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Zehn Figuren kehren auf das Dach des Schlosses zurück.

© Lutz Hannemann/Grafische Elemente: Andreas Klaer

Potsdamer Mitte: Zehn neue Skulpturen für das Landtagsschloss

Bislang wirkt der Dachschmuck des Parlamentsgebäudes etwas spärlich. Im Herbst wird sich das ändern.

Von Peer Straube

Potsdam -  Liebhaber vor allem der griechischen Sagenwelt werden jetzt mit der Zunge schnalzen: Odysseus und Penelope, Perseus und Andromeda, Minerva, Erato, Urania, Terpsichore, Eurydike und Polyhymnia. Antike Helden, Heldinnen und Musen, überlebensgroß und aus feinstem sächsischen Sandstein gehauen. Sie alle nehmen bald wieder ihren Platz auf der Attika des Landtagsschlosses am Alten Markt ein. Ende September, spätestens Anfang Oktober sollen die Figuren aufgestellt werden, sagte Silke Kiesant, Skulpturenkustodin der Schlösserstiftung, den PNN auf Anfrage. Noch nie seit der Eröffnung des in die alte Knobelsdorff-Fassade gekleideten Parlamentsgebäudes vor sechs Jahren sind so viele Skulpturen auf einmal zurückgekehrt, ihre Anzahl wird sich – klammert man die Trophäen auf dem Fortunaportal einmal aus – mit einem Schlag verdreifachen. 

Das Erscheinungsbild des Landtags mit seinem noch etwas spärlich anmutenden Dachschmuck dürfte damit dem historischen Original künftig erheblich näher kommen. „Das Schloss wird mehr leben“, sagte Kiesant. Die wegen ihrer Größe ohnehin auf die Fernwirkung ausgerichteten Figuren würden in Potsdams Mitte ein „neuer Blickfang“ werden. Mit Blick auf diese Fernwirkung wurden auch die Standorte ausgesucht, die wiederum die Figuren bestimmten, die restauriert oder kopiert werden sollten. Die zehn Figuren werden nämlich auf dem südwestlichen und dem nordöstlichen Kopfbau des Schlosses aufgestellt – und sind damit zum einen aus der Breiten Straße schon von weithin sichtbar, zum anderen vervollständigen sie das barocke Ensemble zum Museum Barberini und den Nachbarpalazzi hin (siehe großes Foto). 

Stiftung erhielt anonyme Großspende 

Möglich wurde diese buchstäbliche Aufstockung des Attikaschmucks wie berichtet durch eine anonyme Großspende, die die Schlösserstiftung vor einigen Jahren zweckgebunden zur Restaurierung von einstigen Schlossfiguren erhalten hat. Die Stiftung ist ohnehin Eigentümerin des Skulpturenschmucks des im Krieg zerstörten und zu Beginn der 1960er-Jahre abgerissenen Stadtschlosses. Mit dem Geld konnte die Schlösserstiftung nicht nur die Restaurierung beziehungsweise Herstellung von Kopien bezahlen, sondern auch eine fundierte wissenschaftliche Recherche finanzieren. Denn von vielen Figuren waren nur noch Fragmente erhalten, manchmal auch überhaupt nichts mehr. In diesen Fällen seien anhand von Fotos zunächst sogenannte Bozzetti angefertigt worden, verkleinerte Modelle der jeweiligen Figur, die anschließend als Vorlage für Tonmodelle in Originalgröße dienten. Anhand dieser wiederum wurden Gipsmodelle erstellt, mit denen schließlich die Bildhauer arbeiteten, um eine möglichst exakte Kopie aus dem Cottaer Sandstein zu schälen. Die im 18. Jahrhundert bis auf eine Ausnahme von Leonhard Storch geschaffenen Originale waren aus Magdeburger Sandstein. Dieser Steinbruch sei aber bereits kurz nach der Fertigstellung des Stadtschlosses aufgegeben worden, erzählte Kiesant. 

Nur Eurydike ist ein Original

Silke Kiesant, Skulpturenkustodin der Schlösserstiftung, betreut das Projekt. 
Silke Kiesant, Skulpturenkustodin der Schlösserstiftung, betreut das Projekt. 

© Andreas Klaer

Die einzige Figur die komplett im Original erhalten ist und nur restauriert werden musste, ist jene der Eurydike, der tragischen Gefährtin des Orpheus. Bei allen anderen neun Skulpturen handelt es sich um Kopien, deren Modelle jedoch anhand der restaurierten und ergänzten Originale angefertigt wurden. Geschaffen wurden sie zum größten Teil von den beiden sächsischen Bildhauern Stefan Zimmermann und Heino Lembcke sowie ihrem Berliner Kollegen Frank Kösler. Zwar erlaubt es die heutige Technik auch, solche Repliken in einer Art 3D-Drucker herzustellen, sagte Kiesant. Doch seien die Nacharbeiten derart aufwendig, dass sich das finanziell nicht lohne. Für die Stiftung wäre das ohnehin nicht infrage gekommen. „Wir wollen die bildhauerische Tradition ja fortführen“, deren Ergebnisse nicht nur in den Welterbeanlagen der Stiftung, sondern auch in der Potsdamer Innenstadt überall sichtbar sind, sagte die Kustodin.

Förderverein bezahlte zwei Skulpturen

Auch der Stadtschloss-Förderverein, der seit Jahren für die Wiederherstellung des Skulpturenschmucks auf dem Dach des Landtags sammelt, ist an der Maßnahme beteiligt. Er hat die Restaurierung der Skulpturen der Eurydike und  der Göttin Minerva bezahlt. Letztere war jahrelang im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte zu sehen und diente nun ebenfalls als Vorlage für eine originalgetreue Kopie. Es sei „toll und einfach sagenhaft“, dass  gleich zehn Figuren auf das Landtagsdach zurückkehren, sagte Vereinsvorstand Hans-Joachim Kuke den PNN. Er hoffe, dass nun vor allem die Lücken sichtbar würden und weitere Spender ermutigten, diese zu schließen. Noch fehlen dann mehr als 30 Figuren auf dem Dach, zudem Trophäen, Adlergruppen und  insgesamt 56 Vasen. Für willige Spender gibt es also noch reichlich zu tun.

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