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Landeshauptstadt: Potsdamer Personalkarussell

Die Liberalen verlieren im Streit um Wolfhard Kirsch ihren Stadtverordneten, die SPD warb um Manfred Stolpe und die Grünen haben eine neue Führung

Die FDP ist plötzlich aus der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung verschwunden – und das ausgerechnet wenige Monate vor der Kommunalwahl im September: Nach 36 Jahren Mitgliedschaft bei den Liberalen hat der Stadtverordnete Gerhard Arndt gestern seinen Austritt aus Partei erklärt. Er war der einzige Vertreter der Liberalen im Stadtparlament. Arndt reagierte damit auf die Forderung des FDP-Kreisvorstandes, er solle aus der bisherigen Fraktion Bürgerbündnis/FDP austreten. Als Grund dafür nannte die Potsdamer FDP-Spitze den Wechsel des Stadtverordneten Wolfhard Kirsch von der SPD-Fraktion in die Fraktion Bürgerbündnis/FDP. Kirsch gab vor einer Woche gleichsam seine SPD-Mitgliedschaft auf (PNN berichteten). Pikant erscheint vor diesem Hintergrund die von Kirsch gestern bestätigte Tatsache, dass er selbst einmal Mitglied der Potsdamer FDP war.

Mit dem Parteiaustritt von Arndt und dem Rückzug der FDP aus der gemeinsamen Fraktion mit dem Bürgerbündnis wird erneut deutlich, wie umstritten die politische Person Wolfhard Kirsch ist. Potsdams FDP-Chef Marcel Yon erklärte gestern, Kirsch sei von der FDP in die SPD gewechselt, „weil, wer in Potsdam Geschäfte machen will, muss SPD-Mitglied sein. Dieses Politvagabundentum tragen wir nicht mit“, so Yon. Das sei eine Frage des politischen Stils. Yon kritisierte weiter, dass seine Partei aus der Presse erfahren habe, dass Kirsch der Fraktion Bürgerbündnis/FDP beigetreten ist. „Das ist eine schwierige Basis für eine Zusammenarbeit.“

Dass Kirsch „ein rotes Tuch ist“, weiß auch Gerhard Arndt. Er habe mit ihm im Ordnungs- und Umweltausschuss aber immer gut zusammengearbeitet. Arndt: „Kirsch hatte das gleiche Abstimmungsverhalten wie ich.“ Weiter erklärte der Ex-Liberale, er bleibe in der Fraktion, die Fraktionschefin Ute Bankwitz zufolge jetzt wieder nur noch Bürgerbündnis heißt. Zunächst will Arndt parteiloses Fraktionsmitglied sein. Ob er dem Bürgerbündnis beitrete, wolle er nicht sofort entscheiden. Seinen Austritt aus der FDP begründete er auch damit, dass er als fraktionsloser Stadtverordneter nicht allein in der letzten Reihe sitzen und auf die Ausschussarbeit verzichten wolle. Bankwitz lud Arndt gestern ein, zur Kommunalwahl für das Bürgerbündnis zu kandidieren. Der FDP-Austritt von Arndt stabilisiere die Fraktion und führe zu einer klareren Außenwirkung, so Bankwitz. Auch deshalb geht das 1993 gegründete Bürgerbündis selbstbewusst in den Kommunalwahlkampf: „Zehn plus X“ sei das Ziel, sagte Bankwitz. Es habe „sehr große Resonanz“ auf ihre Kandidatur-Anfragen gegeben. Eine genaue Position zum Streit um den Uferweg am Griebnitzsee wolle das Bündnis in nächster Zeit öffentlich machen, so Bankwitz. Kirsch ist Anrainer des Griebnitzsees und war für seine Rolle in dem Streit um den öffentlichen Uferweg scharf kritisiert worden. Bankwitz betonte, das Bürgerbündis sei nach wie vor für „öffentliche Uferzonen“. Es sehe sich grundsätzlich als „wertkonservativ und bürgerlich“ und wolle die bürgerliche Mitte in Potsdam erreichen.

In Babelsberg könnte es dabei zu einem Duell der früheren Widersacher in der SPD Wolfhard Kirsch und Mike Schubert kommen. Gerüchten zufolge plant der SPD-Fraktionschef Schubert, in Babelsberg zu kandidieren – dort tritt auch Kirsch an. Schubert wollte dies gestern nicht bestätigen. Er verwies darauf, dass die Kandidatenlisten der SPD erst im April vom Unterbezirksvorstand beschlossen würden. Bis dahin gebe es keine Entscheidungen. Das Duell Schubert - Kirsch wäre brisant: Im Konflikt um Kirschs Rolle im Uferweg-Streit hatte Schubert eine Niederlage eingesteckt, als er versuchte, Kirsch aus der Fraktion auszuschließen. Ebenfalls gescheitert ist nach PNN-Informationen der Versuch, den ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe für eine Kandidatur in Potsdam zu gewinnen. Stolpe habe zwar Verständnis für die Anfrage von SPD-Kommunalpolitikern gehabt, wolle jedoch keine weiteren Verpflichtungen eingehen, hieß es aus seinem Umfeld.

Auch bei den Potsdamer Bündnisgrünen dreht sich das Personalkarussell: Am Donnerstag wurde die Babelsbergerin Eva Benirschke zur neuen Vorsitzenden des Potsdamer Kreisverbandes gewählt. Der bisherige Vorsitzende Jürgen Stelter, der wegen einer Erkrankung auf der Wahlversammlung nicht anwesend war, könne sich noch für den Vorstand bewerben. „Ich werde nicht noch einmal antreten“, erklärte Stelter jedoch gestern den PNN. Er wolle sich künftig mehr seinem Studium widmen. Die 50-jährige gebürtige Hamburgerin Eva Benirschke, die seit 15 Jahren in Babelsberg lebt, kündigte ein verstärktes schulpolitisches Engagement an. Mitglied im Grünen-Vorstand ist jetzt auch Andreas Menzel aus dem Ortsbeirat Groß Glienicke. (Fotos: M.Thomas, A. Klaer (2), S. Michaelski, T. Rückeis, privat)

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