Wohnung nicht mehr bewohnbar war. Auch sonst bekommen die Mitstreiter:innen von „Seite an Seite“ den Krieg nah mit: Der Ehemann einer der Helferinnen kämpfe an der Front, berichtet Helene Heldt. Aus Sicherheitsgründen melde er sich nur einmal am Tag über das Smartphone. Er sei auch schon verwundet gewesen – von Potsdam aus sei dann neue Ausrüstung für ihn nach Saporischschja geschickt worden.

Vernetzt auch mit ukrainischen Organisationen

Die Privatinitiative mit rund 20 regelmäßigen Freiwilligen ist auch anderweitig gut vernetzt, etwa mit der ukrainischen Nichtregierungsorganisation „Herz von Bukowina“: Sie betreibt Waisenhäuser in der Ukraine und musste wegen des Krieges zwei Häuser in der Ostukraine evakuieren. Für den Neustart im Westen des Landes habe man aus Potsdam Kleidung, Möbel, Spielsachen und Windeln gespendet, berichtet Helene Heldt. Vertreter des Projektes werden auch beim heutigen Soli-Fest auf dem Luisenplatz erwartet.

Von den Erlösen des Festes wolle man Gartentruhen anschaffen, die am Umsonstladen aufgestellt werden sollen, damit die Spendenabgabe flexibler wird. Weil alle Freiwilligen auch berufstätig seien, könne man den Laden zwar nicht jeden Tag öffnen, aber dennoch sicherstellen, dass eine solche Spendenkiste einmal am Tag geleert wird, erklärt Heldt.

Soli-Fest der Initiative „Seite an Seite“ für die Ukraine am heutigen Freitag (8. Juli) von 12 bis 17 Uhr auf dem Luisenplatz

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